Comic-Zeichner Sascha Hommer: Lehrer, Mentor und Dozent
Seit 18 Jahren gehört Sascha Hommer zur Leitung des Hamburger Comicfestivals. Nun denkt der passionierte Zeichner und Dozent an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften daran, den Staffelstab an die Jüngeren abzugeben. Ein Porträt.
"In der 5. oder 6. Klasse habe ich immer ein monatliches Heft gezeichnet. Das war per Hand getackert und ich habe es an die Mitschüler und Mitschülerinnen und an die Klassenlehrerin verkauft." Die Begeisterung für Comics setzt für Sascha Hommer früh ein. Als Steppke von etwa fünf Jahren liest ihm sein Vater Asterix und Obelix vor, "und ich glaube, dass ich durch die beiden und die französischen Comics verstanden habe, was Geschichten sind."
Was ihn so an den gallischen Storys gefällt, ist einerseits der Humor, der sich durch die Seiten zieht, aber auch andererseits Dinge, die zum Nachdenken anregen oder einem Kind bedeutsam erscheinen. "Bei Asterix und Obelix ist es ja so," erklärt der Zeichner, "dass immer wieder auf historische Hintergründe eingegangen wird. Und für mich als Kind war das immer besonders reich an Kontexten. So war es für mich ein Füllhorn von Ideen und Abenteuern."
Vom Schwarzwald an die Elbe
Aufgewachsen im Schwarzwald, in der Nähe von Titisee-Neustadt, entwickelt sich bei Sascha Hommer die Leidenschaft für die gezeichneten Erzählungen. Nach den frankobelgischen Comics beeinflussen ihn in den 90er-Jahren immer mehr die nordamerikanischen Zeichner, wie Chris Ware oder Charles Burns, aber auch die japanischen Mangas mit ihren Legenden wie Osamu Tezuka, dem Erfinder von Astro Boy.
Zur gleichen Zeit entwickelt sich in Hamburg eine immer stärker werdende Ausbildungsszene an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) - an ihrer Spitze Anke Feuchtenberger, die selbst Geschichten veröffentlicht, aber auch unterrichtet. Ihre Arbeiten entdeckt er auf dem Luzerner Comic Festival "Fumetto". "Da ich Comic- Zeichner werden wollte, dachte ich, dann gehe ich doch an einen Ort, an dem eine Comic-Zeichnerin Professorin ist." Gesagt, getan.
Vom Studienabbrecher zum Uni-Dozenten
In Hamburg schreibt sich Sascha Hommer an der HAW ein. Er verlegt unter dem Pseudonym Pascal D. Bohr eigene Comics und entwickelt neben dem Studium eine eigene Plattform für Publikationen anderer Studierender mit dem Namen "Orang". Dann kommt das vorzeitige Aus des Studiums an der HAW. "Ich habe das nicht plötzlich abgebrochen, sondern weil ich aus meiner Sicht eigentlich alles erreicht hatte. Ich war mit meinem ersten Buch bei meinem Verlag Reprodukt, ich hatte ein Magazin gegründet, was zu einem internationalen Comic-Magazin über die Jahre geworden war und ich hatte das Comicfestival Hamburg gegründet, mit anderen zusammen. Ich war dort angekommen, wo ich sein wollte."
Bei all der Geschäftigkeit vergisst Hommer, sich für das neue Semester zurückzumelden. Die Folgen sind bekannt. "Heute ärgere ich mich darüber, dass ich das Studium abgebrochen habe", erzählt er grinsend. "Es wäre kein großer Aufwand gewesen, mit einem meiner Projekte einen Abschluss zu machen." Nun ist er wieder an der HAW tätig - dieses Mal als Dozent - und bringt den Studenten das grafische Geschichtenerzählen bei. "In der Regel stelle ich immer ein bestimmtes Thema auf. Dann gibt es für die Studierenden eigentlich relativ viele Freiräume. Im Kurs legen wir uns die Arbeiten gegenseitig vor und diskutieren auch gemeinsam. Es ist nicht so, dass ich vorne stehe und Vorträge halte und alle hören zu, sondern wir diskutieren die künstlerischen Ansätze und entscheiden auch als Kurs - zum gewissen Grade - was Sinn macht und was nicht."
Comic Festival: Ende nach 18 Jahren Festival-Leitung?
Seit 2006 leitet Hommer das Comic Festival Hamburg mit: "Es ist eines meiner liebsten Projekte", sagt er. "Ich freue mich, dass ich nach so langer Zeit Teil des Teams bin - allerdings kommt es mir auch absurd vor." Auch wenn es nun schon 18 Jahren läuft und er den Absprung bisher verpasst hat, schaut der Zeichner und Organisator wehmütig in die Zukunft: "Ich glaube allerdings, dass ich mal langsam Platz machen sollte. Es gibt jetzt schon mehrere jüngere Generationen, die auch mit viel Erfolg und Elan in meine Fußstapfen treten."
Mittlerweile ist Sascha Hommer auch Familienvater. Dort gibt er die Begeisterung an seine kleine Tochter weiter: "Die interessiert sich auch für Comics, zum Beispiel für Superhelden-Comics - aber sie interessiert sich hauptsächlich für Bilderbücher." Und so wird im Hause Hommer eifrig gelesen, geblättert und gelacht, denn der Zeichner bringt schon einen gewissen Geschmack in die Auswahl mit ein.
"Das kalte Herz": Neue Veröffentlichung mit altem Märchen
Aktuelles Projekt ist das gerade frisch erschienene "kalte Herz" nach einem Märchen von Wilhelm Hauff. Mit der Erzählung geht es auch wieder zurück für Hommer in den Schwarzwald - denn dort spielt die Geschichte um den Kohlebrenner Peter Munk, der lieber reich als arm und angesehen als unbeachtet gelten möchte. "Die Neuentdeckung hat mir sehr viel Spaß bereitet. Ich mochte den Tonfall dieser Geschichte und diese ruppige Art, wie mit den Figuren umgegangen wird."
Auch dass die Geschichte zwar bekannt ist, aber teilweise als eher trivial angesehen wird, hat ihn gereizt. "Und dass hat mich eben dazu geführt, zu überlegen, wie kann ich das als Comic übersetzen." Zur Veröffentlichung wird es natürlich auch deutschlandweit Lesungen geben - aber vor allem in seiner alten Heimat, dem Schwarzwald.