Autorin Melanie Raabe über ihren Roman "Der längste Schlaf"
Die Schriftstellerin Melanie Raabe kennt sich aus mit Thrillern. In ihrem neuen Roman "Der längste Schlaf" verbindet sie ihre Fähigkeit, große Spannung aufzubauen mit Elementen des magischen Realismus.
Melanie Raabes Protagonistin ist Schlafforscherin und kennt sich, besser als ihr lieb ist, mit Schlaflosigkeit aus. Dann erbt sie ein Haus in der hessischen Provinz von einem ihr unbekannten Mann. Was hat das zu tun mit den beiden Kindern, die in diesem Ort vermisst werden? Im Gespräch gibt Melanie Raabe Antworten auf diese und noch viel mehr Fragen.
Frau Raabe, "Der längste Schlaf" stellt beim Lesen von der ersten Zeile an die Frage: Glauben Sie an Geister? Wie ist es bei Ihnen?
Melanie Raabe: Ich glaube an literarische Geister. Ich weiß nicht, ob ich im echten Leben an Geister glaube. Ich finde es eine interessante Frage, wer wir sind, was unser Bewusstsein ist und was von uns zurückbleibt, wenn wir gestorben sind. Das ist eine der vielen Fragen, die ich im Roman vielleicht nicht beantworte, aber die ich zumindest stelle.
In dem Roman "Der längste Schlaf" geht es auch um Schlaflosigkeit. Haben Sie eigene Erfahrungen mit einfließen lassen können?
Raabe: Ja, auf jeden Fall. Bei mir gibt es immer sehr lange Phasen, in denen ich schlafe wie ein Stein, wie ein glückliches Baby. Heute hab ich super geschlafen. Ich war gestern sehr früh im Bett und auf keiner Party. Es gibt aber auch Phasen, in denen ich schlecht schlafe. Ich bin jemand, der für gewöhnlich super schnell einschläft, aber nachts zwischen drei und vier wach wird, das ganze Gewicht der Welt auf den Schultern hat, über unlösbare Dinge nachdenkt, ganz lange keinen Schlaf findet und dann für gewöhnlich kurz vorm Weckerklingeln noch mal einschläft, um dann völlig zerstört aufzuwachen. Ich finde interessant, worüber wir uns Gedanken machen, wenn wir nachts schlaflos an die Decke starren. Wir machen uns Gedanken über andere Dinge als tagsüber und das wollte ich auch ein Stück weit abbilden.
Mara Lux, die Protagonistin Ihres Romans, trägt einen sprechenden Namen. Lux heißt auf Lateinisch Licht. Hilft das Licht, um besser schlafen zu können? Wahrscheinlich nicht; da wo zu viel Licht ist, kann auch nicht gut geschlafen werden. Wir brauchen die Dunkelheit. Sie spielen ein wenig mit diesem Namen. Weshalb war Ihnen wichtig, auf diese spielerische Weise darauf hinzuweisen: Denkt mal über das Verhältnis von Licht und Dunkelheit nach?
Raabe: Ich mag zwiespältige Figuren und ich habe ein Faible für interessante Namen. Ich suche immer ganz lange nach den Namen für meine Figuren. Der Nachname für Mara war mir relativ schnell klar. Im Vornamen steckt ein bisschen die Dunkelheit. Ich glaube, das ist sehr spezifisch für mich, dass ich eine sehr starke Empfindung dafür habe, wie sich ein Name anfühlt. Mara ist für mich ein sehr schöner, aber auch dunkler Name. Ich glaube, das liegt an diesen beiden Vokalen. Es gibt in der buddhistischen Tradition das Wort Mara und es steht für etwas Dunkles. Das wusste ich nicht, das habe ich zufällig herausgefunden, als ich diesen Namen abgeklopft habe. Deswegen trägt sie die Dunkelheit und das Licht im Namen. Das passt ganz gut zum Thema Schlaf.
Spannend am Licht ist, dass es uns einerseits vom Schlafen abhält, dass es aber andererseits auch den Schlaf befördert. Wenn wir auf unseren Biorhythmus schauen, müssen wir morgens natürliches Licht in die Augen bekommen, um abends gut schlafen zu können. Licht und Dunkelheit sind nicht nur hilfreich oder nur schädlich, sondern beides hat seine Zeit. Das fand ich ganz schön und das bildet sich ganz unauffällig im Namen ab.
Das Gespräch führte Joachim Dicks. Das komplette Interview hören Sie oben auf dieser Seite - und in der ARD Audiothek.