"Amazônia": Bildband feiert die Schönheit Amazoniens
Sebastião Salgado zählt zu den bedeutendsten Fotografen Südamerikas. Sein neues Buch feiert die einzigartige Natur Amazoniens - und die Menschen, die mit ihr im Einklang leben.
Alle Augen richten sich nach oben. Dort, verborgen im Laub eines Urwaldriesen, muss ein Affe sitzen. Das Tier sehen wir nicht, aber die kleine Gruppe, die nach ihm jagt. Pinu Vakwë, der kräftigste der Männer, und Vali, ein etwa zwölfjähriger Junge, pressen Blasrohre an ihre Lippen. Bereit, mit einem kräftigen Atemstoß den Pfeil in Richtung seines Ziels zu feuern.
Fotos voller Wertschätzung und Bewunderung
Sebastião Salgado drückt in dem Moment auf den Auslöser, in dem die Spannung am höchsten ist. Das Schönste an seinem Foto sind jedoch die Gesichter der Kinder, die die Jäger begleiten: In ihren Augen spiegelt sich der Nervenkitzel ebenso wie die Freude, Begeisterung und Wissbegier. Salgado hat das Foto 2017 bei den Korubo gemacht. Einem Volk im westlichen Amazonas-Gebiet.
Salgados Motive haben nichts mit Voyeurismus oder der zweifelhaften Suche nach Exotik zu tun. Für ihn ist die Fotografie ein Mittel, um seine Wertschätzung und Bewunderung auszudrücken. Für eine Kultur, in der die Menschen im innigen Miteinander leben, gemeinsam jagen, essen und Feste feiern. Seine Bilder nehmen uns mit zu Heilungszeremonien von Schamanen, lassen uns rituelle Kämpfe und Tänze erleben.
Beeindruckende Porträts
Auf einer seiner Exkursionen rutschte Salgado beim Sprung über einen Bach aus und riss sich den Meniskus. Tagelang musste er ausharren, ohne sich zu bewegen. Die Porträts, die in dieser Zeit entstanden, gehören zu den beeindruckendsten des Bildbandes. Salgado ließ vor seinem Lager ein sechs mal neun Meter großes Tuch aufspannen und bat Männer, Frauen und Kinder, davor für ihn zu posieren:
"Indem ich die Menschen auf diese Weise vom üppigen Wildwuchs des Regenwaldes isolierte, konnte ich in den Portärts ihre Schönheit und einzigartige Eleganz hervorheben. Manchmal "kleideten" sie sich extra für den Anlass, auch wenn dies bedeutete, ihre Körper zu bemalen, gefiederte Kopfbedeckungen zu tragen, einen Affen zu halten oder eine Waffe zu tragen." Leseprobe
Die ernst blickenden Menschen vor dunklem Hintergrund erinnern an Gemälde von Diego Velázquez. Genauso erhaben, wie der Barockmaler Adelige und Mitglieder des spanischen Königshauses darstellte, fotografiert Sebastião Salgado die Amazonas-Bewohner. Zumindest bildlich gibt er ihnen damit die Würde zurück, die die europäischen Eroberer ihren Vorfahren zu nehmen versuchten.
Atemberaubende Blicke auf die Natur
Porträts machen aber nur die Hälfte des Buches aus. Die andere Hälfte widmen der Fotograf und seine Frau und Herausgeberin Lélia Wanick Salgado der Landschaft Amazoniens. Viele der Schwarz-Weiß-Aufnahmen machte Salgado aus der offenen Ladeklappe eines Flugzeugs: Eine Perspektive, die atemberaubende Blicke offenbart: In eleganten Schwüngen mäandern Flüsse durchs verschwenderische Grün. Fällt die Sonne darauf, spiegeln sich in ihnen fantastische Wolkengebirge. Und wenn es regnet, gehen die Güsse wie Sintfluten aus dem Himmel nieder. Hier scheint alles im Überfluss zu existieren: Blüten, Vögel, Schmetterlinge. Und genauso üppig und überbordend wie die Natur sind die Fotos, die Sebastião Salgado in seinem neuen Bildband vereint.
Der Brasilianer lässt keinen Zweifel daran, dass jede Seite seines Buches als Protest gegen die Politik von Jair Bolsonaro zu verstehen ist. Dem Präsidenten, der weder den Regenwald noch seine Bewohner für schützenswert hält, setzt Salgado die Schönheit, den Reichtum und unschätzbaren Wert Amazoniens entgegen.
Amazônia
- Seitenzahl:
- 528 Seiten
- Genre:
- Bildband
- Zusatzinfo:
- Hardcover, 35,8 x 26 cm, 4,28 kg
- Verlag:
- Taschen
- Bestellnummer:
- 978-3-8365-8511-8
- Preis:
- 100,00 €