von Silke Lahmann-Lammert

"Über afrikanische Mode in den 54 Ländern des Kontinents zu schreiben, ist eine unmögliche Aufgabe": Mit dieser Behauptung beginnt Emmanuelle Courrèges ihr Buch über afrikanische Mode. Natürlich hat die französische Autorin Recht: Ihr Bildband zeigt nur einen Ausschnitt der überbordenden Vielfalt, die Fashion-Designer und -Designerinnen in Marokko, Mali, Kenia und all den anderen Staaten zwischen Mittelmeer und Kap der Guten Hoffnung hervorbringen. Dennoch löst das Buch ein, was sein Titel verspricht: "Atemberaubende Mode aus Afrika".

Spektakulärere Outfits von afrikanischen Designer*innen

Mode aus Afrika? Bei manchen mögen da Erinnerungen an die späten 1990er-Jahre aufblitzen: Damals flanierten die Models bei den großen Fashion-Shows in Kleidern über den Laufsteg, die aussahen, als kämen die Stoffe geradewegs vom Basar in Marrakesch oder Ouagadougou. Entworfen von Couturiers wie Yves St. Laurent oder Paco Rabanne. Afrikanische Namen suchte man unter Designerinnen und Designern des sogenannten "Ethno-Styles" vergeblich.

Um Anerkennung zu bekommen, scheinen sie ihr Afrikanischsein erkennbar beweisen zu müssen, wobei sie von der Modewelt ausgeschlossen werden, falls dieser Beweis vom Westen als "zu ethnisch" empfunden wird. Emmanuelle Courrèges

So beschreibt Emmanuelle Courrèges die Stimmung in den westlichen Modemetropolen vor 25 Jahren. Aber die Zeiten sind längst vorbei, in denen die Kreativen in Bamako, Lagos oder Johannesburg sich in europäische Schranken weisen lassen. In ihrem Buch präsentiert die Autorin afrikanische Fashion-Designerinnen und -Designer, die selbstbewusst aus den kulturellen Quellen des Kontinents schöpfen.

Völlig unbeschwert mischen sie traditionell gewebte, gefärbte und bedruckte Stoffe mit modernen Recycling-Materialien. Afrikanische Gewänder wie den "Boubou" oder "Batakari" kombinieren sie mit Bomberjacken und Hoodies. Manche Outfits wirken so schrill und futuristisch, dass denjenigen, die sich trauen sie zu tragen, ein spektakulärer Auftritt sicher ist.

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Bildband: "Atemberaubende Mode aus Afrika"

Kleider, die Geschichten erzählen

Ganz anders das Tunika-Kleid aus der Kollektion "Modern Hunters" der nigerianisch-ghanaischen Modemacherin Bubu Ogisi. Die Robe aus durchbrochenen Seidenbahnen schimmert in einem Rot, das seinesgleichen sucht. Flügelärmel, ein V-Ausschnitt und eine zarte Linie aus Kaurimuscheln unterhalb der Taille komplettieren die schlichte Eleganz.

Aber das Kleid sieht nicht nur hinreißend aus, es erzählt auch eine Geschichte: Die Modemacherin hat sich bei dem Entwurf von der Aschanti-Königin Yaa Asantewaa inspirieren lassen. Sie soll solche Gewänder getragen haben, als sie 1900 den letzten großen Aufstand gegen die britische Kolonialmacht anführte. Im Buch erklärt Ogisi:

Meine Kollektion, die von der traditionell von Männern getragenen (…) Kleidung inspiriert ist, darf als Zeichen verstanden werden: dass Regeln gebrochen werden können und dass Frauen nicht an Kraft verlieren, wenn sie sich nicht vordergründig weiblich oder sexy kleiden. Bubu Ogisi

Ein Kleid als Zeichen für Selbstbestimmung, Kraft und Kreativität: Emmanuelle Courrèges zeigt in ihrem Bildband, wie eng Mode und afrikanische Selbstermächtigung miteinander verbunden sind. Konsequenterweise bebildert sie ihr Buch ausschließlich mit Modeaufnahmen von afrikanischen Fotografinnen und Fotografen. Ihnen widmet sie auch ein eigenes Kapitel.

"Atemberaubende Mode aus Afrika": Eine visuelle Abenteuerreise

In der Vergangenheit wurden Afrikaner nicht von Afrikanern fotografiert, sondern von anderen. Jetzt haben wir die Macht, das zu ändern. Trevor Stuurman

Das betont der südafrikanische Starfotograf Trevor Stuurman. Auch einflussreiche Künstlerinnen und Künstler, Modebloggerinnen und -blogger stellt Emmanuelle Corrèges vor.

Der aktuelle und gut recherchierte Bildband garantiert eine visuelle Abenteuerreise durch die junge, quirlige und überschäumend kreative Szene des Kontinents. Ein Buch, das hält, was der Titel verspricht: Atemberaubende Mode aus Afrika!

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