Osnabrücker Symphonieorchester © Theater Osnabrück
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AUDIO: Konzert: Osnabrücker Symphonieorchester spielt "Strauss pur" (7 Min)

Konzert: Osnabrücker Symphonieorchester spielt "Strauss pur"

Stand: 06.11.2023 15:26 Uhr

Beim heutigen Konzert um 19.30 Uhr in der OsnabrückHalle stehen "Till Eulenspiegel", "Don Quichotte" und die "Vier letzten Lieder" auf dem Programm. Ein Gespräch mit dem Dirigenten Andreas Hotz und dem Solisten Alban Gerhardt.

Herr Hotz, Richard Strauss hat in Osnabrück in den vergangenen Jahrzehnten noch nicht so häufig auf dem Programm gestanden. "Don Quichotte" wurde 25 Jahre, die "Vier letzten Lieder" fast 30 Jahre und "Till Eulenspiegel" sogar über 50 Jahre nicht vom Osnabrücker Symphonieorchester gespielt. Das ist doch eigentlich erstaunlich bei so dankbarer Musik, oder?

Andreas Hotz: Das ist gar nicht so erstaunlich, wenn man überlegt, für welche Apparate diese Musik geschrieben ist. Das sind die ganz groß angelegten sinfonischen Apparate, die das normale Maß an romantischer Orchesterbesetzung bei weitem überschreiten. Für uns sind das auch immer wieder Ausnahmestunden, dass wir uns so einer Musik - ähnlich wie der Musik von Gustav Mahler - widmen können. Der Standard unseres Repertoires liegt erst einmal im rein romantischen Orchester-Repertoire begraben - und dann machen wir ab und zu Ausflüge. So kommt es dazu, dass wir zwar immer wieder ein Oboenkonzert von Strauß spielen, aber seltener so etwas wie diese Tondichtung.

Diese Werke sind eine Gelegenheit, alles aufzufahren, was ein Orchester an Instrumenten, an Qualitäten und Effekten zu bieten hat. Das muss doch allen einen riesigen Spaß machen, oder?

Andreas Hotz © Theater Osnabrück
Andreas Hotz ist Generalmusikdirektor der Osnabrücker Symphonieorchester.

Hotz: Ja, jeder freut sich seit langem auf dieses Programm. Wir haben jetzt zwei unheimlich schillernde und fantastische Werke, zwei Tondichtungen, die in vielem sehr ähnlich sind. Da steckt eine Idee hinter, weil es zuerst einmal sehr humoristische Werke sind, zwei legendäre, bekannte Gestalten mit berühmten literarischen Vorlagen. Und beide stehen nicht nur für das Komische, sondern sie wollen die Welt auch in einem großen Streben, einer Vision nach einem neuen Ideal verbessern. Der Eine, Till Eulenspiegel, führt der Obrigkeit ihrer Fehler vor, um die Welt besser zu machen, und der Andere, Don Quichotte, kämpft für Wohlstand, für Gerechtigkeit, für Wohltätigkeit. Das sind zwei sehr ähnliche Linien. Außerdem sind beide unsterblich verliebt: Der Eine in seine ferne Geliebte, die Dulcinea - der Andere ist ein richtiger Frauenheld. Das ist schon spannend, ein Konzert mit einem kurzen Stück zu beginnen und dann mit einem großen, epischen Stück am Ende so zu rahmen.

"Don Quichotte" ist mit zwei Protagonisten besetzt: Sancho Panza und dem Ritter von der traurigen Gestalt. Meistens ist es so, dass für das Cello-Solo, also den Quichotte, ein Solist engagiert wird - das haben Sie in diesem Fall auch getan -, und das Bratschen-Solo aus dem Orchester besetzt wird.

