Martha Argerich Festival in Hamburg: Auftakt mit großem Besteck
Zum fünften Mal kommt die weltbekannte Pianistin Martha Argerich mit Freunden und Weggefährten nach Hamburg. Auftakt war am Dienstag gemeinsam mit den Symphonikern Hamburg in der Elbphilharmonie. Beethovens "Choralfantasie" und "Symphonie fantastique" von Hector Berlioz standen auf dem Programm.
Schnörkellos legt sie los. Ihre graue Mähne wippt leicht mit, wenn die 82-Jährige in die Tasten greift. Viele im Publikum sind von Anfang an hingerissen. Mit Beethovens "Choralfantasie" beginnt Martha Argerich ihr Festival - nicht gerade ein Dauerbrenner in den Konzertsälen. Auf der Bühne: das ganz große Besteck mit Flügel, dem Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chor Hamburg, Solisten und Orchester. Da hatte Dirigent Sylvain Cambreling manchmal Mühe, den Laden zusammenzuhalten.
Beethoven musste seine "Choralfantasie" selbst unterbrechen
Beethoven selbst erging es bei der Uraufführung in Wien 1808 auch nicht anders. Der große Meister musste damals sogar die Aufführung unterbrechen und neu ansetzen. Das ist diesmal nicht nötig, obwohl eine Chor-Sängerin tatsächlich kurz ohnmächtig wird. Schrecksekunde! Aber da sind Chor und Orchester schon in Fahrt und schmettern das, was stark an die 9. Sinfonie erinnert. Martha Argerich ist stets das coole, souveräne Herz des Ganzen.
"Symphonie fantastique" von Hector Berlioz
Nach der Pause in der Elbphilharmonie ist der Flügel weggeräumt. Es erklingt die "Symphonie fantastique" von Hector Berlioz - eigentlich ein Psychothriller der Musikgeschichte. Ein bisschen mehr Fantasie hätte es da schon sein dürfen. Über weite Strecken war das schon sehr brav. Immer wieder blitzen aber doch mitreißende Momente auf. "Es war gigantisch", sagt ein Mann aus Oldenburg. "Alleine für den 4. Satz von Berlioz hätte es sich gelohnt, mit dem Fahrrad hier nach Hamburg zu kommen."
Laeiszhalle für Martha Argerich das bedeutendere Haus
Die Elbphilharmonie ist nicht die Lieblingshalle von Martha Argerich. Gleich nach dem Eröffnungskonzert geht es in der Laeiszhalle weiter. "Was die Laeiszhalle hat und was die Elbphilharmonie nicht haben kann, das ist über 100 Jahre Spirit, Erfahrung - Maria Callas stand auf dieser Bühne, Vladimir Horowitz hat sein letztes Konzert dort gespielt", sagt Symphoniker-Intendant Daniel Kühnel. "Das ist für Martha Argerich eine heilige Stätte."
Dort soll er sich dann verbreiten, der besondere Festival-Spirit. "Dadurch dass die großartigen Künstler kommen und einige Tage da sind, ergeben sich auch Überraschungen", schildert der Intendant. "Diese Spontaneität und diese Lust aufeinander und aneinander, die überträgt sich auch auf das Publikum." Der Festival-Funke darf dann in der Laeiszhalle noch ein bisschen mehr überspringen als beim Start in der Elbphilharmonie. Heute Abend geht es dort weiter mit Daniil Trifonov.