"Katapult" expandiert wieder: "Die richtigen Weichen gestellt"
Benjamin Fredrich ist Gründer und Herausgeber des Magazins "Katapult". An das Magazin angedockt ist der Katapult-Verlag. Vor einem Jahr wurde ein Hilferuf ausgesandt - es drohte die Insolvenz. Mittlerweile expandiert "Katapult" wieder.
Wie erinnern Sie die Zeit vor einem Jahr? Sie mussten Sich ja existenzielle Fragen stellen.
Benjamin Fredrich: Ich betrachte das mit Demut. Das ist eine harte und unangenehme Zeit für uns gewesen. Ich bin bis heute dankbar, dass uns so viele Leute geholfen haben: unseren Shop leer gekauft, Abos abgeschlossen und uns auch geglaubt haben. Wir waren in der Lage, den Laden komplett umzukrempeln und auf viel sicherere Beine zu stellen.
Sie haben mal gesagt, ohne die drohende Insolvenz wären Sie jetzt nicht da, wo Sie sind. Wie ist das gemeint?
Fredrich: Ohne diese Insolvenz hätten wir nicht die richtigen Weichenstellungen gemacht, um jetzt die Stärke zu haben, nach Brandenburg, Sachsen und Thüringen zumindest einmalig expandieren zu können - und wenn es richtig gut läuft, auch dauerhaft zu bleiben. Das liegt daran, dass wir bis zu der Insolvenz ganz viele Sachen gemacht haben, die zu teuer waren, aber nicht so viel gebracht haben. Wir haben Probleme nicht gelöst, die man aber als Geschäftsführer lösen muss. Das lernt man manchmal, wenn man ein bisschen härter auf die Fresse fällt.
Die Expansion in Richtung Thüringen, Sachsen und Brandenburg hat natürlich mit den Landtagswahlen zu tun. Was ist da der Plan?
Fredrich: Wir wollen alle Nichtwähler und Leute, die überlegen, erreichen. Noch mal ganz klar zeigen, dass rechtsextreme Parteien eine bestimmte Auswirkung haben. Dass die Demokratie abgeschafft werden soll, dass die mit Partnern aus Russland, aus Ungarn, aus Polen zusammenarbeiten, dass die das ganz klar auch schon in der Vergangenheit gemacht haben. Wir wollen klar ansagen, dass es keine Protestpartei ist, dass man sie auch nicht zum Spaß wählen sollte, sondern dies ganz harte Auswirkungen auf unsere Gesellschaft hat, die wir so noch nicht bei uns kennen. Das ist das Ziel.
Welche Rolle spielt das Magazin "Playboy", das bei dieser Aufklärungskampagne auch mit an Bord ist?
Fredrich: Das ist eines der schönsten Beispiele: Die Geschäftsführerin des "Playboy" Deutschland hat sich bei uns gemeldet und gesagt, dass sie sich eigentlich gar nicht so sehr politisch betätigen, aber in dieser Zeit, wo die AfD so stark und so extrem geworden sei, wollten sie das nicht weiter mit angucken und legen ihre Auflage den Zeitungen bei, die wir jetzt produziert haben. Und sie haben uns auch finanziell unterstützt. Das finde ich besonders schön, weil "Katapult" manchmal das Problem hat, dass wir aus unserer Bubble, also den Leuten, die wir sowieso erreichen, nicht so richtig ausbrechen. Das Problem hat jedes Medium und solche Kooperationen schaffen das dann. Da stoßen wir auf Leute, die nicht so sind wie die von "Katapult". Das finde ich total wertvoll, dass wir ganz viele unterschiedliche Gesellschaftsschichten ansprechen.
Es gibt inzwischen einen Ukraine-Ableger, von dem Sie auch Chefredakteur sind. Sie sind auch schon mehrfach in die Ukraine gefahren. Was ist das genau für ein geopolitisches Magazin, "Katapultu"?
Fredrich: Es nennt sich mittlerweile nur noch "Pultu", weil das manche mit "Katapult" verwechselt haben. Da geht es nur um Geopolitik. Das "Katapult"-Magazin macht ja Karten, Grafiken, Studien - und bei "Pultu" konzentrieren wir uns auf Krieg und Frieden, auf Geopolitik, auf Diplomatie. Dort sind auch Fotos erlaubt. Bei "Katapult" sind Fotos eigentlich verboten, wir machen nur Illustrationen. Aber bei "Pultu" machen wir auch ausführliche Reportagen.
Sie mussten erleben, dass eine Rakete die Druckerei in der Ukraine getroffen hat. Wie ist die Situation dort momentan?
Fredrich: Die Leute dort drucken erst mal weiter. Getroffen wurde die Buchbinderei, da sind sieben Leute gestorben und 14 wurden schwer verletzt. Das ist bis heute ein großer psychischer Schaden und psychischer Stress, den die Leute da vor Ort haben. Aber die Druckerei hat erstmal weitergemacht und lässt in anderen Druckereien binden. Gleichzeitig wird versucht, die Maschinen, die noch funktionieren, wieder in ein System einzubinden, wo man wieder binden kann. Es werden neue Maschinen beschafft, es gibt Pläne, und es wird auch schon umgesetzt, diese Volldruckerei wieder in Gang zu setzen.
Sie sind ein Beispiel für eine junge Generation von Verlegern, Herausgebern, die ungewöhnliche Wege gehen, dabei zum Teil auch mal anecken in der Branche. Es gibt immer wieder Hilferufe von kleinen, unabhängigen Verlagen: Viele arbeiten unter prekären Bedingungen, ohne eine vernünftige wirtschaftliche Perspektive. Was können Sie aus Ihrer Erfahrung weitergeben?
Fredrich: Die Nähe zu den Leuten zu suchen, vor Ort zu sein. Im Journalismus nicht nur noch vom Sessel und vom Schreibtischaus zu agieren, sondern mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Das hilft immer und gibt vor allem ganz viele neue Ideen, wie man etwas unorthodox, kreativ machen kann. Das ist am Ende so ein bisschen die Irritation, die stattfindet und die Leute weiter an dieses Projekt denken oder in einer Kneipe darüber reden lässt. Man muss von dieser Normalität abweichen.
Das Interview führte Philipp Cavert.