Lichthof Theater in Hamburg: Erfolgreich durch die Pandemie
Das kleine, freie Lichthof Theater in Hamburg-Bahrenfeld geht seinen eigenen Weg durch die Pandemie. Es scheut nicht brisante Inhalte und kommt mit Inszenierungen wie "Das nackte Leben" gut an.
Eine Frau. Eine Glühbirne. Und: Eine starke Geschichte. Schauspielerin Serfiraz Vural steht allein auf der dunklen Bühne und leiht fünf kurdischen Frauen, die in der Türkei Folter und Gefangenschaft überlebt haben, ihre Stimme und ihren Körper.
Ich habe das Gefühl, wir alle laufen mit einer offen Wunde herum, und keiner will draufschauen, und niemand will ein Pflaster darauf legen, damit es irgendwie verheilen kann. Zitat aus der Performance "Das nackte Leben"
Performance "Das nackte Leben" mit Serfiraz Vural
Die Solo-Performance "Das nackte Leben" ist bedrückendes Theater. Körperlich, unmittelbar, im allerbesten Sinn: einfach und reduziert. Es ist Theater, das Fragen stellt, das untersucht und dabei bis unter die Haut geht. Vielleicht ist das das Erfolgs-Geheimnis des Lichthof Theaters in Bahrenfeld.
Als vor einem Jahr die Theater zum ersten Mal schließen mussten, fiel das Lichthof-Team erstmal in eine Schockstarre, erinnert sich Theaterleiter Matthias Schulze-Kraft: "Dann haben wir beschlossen, dass das kein Zustand ist, der das Lichthof-Theater ausmacht. Und wir haben das Lichthof-Lab ins Leben gerufen - eine digitale Bühne."
Streaming-Technologie von der Stadt finanziert
Das bedeutet, auf der Homepage werden Theaterstücke gezeigt, die vor Ort entstehen, wie in normalen Zeiten auch. Aber Theater einfach abfilmen und ins Netz stellen? Das reicht nicht, wusste das Lichthof-Team und stattete sich mit der entsprechenden Streaming-Technologie aus.
Jedes Stück wird sensibel gefilmt, mit Raffinesse, klugen Schnitten und Zooms. Das Ziel: das Theater-Ereignis zum digitalen Erlebnis machen. Die Corona-Hilfe der Stadt Hamburg für das Theater fließt fast komplett in diese Investition in die Zukunft.
Lichthof Theater als Hamburgs Theaterlabor
Antike Mythen als schräges Puppentheater, eine mexikanische Choreografin macht eine Reise in die Zukunft, und Marylin Monroe singt, natürlich fiktiv, zu Ehren von Karl Marx. Es sind digitale Experimente, filmische Choreografien, Laborsituationen, scharf gewürzte politische Abende. Aktuellstes Beispiel ist "Das nackte Leben" von Serfiraz Vural.
Das Lichthof Theater wird seinem Ruf als Hamburgs Theaterlabor gerecht. "Es entstehen neue Formen. Man muss dazu sagen, dass es auch ein Forschen ist, ein Ausprobieren, was geht und was nicht", sagt Matthias Schulze-Kraft.
Digitale Bühne wird zum überregionalen Theater
Auch wenn es nicht das analoge Erlebnis ersetzt: Das Lichthof Lab erlaubt es den freien Künstlerinnen und Künstlern weiterzuarbeiten. Und das kommt beim Publikum an. Jede gestreamte Vorstellung erreiche so viele Zuschauerinnen und Zuschauer wie eine analoge, also 40 bis 100, aber jetzt nicht nur aus Hamburg und Umgebung, sondern auch in Kanada und Taiwan, berichtet Schulze-Kraft. Die Bühne ist zum überregionalen Theater geworden, sagt der Theaterleiter. Und einmal sei sogar ein Ehepaar live dabei gewesen, dass auf einem Segelboot vor Palma de Mallorca saß.
Schulze-Krafft: "Leichtfüßig durch die Krise"
Die digitale Bühne ist wasserfest, sie wird auch diesen Lockdown überstehen. "Wir gehen insofern im Moment relativ leichtfüßig durch die Krise", so Schulze-Kraft. "Das ist vielleicht der Esprit, der dem Theater eingeschrieben ist, seitdem es 1994 gegründet wurde. Das Lichthof ist nie stehen geblieben und hat sich seitdem immer verändert und hat sich immer manchmal an sehr schwierige neue Bedingungen angepasst, und das führen wir so weiter."
Digitale Tickets kosten 5 Euro, Spenden sind willkommen. Mehr zum digitalen Programm finden Sie auf der Homepage des Lichthof Theaters.