Social-Media-Star Tahsim: "Lehrkräfte arbeiten Schüler nur noch ab"
Sein satirischer Clip zu den rechtsextremen Geheimplänen ging viral: Tahsim Durgun verrät bei deep und deutlich, warum er sich nach der Erwähnung im Bundestag geschämt hat - und was er sich als angehender Lehrer vom deutschen Bildungssystem wünscht.
Trockener Humor und schlagfertige Wortspiele als Waffe gegen den Extremismus: Der deutsch-kurdische Influencer Tahsim Durgun macht Comedy in den sozialen Medien - und wird für seine Videos im Netz gefeiert. Allein 400.000 Menschen folgen dem Oldenburger auf der Plattform TikTok.
Tahsim über die Erwähnung im Bundestag: "Es war mir unangenehm"
Zuletzt erlangte der 28-Jährige vor allem durch ein Posting zu den Abschiebeplänen der AfD große Bekanntheit. Als Reaktion auf die Enthüllungen von CORRECTIV zum Potsdamer Geheimtreffen, auf dem über millionenfache Ausweisungen gesprochen worden sein soll, informierte Tahsim seine Follower in einem satirischen Video über die drei besten Verstecke - und schaffte es damit sogar in den Bundestag. Seine erste Reaktion auf die Erwähnung überrascht: "Ich habe mich geschämt. Es war mir unangenehm, dass er über mich redet", erklärt Tahsim im deep und deutlich-Talk. "Es war eine Verlegenheit da, dass meine Inhalte in so einem wichtigen Haus besprochen werden. Vor dem Hintergrund, wo ich herkomme, wie ich aufgewachsen bin, wer meine Eltern sind, ist das eine unglaubliche Errungenschaft für mich."
Als Sohn kurdischer Einwanderer wurde Tahsim in einem Plattenbau groß. "Ich bin in einer sozial schwächeren Gegend aufgewachsen. Ich sage das, weil es zu uns gehört. Wir waren sehr in dieser Bubble, sehr migrantisch geprägt", so Tahsim, der viele gute Erinnerungen an seine Kindheit hat, im Gespräch mit Moderatorin Aminata Belli. Erst in der Schulzeit begann er, Dinge zu hinterfragen. "Ich wurde als einziger in den Deutsch-Förderunterricht geschickt. Rückblickend hinterfrage ich, ob es eine didaktisch wertvolle und notwendige Entscheidung war oder ich schnell abgearbeitet wurde", so Tahsim, der Deutsch und Geschichte auf Lehramt studiert.
"Lehrer an Gymnasien kommen nicht mehr hinterher, Schüler als Menschen wahrzunehmen"
Immer wieder wird diskutiert, was an unseren Schulen falsch läuft. Auch als angehender Lehrer hinterfragt er das deutsche Schulsystem kritisch: "Die Lehrer an Gymnasien kommen nicht mehr hinterher, Schüler als Menschen wahrzunehmen. Lehrkräfte arbeiten Schüler nur noch ab. Damit hat das deutsche Bildungssystem sehr zu kämpfen. Das muss geändert werden." Dies sei auch ein Grund, warum er eigentlich Lehrer werden wollte: "Der Beruf gibt mir die Chance, das wieder gut zu machen, was mir in der Schulzeit nicht widerfahren ist." Ob der Comedian trotz seines Erfolges in naher Zukunft vor einer Klasse stehen könnte? Für den TikToker durchaus denkbar: "Ich habe Existenzängste und Stimmen im Kopf, die sagen: Tahsim, mach etwas Vernünftiges und hör auf, dumme Videos im Internet zu posten."