Der Rockmusiker Gil Ofarim im Gerichtssaal in Leipzig. © dpa-Bildfunk Foto: Hendrik Schmidt

Verfahren gegen Gil Ofarim eingestellt - Musiker gesteht Verleumdung

Stand: 29.11.2023 15:05 Uhr

Das Verfahren gegen den jüdischen Musiker Gil Ofarim wegen Verleumdung ist nach dessen Geständnis eingestellt worden. Vertreter aus Politik und Gesellschaft reagieren mit scharfer Kritik am Verhalten des Musikers.

Überraschende Wende im Verleumdungsverfahren gegen den Musiker Gil Ofarim: Nach einem Geständnis des wegen falscher Verdächtigung und Verleumdung angeklagten 41-Jährigen hat das Landgericht Leipzig am Dienstag das Verfahren vorläufig eingestellt. Ofarim gestand, die Antisemitismusvorwürfe gegen einen Hotelmitarbeiter erfunden zu haben. Die Einstellung erfolgte nach einer Verständigung der Prozessbeteiligten. Sie ist mit einer Geldauflage in Höhe von 10.000 Euro verbunden, die Ofarim an die Jüdische Gemeinde zu Leipzig und den Trägerverein des Hauses der Wannseekonferenz zahlen soll. Wenn das Geld innerhalb eines halben Jahres dort eingeht, ist das Verfahren endgültig eingestellt.

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Gil Ofarim lehnt an einer Hauswand © picture alliance/dpa | Tobias Hase Foto: Tobias Hase

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Zentralrat: Gil Ofarim hat Betroffenen von Antisemitismus geschadet

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat die falsche Antisemitismus-Anschuldigung des Sängers Gil Ofarim gegen einen Hotelmitarbeiter verurteilt. "Er muss in jeder Hinsicht die Konsequenzen für seine Lüge tragen", erklärte der Zentralrat am Dienstag in Berlin. Der 41-Jährige habe "all denen, die tatsächlich von Antisemitismus betroffen sind, großen Schaden zugefügt". Es sei richtig, bei einem Antisemitismusvorwurf auf der Seite des Betroffenen zu stehen, ihm beizustehen und die Antisemitismuserfahrung zunächst nicht infrage zu stellen, erklärte der Zentralrat und fügte hinzu: "Umgekehrt darf so ein Vorwurf niemals grundlos erhoben werden. Und das ist hier leider passiert."

Scharfe Kritik vom Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat dem Musiker Gil Ofarim nach dessen Geständnis schwere Vorwürfe gemacht. Ofarim habe "mit seinem Verhalten Judenhass Vorschub geleistet und der Bekämpfung von Antisemitismus in Deutschland schweren Schaden zugefügt".

Leipzigs Oberbürgermeister Jung sieht nur Verlierer

Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) ließ nach dem Geständnis verlauten, der Prozess kenne nur Verlierer: "das Hotel, das sich übler Beschimpfungen ausgesetzt sah, die Stadt Leipzig, die sich international zu Unrecht in die antisemitische Ecke gestellt sah". Er beklagte einen immensen Imageschaden für die Stadt und für die Menschen in ganz Ostdeutschland. Allerdings dürfe die Lüge nicht überdecken, dass Antisemitismus ein ernstes Problem sei.

Der Fall hatte sich vor allem in sozialen Netzwerken verbreitet

Der mediale Aufschrei war groß als der Musiker Gil Ofarim in einem Instagram-Video behauptete, dass ein Hotelmitarbeiter in Leipzig - und womöglich ein weiterer Gast - ihn antisemitisch angefeindet hätten. Beweise lagen zu dieser Zeit noch keine vor, aber Gil Ofarim hatte in einem Video sehr schwerwiegende Anschuldigungen erhoben. In einem am 5. Oktober 2021 in sozialen Netzwerken verbreiteten Video gab der Musiker an, er sei von einem Mitarbeiter des Hotels "Westin" beim Einchecken aufgefordert worden, eine Halskette mit Davidstern abzulegen. Das Video schlug damals hohe Wellen. In seinem Geständnis und seiner Entschuldigung sagte Ofarim am Dienstag: "Ich habe das Video gelöscht."

Der als Nebenkläger auftretende Hotelmanager akzeptierte noch im Gerichtssaal die Entschuldigung. Zur Begründung der Verfahrenseinstellung führte die Strafkammer aus, dass es in dem Prozess vor allem um die zuverlässige Feststellung des Sachverhalts gegangen sei. Dieser stehe aufgrund von Zeugenaussagen und Gutachten sowie des Geständnisses von Ofarim nun zweifelsfrei fest. Damit seien alle Zweifel und Spekulationen endgültig beseitigt. Durch Ofarims Entschuldigung sei der Hotelmanager zudem wirkungsvoller rehabilitiert worden, als es durch ein Urteil möglich gewesen wäre.

Interne Untersuchung: Keiner der Zeugen kann die Diskriminierung bestätigen

Die Betreibergesellschaft des Leipziger Westin-Hotels hatte bei einer Anwaltskanzlei, die auf sogenannte Compliance-Untersuchungen spezialisiert ist, eine interne Untersuchung beauftragt. Im Untersuchungsbericht heißt es, dass keiner der befragten Zeugen bestätigt habe, dass eine antisemitische Diskriminierung erfolgt sei. Und es ergibt sich außerdem daraus, dass sich Gil Ofarim möglicherweise seinerseits in der Hotellobby daneben benommen habe.

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Journal | 28.11.2023 | 17:45 Uhr

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