Klaus Staeck - Streitlustiger und streitbarer Geist
Künstler, Galerist, Rechtsanwalt und Politiker ohne Mandat - so wurde Klaus Staeck in Interviews und bei öffentlichen Auftritten oft angekündigt, um eines gleich klarzumachen: Bei diesem Menschen handelt es sich um einen Tausendsassa, jemanden, für den das "sich Einmischen" zum Lebensmotto werden sollte. Schon als Jura-Student druckt er Postkarten, beispielsweise mit einer Wanze, die sagt: "Ruf mich an", ein begehrter Verkaufsschlager in der DDR, die er 1956 verließ.
Als Künstler wählt er, wie viele Vorgänger in den 1920er Jahren, vor allem das politische Plakat als Ausdrucksmittel. In puncto Analyse und Provokation teilweise rasiermesserscharf: "Deutsche Arbeiter: Die SPD will Euch Eure Villen im Tessin wegnehmen." "Eigentum verpflichtet - zur Ausbeutung." "Alle reden vom Klima, wir ruinieren es." "Die Reichen müssen noch reicher werden - deshalb CDU."
"Ich kann die Welt eigentlich nur satirisch-ironisch ertragen."
Politik gehört für das SPD-Mitglied Steack zur Kunst dazu. Ästhetische Spielereien allein seien nicht genug: "Ich komme eigentlich aus einer Familie, wo von der Großmutter an immer gesagt wurde: Politik ist ein böses schmutziges Geschäft, die da oben machen sowieso, was sie wollen. Um direkt zu antworten, ich kann die Welt eigentlich nur satirisch-ironisch ertragen."
Und so beteiligt er sich engagiert an unzähligen Debatten der Bundesrepublik - von Vergangenheitsbewältigung und Rüstungswettlauf über Arbeitslosigkeit bis zum Großen Lauschangriff. Schnell wird er zum streitbaren und umstrittenen Geist. Während des "Bonner Bildersturm" erlebt er die kollektive Gegenwehr von Politikern, die seine Bilder teilweise sogar selbst von den Wänden reissen. Doch er gefällt sich in dieser Rolle: "Ich widerspreche, das habe ich mir von frühester Jugend angewöhnt, wenn ich der Meinung bin, ich bin nicht einverstanden. Deswegen muss ich nicht immer recht haben, das gleich dazugesagt."
Ab zurück in die Wildbahn
Sein permanenter Widerspruch bringt ihm 40 Gerichtsverfahren und 320 Seiten Stasiakten ein. Doch er macht trotzdem weiter, wird schließlich 2006 zum Präsidenten der geschwächten Akademie der Künste in Berlin und danach zweimal wiedergewählt. Durch seine große Erfahrung im Umgang mit Öffentlichkeit und Politik gelang es ihm, die Akademie wieder in ruhigeres Fahrwasser zu lenken: "All das, was eine Akademie tun kann, das haben wir getan und werden wir weiter tun. Insofern konnte ich die Akademie auch anstecken, dass sie sich wirklich in die wichtigen Auseinandersetzungen der Politik einmischt. Ob es dabei auch bleibt, das ist Frage der Nachfolger."
Klaus Staeck, ein Mann mit vielen Talenten. Er arbeitete mit Joseph Beuys und war Mitbegründer der Internationalen Kunst- und Informationsmesse, der heutigen "Art Cologne", ist Mitglied im deutschen PEN-Zentrum und vieles andere mehr. Und so ist sich der 77-jährige Berufseinmischer auch über die Zeit nach dem Ausscheiden sicher: "Ich habe nie in meinem Leben einen Augenblick unter Langeweile gelitten. Das wird auch künftig so sein. Und ich sage immer, ich kam aus der freien Wildbahn in dieses Amt, habe es neun Jahre ausgeübt, ich glaube schon, zum Nutzen auch der Institution, und jetzt gehe ich zurück in die freie Wildbahn und da warten sehr viel Arbeit und auch schon neue Termine auf mich."