Mahnmal St. Nikolai - zwischen Erinnerungskultur und Fußball-Euphorie
Der Fußball ist schon so lange ein Teil unserer Kultur, dass er auch eine Rolle in einem dunklen Kapitel der Hamburger Stadtgeschichte spielt. Das zeigt die Ausstellung "Hamburger Fußball im Nationalsozialismus".
EM-Touristen und Fans in bunten Trikots tummeln sich in den Ruinen des zerbombten Kirchenschiffs. Das Mahnmal St. Nikolai ist den Opfern der Nazis gewidmet. Im dazugehörigen Museum zeigt jetzt eine Ausstellung den Hamburger Fußball im Nationalsozialismus.
Ausstellung im Mahnmal St. Nikolai beleuchtet Täter- und Opferseite
"Sportvereine eignen sich besonders als Beispiel dafür, wozu Ausschlüsse von einzelnen Menschen führen können. Gerade, weil Fußball noch heute so viele Menschen magisch anzieht, ist es besonders wichtig, dass wir auch diese Seite der Geschichte zeigen und damit auch einen gewissen präventiven Ansatz fahren", sagt Nele Fahnenbruck. Sie ist Historikerin und Geschäftsführerin des Mahnmals. "Wir zeigen das vielfältige Bild des Hamburger Fußballs vor 1933, aber auch während des Nationalsozialismus, und wie aus der Vielfalt am Ende eine Einheit geworden ist. Viele Sportvereine, zum Beispiel Arbeitersportvereine oder jüdische Sportvereine, wurden ab 1933 mit Einführung des Führerprinzips verboten. Frauenfußball ist auch ein gutes Beispiel, was sehr spät erst wieder erlaubt wurde."
Von den Ausstellungstafeln schauen starre Gesichter. All diese Menschen hatten eine gemeinsame Leidenschaft: den Fußball. Im NS-Regime wurden manche von ihnen Opfer, andere standen auf der Täterseite. "Ein gutes Beispiel ist Otto, genannt 'Tull', Harder vom HSV. Der wurde 1923 mit dem HSV Deutscher Meister", erzählt Fahnenbruck. "Er ist früh in die NSDAP eingetreten, ist als SS-Mitglied Kommandant im KZ Neuengamme geworden und gehörte der Lagerleitung an. Die Auseinandersetzung damit - mit beiden Seiten sozusagen - ist uns besonders wichtig."
Wenn Politik in Freizeitgestaltung eingreift
Nicht nur im Mahnmal St. Nikolai, auch wenige hundert Meter entfernt im Geschichtsort Stadthaus findet sich ein Teil der Ausstellung. "Aus einer historischen Perspektive ist es wichtig, sich klarzumachen, dass ein politisches System eingreift in einen Bereich, den man unter Freizeit firmieren würde - und Spaß und Freude. Es reicht ein aktueller Blick in die Presse und in die Fankurven, wo man feststellen kann, dass dort rassistische, demütigende, ausgrenzende Sprüche an der Tagesordnung sind", erklärt Christiane Hess vom Geschichtsort Stadthaus.
Sie hofft, hier - nicht weit vom Fanfest am Heiligengeistfeld - auch Fußballbegeisterte zu erreichen. Und tatsächlich: Plötzlich kommen drei junge Männer zur Tür rein, einer von ihnen im pinkfarbenen Deutschlandtrikot: "Ich bin Geschichtsstudent und sehr am Thema interessiert - auch in Verbindung mit Fußball. Es ist sehr spannend, sich das mal genauer anzuschauen."
Die Gesellschaft durch Fußball zusammenbringen
Erinnerungskultur und Fußball-Euphorie passen für Hess gut zusammen: "Klar, ich hoffe, dass die EM-Stimmung im Land noch ein bisschen überschwappt auf die ganze Gesellschaft - dass wir auch als Gesellschaft wieder ein bisschen zusammenwachsen." Dass Fußball Menschen für die gute Sache zusammenbringen kann, zeigen zum Beispiel auch Hamburger Fanprojekte gegen Rechtsextremismus. Auch um die geht es in der Ausstellung "Hamburger Fußball im Nationalsozialismus".
Mahnmal St. Nikolai - zwischen Erinnerungskultur und Fußball-Euphorie
Der Fußball spielt eine Rolle in einem dunklen Kapitel der Hamburger Stadtgeschichte. Darum geht es in der Ausstellung "Hamburger Fußball im Nationalsozialismus".
- Art:
- Ausstellung
- Datum:
- Ende:
- Ort:
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Stadthaus und Weinkeller des Mahnmals St. Nikolai
Willy-Brandt-Straße 60
20457 Hamburg - Preis:
- Eintritt frei
- Öffnungszeiten:
- Geschichtsort Stadthaus (Montag bis Samstag, 10 bis 17 Uhr); Weinkeller (Montag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr)