Jüdisches Leben bekommt Verfassungsrang in Schleswig-Holstein

Stand: 21.11.2023 16:40 Uhr

Nach dem Angriff der Hamas auf Israel nimmt auch in Schleswig-Holstein die Zahl der antisemitischen Straftaten zu. Künftig soll der Schutz von Juden und Jüdinnen in der Verfassung verankert werden.

Wie könnten Schutzmaßnahmen für jüdisches Leben in Schleswig-Holstein aussehen? Dazu hat sich am Dienstag die schleswig-holsteinische Regierung zusammen mit den beiden jüdischen Landesverbänden bei einer Kabinettssitzung beraten. Im gemeinsamen Gespräch sei klar geworden, wie ernst die Lage sei, sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Die Jüdischen Landesverbände berichteten von Mitgliedern, die sich aus Angst vor Angriffen nicht offenbaren und nicht mehr in die Synagoge trauen. Daher soll jüdisches Leben in die Verfassung aufgenommen und somit besonders geschützt werden, wie Günther nach der Sitzung bestätigte.

Jüdische Gemeinden: "Wie ein historischer Tag"

Laut Walter Blender, Vorsitzender des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Schleswig-Holstein, war es ein sehr vertrauensvolles Gespräch. Es sei möglich gewesen, offen über Sorgen und Ängste zu sprechen. Des Weiteren sei es ein starkes Signal, dass man dem Antisemitismus ganz klar entgegentreten wolle. Besonders über die Einladung, der Sitzung beizuwohnen, war Blender erfreut: "Die Tatsache, dass wir in dieser Kabinettssitzung mit unserem Landesverband Gast waren, zeigt, dass hier moralisch eine große Entscheidung getroffen wird. Das ist wie ein historischer Tag."

Mehrere Politiker des schleswig-holsteinischen Landtages stehen in einer Gruppe zusammen. © NDR Foto: NDR Screenshots
In der Kabinettssitzung mit den Vertretern der jüdischen Gemeinden ist laut Ministerpräsident Günther klar geworden, wie ernst die Lage für Jüdinnen und Juden in Schleswig-Holstein ist.

Ministerpräsident Günther will ein Signal an alle Jüdinnen und Juden im Land senden: "Wir sind an eurer Seite, ihr gehört zu unserem Land dazu und wir als Mehrheitsgesellschaft haben den Auftrag, uns gegen alle antisemitischen Tendenzen zur Wehr zu setzen."

Aufklärung auch in Bildungseinrichtungen

Um stärker gegen Antisemitismus vorzugehen, soll das Thema auch in Schulen und Hochschulen Platz finden. Ende der Woche diskutiert die Landesregierung einen Zehn-Punkte-Plan, der unter anderem vorsieht, das Wissen zur Geschichte Israels im Lehramtsstudium und in Schulprojekten verpflichtend zu unterrichten.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 21.11.2023 | 16:00 Uhr

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