Straßennamen: Frauen sollen in Lehrte öfter vorkommen
In den meisten Städten tragen Straßen die Namen von männlichen Würdeträgern. Frauennamen sind als Straßenbezeichnungen immer noch in der Unterzahl. Das möchte die Stadt Lehrte in der Region Hannover nun ändern: Neue Straßen sollen ab sofort nach Frauen benannt werden.
Auslöser für diese Aktion war ein Ausflug der Vorsitzenden des Sozialausschusses Petra Wegener: "Bei einer Fahrradtour durch Lehrte fiel mir auf, dass sehr wenige weibliche Namen vertreten sind. Das habe ich dann in meiner Fraktion diskutiert. Gemeinsam mit Bündnis 90/Die Grünen und Linke haben wir einen Antrag in den Rat eingebracht."
Der Antrag ging durch. Beschlossen wurde, dass eine Vorschlagsliste mit weiblichen Namen angefertigt wird. Nach dieser sollen dann Straßen in Neubaugebieten benannt werden. Den Worten sind bereits Taten gefolgt: Drei Straßen tragen nun den Namen der Diakonisse Emma Bahlke, der Holocaust-Überlebenden Masha Katz und der Mitbegründerin der niedersächsischen FDP nach dem Zweiten Weltkrieg, Grete Sehlmeyer.
Ausgewogenes Verhältnis nicht mehr möglich
Damit sind nun von 650 Straßen in Lehrte 63 nach Männern benannt und immerhin acht nach Frauen. Ein gerechtes Verhältnis von 50 zu 50 wird allerdings nicht möglich sein, gibt Wegener zu: "Wir haben nicht mehr so viele Neubaugebiete, wo Straßen zu benennen sind." Aber auch in den Ortsteilen sei darüber diskutiert worden, sagt sie. "Dort hat man voher einfach nicht so drüber nachgedacht. Ortsräte reichen jetzt auch schon Namen ein, die sie für die Liste recherchieren lassen."
Aber nicht nur Ortsräte können Namensvorschläge machen, jeder kann sich mit Ideen an die Gleichstellungbeauftragte der Stadt Lehrte, Freya Markowis, wenden. Sie erläutert die Spielregeln: "Wir wollen Frauen, die einen Bezug zu Lehrte haben." Außerdem dürfen nur bereits verstorbene Persönlichkeiten vorgeschlagen werden. Ein Historiker durchleuchtet dann die Biografien und überprüft, ob die Frauen zum Beispiel antisemitisch gesinnt waren.
Erinnerungen an bekannte Persönlichkeiten
Zwei, die bei der Namensaktion mitgemacht haben sind Ina Rust und ihre Mutter Elfriede. Ina Rust war sofort Feuer und Flamme, als sie von der Namensaktion hörte: "Das ist eine sehr gute Initiative von der Stadt Lehrte. Ich erinnere mich besonders an Frau Bauersachs, die erste Pastorin in Lehrte."
Sie und Ihre Mutter Elfriede haben noch fünf weitere Namensvorschläge ans Rathaus geschickt. Alle kennt die 89-jährige Elfriede noch aus ihren bisher 55 Lebensjahren in Lehrte: "Zum Beispiel unsere Landfrauenvorsitzende Rosemarie Buchholz, die ihren Posten ganz besonders gut besetzt hatte. Oder Frau Funda, der Obermeisterin im Damenschneiderhandwerk. Die hat immer Riesen-Modenschauen in Gang gesetzt, die vor 30 Jahren ganz aktuell waren."
Mehr als nur neue Straßenschilder
Die Gleichstellungsbeauftragte Freya Markowis hofft darauf, dass der weiße Fleck in der Geschichte Lehrtes durch die Namensaktion mit Farbe gefüllt wird: "Ich hoffe, dass daraus eine Ausstellung entsteht oder ein Buch. Denn die Aktion soll sich nicht darin erschöpfen, dass wir neue Straßenschilder bekommen. Ich glaube, auch so ein Mittelzentrum mit 45.000 Leuten kann ein Zeichen setzen."
Damit es noch mehr Frauennamen auf die Straßenschilder schaffen, ringt Markowis nun darum, dass auch Frauen ohne Bezug zur Stadt Lehrte nominiert werden dürfen.