von Martina Kothe

Pferde, Rehe oder auch mal ein Hündchen tuschte Franz Marc auf Postkarten, um seinen Freund, Paul Klee, zu erfreuen. Der wiederum versuchte sich in Collagen und feinen Strichen als Antwort. Die meisten Worte tauschten allerdings die Frauen der beiden aus.

Liebe Frau Marc!
für die herrliche Karte vielen Dank. Bitte kommen Sie am Mittwoch um halb 6 Uhr. Ich kann nicht früher. Wenn Sie aber so gegen 5 Uhr mit meinem Mann Thee trinken, so würde es uns sehr freuen! Wir sind froh, daß es Ihrem Mann besser geht. Sie werden in Sindelsdorf im Schnee vergraben sein. Hier liegt tiefer Schnee. Viele Grüße Ihnen und Ihrem Gatten. Was sagen Sie zu dieser Karten-"Industriekonkurrenz“.
Ihre Lily Klee Llily Klee

Die Vorderseite der Karte ist von Paul Klee gestaltet. Als Antwort auf eine Karte mit Katzen von Franz Marc hat er einen stilisierten Stier mit eckigen, zackigen Strichen auf ein Stückchen Papier geworfen, dieses auf die Karte collagiert und dazu geschrieben:

Lieber Herr Marc!
Gestatten Sie die Überreichung eines kleinen Beitrags an Ihre Menagerie mit herzlichem Dank für die Katzen! Klee Paul Klee

Liebevoll gestalteter Postkarten-Band

Die "Karten-Industriekonkurrenz", von der Lily Klee schreibt, drückt aus, welchen Wert diese von Künstlerhand gestalteten Postkarten für ihre Urheber hatten. Es herrschte durchaus Skepsis unter den Künstlerfreunden gegenüber der Bildpostkarte als Massenware. Vor dem Siegeszug des Telefons waren Postkarten der schnellste Weg, sich für Verabredungen und ganz allgemein zu verständigen. Meist war die Karte bereits am nächsten Tag beim Adressaten.

"Die Künstlerkarte war (…) ein Gegenentwurf, eine alternative Form der Postkarte. Sie wurde vor allem von den Malern der 'Brücke', aber auch von einigen anderen Künstlern gepflegt. Die künstlerisch gestaltete Karte, die mit Aquarellen, Collagen oder Zeichnungen jeweils zu einem Einzelstück und Original wurde, war eine der Ausdrucksformen der antimodernistischen Haltung, die die Maler, Literaten und Intellektuellen der Avantgarde vor dem ersten Weltkrieg einnahmen", schreibt Cathrin Klingsöhr-Leroy. Die Kunsthistorikerin leitet das Franz-Marc-Museum in Kochel am See und hat den so sorgfältig wie liebevoll gestalteten Band herausgegeben.

5 Bilder

Eindrücke aus dem Bildband: "Franz Marc - Bunte Grüße an Paul Klee"

Diese Zeitreise bereitet großes Vergnügen

Lieber Klee.
Ich hab gestern Beffie nochmals geschrieben, er hat bis jetzt, seit dem Brief mit ihren Preisen, noch nicht geantwortet, ob u. wieviel er nun geben will. Jetzt haben wir schon zwei Rehe in unserem Gärtchen. Von Berlin sind bessere Nachrichten, sodaß wir wieder ruhiger sind.
Herzl.2mal2 Ihr F.M. Franz Marc

In der Mitte der Karte: eines der für Franz Marc typischen blauen Pferde, das den Kopf über die Schulter zum Betrachter dreht. Im Hintergrund ein rotes Haus, links darüber ein Regenbogen, rechts ein japanischer Stempel, dessen rote Zeichen das Bild mit dem teilweise beschriebenen Rand verbinden. Die Zeilen, die Franz Marc der Zeichnung und dem Freund auf den Weg gibt, sind diese:

Ein Haus, ein Pferd, ein Bogenregen
Das muss so stehn des Reimes wegen. Franz Marc

Geht es in der Korrespondenz meist zwar um Banales, wer sich wo und wann mit wem treffen kann, wen eine leichte Erkrankung plagt, welche Kritik einen geärgert hat und an wen man verkaufen will, so ist es dennoch ein großes Vergnügen, in diesem Buch zu versinken, die für heutige Augen fast unlesbaren Schriften zu entziffern und die so individuell wie mit Freude gestalteten Postkarten anzusehen. Eine Zeitreise an deren Ende man ein Postkarte gestalten und schreiben möchte.

Dieser Artikel wurde ausgedruckt unter der Adresse: https://www.ndr.de/kultur/buch/Bildschoene-Buecher-Franz-Marc-Bunte-Gruesse-an-Paul-Klee,marc162.html