Stand: 29.05.2020 10:55 Uhr

Madame d'Oras Themen: Schönheit, Stars und Schlachthof

von Irene zu Dohna

Die Wiener Fotokünstlerin Dora Kallmus ist den meisten nur unter ihrem Künstlernamen bekannt: Madame d'Ora. Anfang des 20. Jahrhunderts war sie die bekannteste Porträt-Fotografin ihrer Zeit. Mit ihren Bildern gewährte sie Einblicke in die mondäne Welt der Stars und Schönen. Sie fotografierte die Künstler- und Intellektuellenszene ebenso wie die Königsfamilie von Ungarn. Dann der krasse Bildthemenwandel - die Fotografien ihres Spätwerks präsentieren Sozialkritisches, zum Teil Verstörendes.

Der kürzlich erschiene Foto-Band mit dem schlichten Titel "Madame d’Ora" zeigt nun das Leben und Werk einer der bedeutendsten Fotokünstlerinnen Österreichs. Das Buch ist erschienen anlässlich der Ausstellung "Madame d’Ora" in der Neuen Galerie New York, die im Februar eröffnet wurde. Am 9. Oktober 2020 wird sie wiedereröffnet.

"Sie war nicht schön: klein und hässlich immer mit schwarzem Hut, aber so charmant, dass niemand auf die Idee gekommen wäre darüber nachzudenken, dass sie nicht besonders hübsch ausgeschaut hat", sagt Monika Faber, Herausgeberin des Fotobandes, über die legendäre Fotokünstlerin. Ihre Fotos waren dafür meistens umso glamouröser.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgt ein Themenwandel

Schwarz-weiß Porträts in Weichzeichner-Ästhetik bestimmen lange Zeit die Arbeit der Fotokünstlerin. Doch der Zweite Weltkrieg verändert alles, weiß Monika Faber, die auch als Kuratorin am Photoinstitut Bonartes in Wien arbeitet.

Als Jüdin muss Madame d’Ora ihr Pariser Atelier überstürzt verlassen und sich jahrelange verstecken. Nach dem Krieg hat die Künstlerin mit 64 Jahren komplett neu angefangen. Sie fotografiert das zerstörte Wien und Flüchtlingslager. Die Motive ändern sich, ihre Arbeiten werden immer drastischer.

Schlachthoffotos erinnern an das Schicksal der Juden

"Sie denkt schon im Versteck darüber nach, dass sie ihre jüdischen Mitmenschen vergleicht mit Tieren im Schlachthaus, denen überhaupt nichts anderes übrigbleibt als zu warten, bis sie endlich zur Schlachtbank geführt werden. Das ist natürlich ein wichtiger Punkt für jemanden, der gerade selber noch der Verhaftung entgangen ist, aber eine Schwester und viele Freunde im Konzentrationslager verloren hat", erklärt die Herausgeberin.

Auf einem der letzten Bilder des Fotobandes liegt ein abgetrennter Kuhschädel am Boden eines Schlachthauses. Blutspritzer säumen das tote Maul, auf dem Asphalt beginnt das Blut bereits zu trocken. Ein ekliger und faszinierender Anblick zugleich.

Gerade dieser harte Kontrast der Bilderwelt - von den sorglosen Star- und Modefotos bis hin zu den abstoßenden Bildern von Fleischfetzen und gehäuteten Tierkadavern - macht den Fotoband so ungemein spannend - und sehenswert - und ganz bestimmt unvergesslich.

Madame d'Ora

von Monika Faber (Hg.)
Seitenzahl:
232 Seiten
Genre:
Bildband
Zusatzinfo:
Mit Beiträgen von Esther Ruelfs, Lisa Silverman, Magdalena Vukovic - Hardcover (engl.), Leinen mit Schutzumschlag, 23,5 x 28,5 cm, 8 farbige Abbildungen, 200 s/w Abbildungen
Verlag:
Prestel
Bestellnummer:
978-3-7913-5970-0
Preis:
49,00 €

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Neue Bücher | 31.05.2020 | 16:20 Uhr

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Fotografie

Porträt

Bildbände

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Dieser Artikel wurde ausgedruckt unter der Adresse: https://www.ndr.de/kultur/buch/Bildband-Madame-DOra,madamedora128.html
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