Landtag in SH beschließt Bildungsoffensive gegen Antisemitismus
Selten herrschte so viel Einigkeit im Landtag in Schleswig-Holstein. Alle Fraktionen haben am Freitagvormittag einstimmig eine Bildungsoffensive gegen Antisemitismus, Hass und Hetze beschlossen.
Die Abgeordneten wollen Geschlossenheit demonstrieren, ein klares Zeichen gegen jede Form von Antisemitismus setzen. Das wird im Laufe der Landtagssitzung deutlich. Die Stimmung ist ungewohnt friedlich. Bei den Reden herrscht Stille auf den Rängen. Zwischenrufe, die einen Tag zuvor noch für eine halbstündige Unterbrechung der Sitzung führten, blieben gänzlich aus. Es wird viel applaudiert.
Prien: "Ein starkes Signal gegen Gleichgültigkeit"
"Mit dem 10-Punkte-Plan starten wir eine dringend erforderliche Bildungsoffensive", sagt Bildungsministerin Karin Prien (CDU). Das sei ein starkes Signal gegen Gleichgültigkeit in unserem Land. Denn Gleichgültigkeit, so Prien, sei der Brandbeschleuniger für Antisemitismus. Als Beispiel nennt sie die weltweit aufgeheizte Stimmung nach dem Massaker der Hamas am 7. Oktober. Die Stimmung spiegele sich auch auf deutschen Straßen wider. "Trotzdem erleben wir Gleichgültigkeit", so die Ministerin. Das müsse sich ändern.
Antisemitische Narrative erkennen
Dieser Gleichgültigkeit wolle man sich entgegenstellen, so Prien. Nur wenn Menschen lernen, antisemitische Narrative zu erkennen, könne eine Verbreitung von Antisemitismus gestoppt werden. So steht es in dem Antrag, den alle fünf im Landtag sitzenden Fraktionen gemeinsam tragen. Konkret wird darin ein 10-Punkte-Plan formuliert, wie künftig gegen Antisemitismus vorgegangen werden soll. Vorrangig sind es Bildungsangebote, die genannt werden.
Balasus: "Wissen ist der Feind der Vorurteile"
"Jetzt ist Haltung gefragt", fordert der CDU-Abgeordnete Martin Balasus. Es sei eine Schande, dass sich antisemitisches Gift wieder im Land breitmache. Daher brauche es eine Bildungsoffensive. "Wissen ist der Feind der Vorurteile." Gleiches greift Malte-Jannik Krüger von der von den Grünen auf: "Antisemitismus beginnt in den Köpfen der Menschen." Deshalb sei das Ziel des Antrags, dass durch Bildung Narrative erkannt und eingeordnet werden, um sich dagegen wehren zu können.
Jette Waldinger-Thiering (SSW) sagt: Lehrkräfte im Land müssten befähigt werden, Antisemitismus zu identifizieren und im Anschluss Konflikte navigieren zu können. “Es muss uns darum gehen, Kinder und Jugendliche zum Einschreiten zu ermutigen und in ihrer Zivilcourage zu unterstützen.”
Schulgesetz soll geändert werden
Der 10-Punkte-Plan sieht vor, dass das Schulgesetz geändert wird und der Einsatz gegen Antisemitismus, Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit als Bildungs- und Erziehungsziel verankert werden. Gleiches soll für die Verbreitung von nationalsozialistischem Gedankengut gelten. Dazu gehört, dass über jüdisches Leben informiert und antisemitische Narrative aufgeklärt werden.
Lehrpläne werden überarbeitet
Inhaltlich soll die Geschichte des Staates Israel und der Nahostkonflikt in die Lehrpläne aufgenommen werden. Materialien für Lehrkräfte sollen verbessert und Schulausflüge zu Gedenkstätten gefördert werden. Außerdem werde überprüft, dass Lehrpläne oder Prüfungsverordnungen der freiheitlich demokratischen Grundordnung entsprechen und den Einsatz gegen Antisemitismus und Rassismus berücksichtigen.
Vogt: "Propaganda in sozialen Netzwerken gefährlich"
Besonders problematisch sei, so der FDP-Fraktionschef Christopher Vogt, wenn junge Menschen Propaganda über die sozialen Netzwerke erreiche. “Das ist brandgefährlich und da müssen wir gegensteuern – so schwierig das auch ist.” Ein Mittel sei, dass junge Menschen, direkt mit dem Thema konfrontiert werden, sagt Vogt. Es müsse das Ziel sein, dass jede Schülerin und jeder Schüler eine Gedenkstätte mit der Schule besucht. “Das sind Dinge, die man nie vergisst und die einen in der Regel gegen Antisemitismus schon ziemlich immun machen.”