"Operation Gomorrha": Hamburg erinnert an die Luftangriffe
Unter dem Codenamen "Operation Gomorrha" starteten Briten und US-Amerikaner im Juli 1943 eine Reihe von schweren Luftangriffen auf Hamburg. An vielen Orten in der Stadt wird bereits daran erinnert.
Eine der über 100.000 Bomben, die britische und amerikanische Flieger im Juli 1943 über Hamburg abgeworfen haben, liegt am Eingang der neuen Ausstellung "Ausgebombt! Hamburgs Gomorrha und die Folgen" in der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg. Die "Operation Gomorrha" hat unvorstellbares Leid verursacht. Über 30.000 Menschen waren tot, über 100.000 verletzt, mehr als die Hälfte aller Wohnungen zerstört.
Briten warnten vor dem Angriff
Winston Churchill, der englische Premier, hatte die Stadtbewohner vorher gewarnt. Mit roten Flugblättern, die zu Tausenden über Hamburg abgeworfen wurden: "Deutsche, verlasst die Städte, die werden zum Kampfgebiet erklärt, wundert euch nicht, wenn ihr eines Tages von Bomben angegriffen werdet. Das Beste, was ihr tun könnt, ist aufs Land zu ziehen, und eure Arbeitsplätze in den Städten zu verlassen."
NS-Propaganda bereitete Bevölkerung auf Angriffe vor
Ganze Flugblattsammlungen gibt es in der Ausstellung. Genauso wie Anweisungen der Hitler-Regierung, was im Ernstfall zu tun sei. "Es war ein ganz großes politisches Anliegen der Staatsführung, die Bevölkerung mit dem Gedanken vertraut zu machen, dass es eines Tages mal einen Luftkrieg geben könnte - mit Bombenangriffen und Bränden", sagt der Historiker Helmut Stubbe da Luz. Er hat die Ausstellung in der Bibliothek der Universität zusammengestellt.
Folgen ein Leben lang
Die Ausstellung liefert Denkanstöße: Wie konnte es soweit kommen? Und wie ging es danach weiter? "Es gibt nach wie vor politische Diskussionen darüber, wie dieses Geschehen damals einzuordnen ist", sagt Stubbe da Luz. "Nicht nur finden wir bis heute immer noch Bomben in der Stadt. Viele Überlebende hatten ein Leben lang mit seelischen Folgen zu kämpfen, die sich auch auf deren Kinder übertragen haben."
Heutiges Mahnmal St. Nikolai war Orientierungspunkt
Die Hauptkirche St. Nikolai war damals Orientierungspunkt der Bomberpiloten. Ein Wunder, dass überhaupt etwas stehengeblieben ist. Der riesige Turm - vom Ruß der Feuer schwarz gefärbt - wurde nicht abgerissen. "Es gab durchaus eine Haltung zu sagen, wir brauchen diesen Ort nicht, wir brauchen nicht diesen Schrottturm, was soll diese Ruine, und wir brauchen auch kein Mahnmal", erklärt der Historiker Michael Batz, der Erinnerungen von Hamburgerinnen und Hamburgern in seinem Buch "Null Uhr Neunzehn" gesammelt hat. Historiker Michael Batz ist froh, dass es das Mahnmal mitten in der Stadt gibt. Seit vielen Jahren finden in St. Nikolai immer wieder Gedenkveranstaltungen statt.
Die späten Opfer des Krieges
Die Geschichten des Erinnerns hat er in einem neuen Buch gesammelt. Wie die, der Hamburger Brüder Harry und Johnny, die nach Kriegsende in den Trümmern gespielt haben. "Es gab einen Blindgänger und Johnny ist dabei ums Leben gekommen. Sein Bruder Harry hat sein ganzes Leben damit gelebt - er konnte erst sehr spät darüber reden - dass sein Bruder Opfer des Krieges war. Die Geschichte mündet in der Erkenntnis: Der Krieg ist noch lange nicht vorbei, wenn seine Handlungen vorbei sind.
Ambivalentes Gedenken
"Null Uhr Neunzehn" heißt das Buch von Michael Batz, nach der Uhrzeit, zu der die Bombenangriffe begonnen haben. Hamburg gedenkt der Operation Gomorrha zwiegespalten. Klar ist: Ohne die Angriffe der Alliierten auf die Städte wäre Nazi-Deutschland vielleicht nie besiegt worden. Doch das Ausmaß der Luftangriffe auf die Zivilbevölkerung auf beiden Seiten ist auch heute noch unvorstellbar. Umso schlimmer, dass er heute wieder mitten in Europa tobt - der Krieg.