Hotz: So ist es. Richard Strauss schreibt natürlich auch ein verkapptes Cello-Konzert. Die vielen Anklänge an die Tradition der Cello-Literatur sind hier ganz klar zu spüren. Und da braucht man einen hochkarätigen Solisten, der das in all den Charakterschilderungen so verkörpern kann. Und ich bin sehr dankbar, dass wir Alban Gerhardt dafür haben.

Alban Gerhardt: Am Anfang haben das oft die Solo-Cellisten gespielt - das wird jetzt auch noch ab und zu getan. Aber ich bin immer sehr dankbar, wenn ich als außenstehender Solist geholt werde, weil ich das Stück über alles liebe.

Was für einen Don Quichotte porträtieren Sie mit Ihrem Instrument, Herr Gerhardt?

Gerhardt: Ich bin mit der Interpretation von Rostropowitsch aufgewachsen, habe auch die Karajan-Rostropowitsch-Version live gehört. Ich sehe aber einen ganz anderen Don Quichotte vor mir: viel philosophischer, viel tragischer und viel zerbrechlicher. Rostropowitsch hat das phänomenal als so einen russischen, bärischen Don Quichotte dargestellt - und meiner hat ein bisschen mehr Zerbrechlichkeit drin.

Also gar nicht der gelungenste Ulk, den ein Karnevalshumor je ersonnen habe, wie ein Kritiker nach der Uraufführung schrieb?

Gerhardt: Wirklich, das hat einer geschrieben? Dann möchte ich nicht die Uraufführung gehört haben. Eigentlich, wenn es richtig gut klappt, auch dieses Ende: Er legt sich hin, um nie mehr aufzustehen, wo dann sein Leben an ihm vorbeizieht - das muss eigentlich so sein, dass einem die Tränen kommen. Also lustig ist das gar nicht.

Herr Hotz, Sie ermöglichen den Konzertbesuchern eine Art Wechselbad der Gefühle. Denn zum Ausklang kommen die "Vier letzten Lieder", entstanden nach dem Zweiten Weltkrieg im Schweizer Exil, als eine Art musikalisches Vermächtnis. Kann man das so sehen?

Hotz: Absolut. Das sind zwei große Pole an diesem Abend. "Till Eulenspiegel" genauso wie "Don Quichotte" sind Werke aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert - und erst 1948 schreibt er die "Vier letzten Lieder". Das ist interessant: Dort, wo er bei den Tondichtungen ins Äußere geht und den Tod von zwei Helden beschreibt, ist das so etwas wie die Vorwegnahme seines eigenen Ablebens in den "Vier letzten Liedern". Es sind vier unglaublich berührende Lieder nach Gedichten von Hermann Hesse und Joseph von Eichendorff, und diese Bezeichnung, dass er hier eine Art Vermächtnis geschrieben hat, trifft in vielem zu.

Heute ist auch der 130. Todestag von Tschaikowsky. Herr Hotz, welche Rolle spielt Tschaikowsky in Ihrem Künstlerleben?

Hotz: Eine bedeutende. Ich glaube, er geht an keinem Dirigenten vorbei, und wir sind auch sehr froh darüber. Wenn ich an all die russischen Komponisten denke, ist er doch der wichtigste, der bedeutendste, auch der auf alle anderen Komponisten einflussreichste. Das Schöne ist: Er ist jemand, der nicht ein national-russischer Komponist ist - sicherlich gibt es Züge in diesem Werk -, aber er ist vor allem ein Kosmopolit gewesen. Er war letztlich der erste russische Komponist, der sich mit europäischer Musik, mit der Musik von Mozart, von Beethoven beschäftigt, der diese Reisen begangen hat - und das merkt man. Er war ein unglaublich offener Mensch, der sich politisch engagiert hat, der sich für Menschenrechte, für die Gleichberechtigung von Frau und Mann eingesetzt hat, gegen die Todesstrafe war. Da kommt vieles zusammen, was ihn sehr sympathisch macht.

Das Interview führte Christiane Irrgang.

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Klassikboulevard | 06.11.2023 | 14:20 Uhr

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