Neustadt in Holstein: Besuch bei Archäologischer Sprechstunde
Was tun, wenn man beim Spazierengehen ein mögliches Relikt aus der Steinzeit findet und sich fragt, was das wohl ist? Im ostholsteinischen Neustadt gibt es für solche Fälle einmal im Monat eine Archäologische Sprechstunde.
Wer zu den Schatzsuchern und Glücksrittern in Neustadt will, muss in den Keller. Der befindet sich im Kremper Tor, in der mittelalterlichen Stadtmauer. Geschichte pur also - und ideal für die Archäologische Sprechstunde. Punkt 15 Uhr geht es los an diesem 3. Februar, mit gleich zehn Interessierten. Und es werden mehr, in den zwei Stunden: Jung und Alt, Frau und Mann, Einheimische und Urlauber - letztere kommen laut dem Archäologen und Leiter des Museums Zeittor, Frank Wilschewski, aber eher im Sommer.
Nicht jedes Fundstück ist aus der Steinzeit
Wann immer jemand Kiste, Tüte, Karton öffnet, geht der Fund erst mal in die Runde. Anfassen, riechen, drücken, eigene Ideen entwickeln: alles ist erlaubt. Ute Rummeny holt zwei Dinge raus. Ein längliches, wegen der glatten Kanten vielleicht bearbeitetes Metallstück - und einen kleinen Gesteinshaufen. Sie will wissen, worum es sich handelt. Frank Wilschewski geht zu einem mächtigen Werkzeugkoffer. Der Archäologe ist auf so ziemlich jeden Fund eingestellt. Aber er schüttelt den Kopf. "Das ist versteinerter Matsch", sagt er knapp bei der Untersuchung des Gesteinshaufens.
"Nicht alles ist besonders", erzählt der Museumsleiter. Und doch hätten sie immer mal wieder auch Raritäten wie etwa einen Mammutzahn, ein Bronzeschwert oder einen Dolch aus dem Zweiten Weltkrieg.
Ein Orthoceras und ein Werkzeug: Auch Besonderes ist dabei
Die nächsten Interessierten kommen: Frederike Schwarz-Grimm und Heinrich Stahl, beide aus Großenbrode. Frederike Schwarz-Grimm holt aus einer ihrer Pappkisten einen Kalkstein, den sie bei der Fehmarnsundbrücke fand. Das fast weiße Stück ist etwa scheckkartengroß - und zeigt eine detaillierte skelettähnliche Struktur. "Das ist was ganz Besonderes", sagt Frank Wilschewski. "Das ist ein Orthoceras!" Das Fossil in dem Stein ist gut zehn Zentimeter groß, ein echtes Prachtstück. Schnell wird klar, warum diese Kopffüßer mit ihren langen hornähnlichen Gehäusen, etwa 450 Millionen Jahre alt, auch Ur-Tintenfische genannt werden. "Man sieht jede Kammer und den Kanal, den Sipho. Das ist sehr selten!", sagt der Archäologe.
Frederike Schwarz-Grimm legt nach. Sie holt Knochen aus einer Tüte. Das Besondere daran ist ein Loch, exakt in der Mitte: Es könne ein Werkzeug gewesen sein, sagt der Museumsleiter und empfiehlt der Schatzsucherin eine Meldung beim Archäologischen Landesamt in Schleswig zu machen.
Viele Versteinerungen und auch Skurriles
Das meiste seien Versteinerungen, manchmal gebe es auch Skurriles: Eine alte Plakette von einem Fahrrad, das um 1900 hergestellt worden sei oder Teile alter Landmaschinen aus dem 19. Jahrhundert, so Frank Wilschewski zu den Funden, die er präsentiert bekommt. Es sei oft erstaunlich, fügt er hinzu - und immer sehr verschieden.