Wird Schwerin UNESCO-Welterbe? "Wir sind natürlich optimistisch"
Die Chinesische Mauer, die Akropolis in Griechenland oder das Great Barrier Reef in Australien: Sie alle stehen auf der Liste der UNESCO-Welterbe-Titel. Und bald kann sich da vielleicht auch Schwerin einreihen.
Konkret geht es um das Schloss sowie Teile der historischen Innenstadt. Seit Sonntag tagt das zuständige Komitee der UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Indiens Hauptstadt Neu-Delhi. Dorthin wird auch Linda Holung reisen. Sie ist Kulturwissenschaftlerin und die Welterbe-Koordinatorin der Stadt Schwerin.
Frau Holung, haben Sie Ihre Koffer schon gepackt?
Linda Holung: Die Koffer habe ich noch nicht gepackt. Ein bisschen Zeit ist ja noch, Donnerstag früh geht der Flug. Ich muss ganz kurzfristig die Koffer packen, aber zusammengesucht habe ich schon alles.
Und sind Sie aufgeregt, vorfreudig?
Holung: Vorfreude ist natürlich schon da. Wir haben ein paar Jahre auf diese Entscheidung hingearbeitet. Aufgeregt sind wir hier nicht mehr so richtig. Wir haben das Mantra: Wir haben unser Bestes gegeben - und jetzt liegt es in anderen Händen.
Sie haben den Bewerbungsprozess seit 2020 begleitet und dann gemeinsam mit einem Team aus Experten ein Nominierungsdossier erarbeitet. Das ist ganz schön umfangreich, ganze 360 Seiten hat es. Was muss bei so einer Bewerbung aufgeführt werden?
Holung: Das Essenzielle bei einer Welterbe-Bewerbung ist der sogenannte außergewöhnliche universelle Wert. Den muss man belegen anhand von wissenschaftlichen Kriterien und Kriterien, die die UNESCO vorgibt. Wir mussten die Gebäude beschreiben - in unserem Fall sind das über 30 Gebäude. Wir mussten außerdem in einem internationalen Vergleich darlegen, warum Schwerin nun auch noch auf die Welterbeliste gehört - und nicht schon andere Dinge, die dort vertreten sind, ähnliches abdecken.
Und was für ein Wert ist das genau im Fall Schwerin?
Holung: In Schwerin haben wir den Fall, dass dieses Residenzensemble - ausgehend vom Schloss und über 30 weitere höfische Gebäude - im 19. Jahrhundert in verschiedenen Formen des Historismus entstanden ist und das hier in ganz besonderer Weise erhalten ist und sich in die Seenlandschaft von Schwerin Jahr malerisch einbettet.
Was würde dieser Titel für die Stadt Schwerin bedeuten?
Holung: Erst mal sehr viel Freude. Das ist ein Projekt, das über 20 Jahre hier schon steht. Aber natürlich auch internationale Anerkennung und Aufmerksamkeit.
Am Donnerstag geht es nach Neu-Delhi. Wie läuft diese Tagung ab? Was sind Ihre Pläne?
Holung: Die Tagung läuft schon. Die UNESCO setzt sicher nicht nur mit neuen Nominierungen auseinander, sondern auch mit anderen Themen. Wir sind aber nur vier Tage vor Ort, nehmen also nur die neuen Nominierungen mit. Ich bin zum ersten Mal bei einer solchen Tagung, freue mich also darauf, das mal live zu erleben, sich aber vielleicht auch mit anderen Städten zu vernetzen und zu schauen, wie man von diesem internationalen Kontext auch in Zukunft profitieren kann.
Was glauben Sie, was können Sie da mitnehmen? Ist das eher eine Stimmung der Gemeinsamkeit, wo man sich eben gegenseitig inspiriert? Oder gibt es da schon kleine Konkurrenzverhältnisse?
Holung: Gerade auf der Ebene, auf der wir uns befinden, also als Antragsteller, die auch fachlich arbeiten, ist das eher eine Kooperation. Natürlich gibt es in der UNESCO auch politische Strömungen, aber das wird an anderer Stelle ausgefochten und nicht bei uns auf der Antragsebene.
Wie schätzen Sie final Ihre Chancen ein?
Holung: So hundertprozentig kann man das natürlich nicht sagen. Wir sind natürlich optimistisch, darum reisen wir auch selbst nach Indien. Und wir hoffen, mit dem Titel zurückzukommen.
Das Interview führte Charlotte Oelschlegel.