KZ-Gedenkstätte Neuengamme erinnert auf TikToK an NS-Verbrechen
Die KZ-Gedenkstätte in Neuengamme bei Hamburg will die junge Generation auf TikTok erreichen. Die Geschichtsstudentin Marie Zachger veröffentlicht in Sozialen Medien Videos über den Ort und die Menschen, die dort waren.
Seit mehr als zwei Jahren arbeitet Marie Zachger in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Sie erinnert in den Sozialen Medien an die Verbrechen der NS-Zeit. "Am Anfang war es schon gewöhnungsbedürftig. Ich hatte auch schon Mal ein Praktikum hier gemacht - das war sehr komisch für mich diesen Ort am Ende auch als Arbeitsstelle wahrzunehmen. Jeden Tag hierher zu kommen, seine eigene Lunchbox dabei zu haben, über den ehemaligen Appell-Platz zu laufen", erzählt sie.
Arbeit endet oft nicht beim Feierabend
Ein Alltag an einem sensiblen Ort. Eine Arbeit, die oft nicht mit dem Feierabend endet. "Es gibt schon Momente und auch Situationen, die einem natürlich nahe gehen. Geschichten, von denen man erfährt oder einfach Menschen, die man trifft. So etwas kann man nicht einfach hier lassen." Das findet sie aber tatsächlich auch gut, sagt Zachger. "Ich will das auch gar nicht hier lassen, sondern mitnehmen und auch weitertragen und mit Freunden und Familie teilen. Wenn mich das nicht berühren würde, würde mir das tatsächlich eher zu denken geben, als anders herum."
Digitale Besucher ernst nehmen
Das erste Mal war Zachger mit ihrer Schulklasse in der Gedenkstätte. Sie ist dort in der Nähe aufgewachsen. Jetzt studiert sie Geschichte im Master und teilt ihr Wissen auf TikTok - einem sozialen Netzwerk, das eigentlich eher für Unterhaltung bekannt ist. Dort erreicht die Gedenkstätte vor allem ein jüngeres Publikum. "Was ich gut finde ist, dass wir die digitalen Besucher genauso ernst nehmen, wie die, die uns hier analog besuchen. Auch das ist wichtig, wenn man diese Menschen erreichen möchte und für diese Menschen einen Zugang ermöglichen möchte."
Auf Englisch internationales Publikum erreichen
Für TikTok steht sie auch vor der Kamera. Erzählt heute über das Klinkerwerk des Konzentrationslagers. Dafür braucht sie nicht viel. Ein Handy, Mikrofon, ein Stativ und Licht. Der Kanal der Gedenkstätte hat auf TikTok mehr als 36.000 Abos. In den etwa eine Minute langen Videos spricht Zachger auf Englisch. Damit wird auch ein internationales Publikum erreicht. "Ich hab mich sehr daran gewöhnt und es fühlt sich auch natürlicher an, als direkt auf Deutsch loszulegen. Tatsächlich hätte ich dadurch mehr Schwierigkeiten und ich fühle mich damit sicherer." Die Gedenkstätte hat eine lange und bewegende Geschichte. In der NS-Zeit produzierten hier Zwangsarbeiter vor allem Klinkersteine. Doch auch nach dem Ende des zweiten Weltkriegs wurde der Ort genutzt. Beispielsweise als Fabrik-Gelände.
KZ-Gedenkstätte Neuengamme birgt "wahnsinnig viele Geschichten"
"Für mich ist es einfach ein sehr besonderer Ort, weil wahnsinnig viele Geschichten hier zu finden sind - wichtige Geschichten, die man nach wie vor erzählen sollte. Deshalb finde ich, dass dieser Ort tatsächlich wichtiger denn je geworden ist. Vor allem wenn man schaut, was für Diskussionen wir mittlerweile führen, in welche Richtung die Debatten gehen oder was für gewisse Parolen auch wieder salonfähig werden. Deswegen hat dieser Ort für mich gesamtgesellschaftlich gesehen eine hohe Relevanz." Es gibt noch viele Geschichten, die über die Gedenkstätte Neuengamme und die Menschen, die dort waren, erzählt werden müssen.