Imame "made in Germany" - Islamkolleg startet in Osnabrück
Am 15. Juni wird das "Islamkolleg Deutschland" in Osnabrück eröffnet. Das Ziel: Imame sowie Seelsorgerinnen und Seelsorger in Zusammenarbeit mit einer Universität praxisnah und verbandsübergreifend auszubilden.
Das Islamkolleg ist in dieser Form bundesweit einmalig. Noch immer kommt die große Mehrheit der muslimischen Geistlichen in den deutschen Moscheegemeinden aus der Türkei, aus Ägypten oder dem Nahen Osten. "Das ist ein Meilenstein, ein ganz wichtiger Punkt in der Geschichte der Muslime in Deutschland, dass es jetzt möglich ist, sich auch in Deutschland zu einem Imam ausbilden zu lassen", sagt Bülent Ucar. Der Direktor des Islamkollegs Deutschland kann es kaum erwarten: Mehr als zehn Jahre hat er sich für diese praxisorientierte Ausbildung von muslimischen Geistlichen stark gemacht: auf Deutsch, verbandsübergreifend und unabhängig. Denn Ucar möchte einen in Deutschland beheimateten, weltoffenen Islam vermitteln.
Bund und Land fördern Kolleg
Mitten in der Innenstadt von Osnabrück liegt das Islamkolleg - nur wenige Schritte entfernt vom Institut für Islamische Theologie. Am kommenden Montag beginnt hier die erste Blockveranstaltung für die 35 Kollegiatinnen und Kollegiaten. Gut die Hälfte von ihnen fängt mit der Imamausbildung an, die anderen muslimischen Geistlichen wollen sich weiterbilden. Der Bedarf ist groß, die Skepsis in so mancher Gemeinde auch. Ein Grund: Das Kolleg wird vom Bund und von dem Land Niedersachsen gefördert.
Bülent Ucar weist diese Kritik zurück und verweist auf die Unabhängigkeit des Islamkollegs: "Unser Auftrag ist zu zeigen, dass wir tatsächlich unabhängig sind von jeder staatlichen Beeinflussung. Wir möchten Muslime nicht belehren. Wir möchten muslimischen Gemeinden nichts oktroyieren, sondern die Arbeit lediglich professionalisieren und optimieren", erklärt Ucar.
Imame "made in Germany"
Predigtlehre, Koranrezitation, Seelsorge und Gemeindepädagogik stehen unter anderem auf dem Lehrplan. Mehmet Akif Dökmetas aus Hameln hat lange auf so ein Weiterbildungsangebot gewartet. Der junge Mann hat bereits Erfahrung als Imam und Seelsorger gesammelt und ist nun auf Honorarbasis im Justizstrafvollzug beschäftigt. "Ich war immer für Made-in-Germany-Imame, in deutscher Sprache, damit das eine Anerkennung gewinnt. Das ist für mich wichtig", betont Dökmetas.
Denn mit dem Wandel der Generationen in den Gemeinden verändern sich die Erwartungen an muslimische Geistliche, beobachtet auch Dökmetas: "Es gibt nie einen Super-Imam, aber wenn man heutzutage die Gemeinden betrachtet, macht der Imam fast alles. Er ist Sozialarbeiter, Pädagoge, Erzieher, Prediger. Deswegen finde ich bei dieser Ausbildung gut, dass man von jedem etwas lernt: soziale Arbeit, Gemeindepädagogik - das war bisher nur 'learning by doing' in den Gemeinden."
Gelingt die Akzeptanz in der Gemeinden?
Doch die Berufsperspektiven für die Absolventen sind noch unklar. Werden sie von den Gemeinden überhaupt akzeptiert - und wer bezahlt sie? Bisher unterstützen nur wenige Moscheeverbände das Islamkolleg: die Islamische Gemeinschaft der Bosniaken etwa und der Zentralrat der Muslime. Außerdem gibt es bereits Ausbildungsangebote der großen Islamverbände in Deutschland, beispielsweise vom umstrittenen deutsch--türkischen Islamverband DITIB. Trotz dieser Probleme ist Rauf Ceylan, Religionssoziologe am Osnabrücker Institut für Islamische Theologie, von dem Modellprojekt überzeugt: "Dass wir Imame, Seelsorgerinnen, Imaminnen ausbilden, die nicht nur auf Augenhöhe sind mit den Imamen, die aus der Türkei kommen, sondern darüberhinaus Imame, die eine Brückenfunktion übernehmen können. Auf die Qualität kommt es an."
Mit einer guten Ausbildung allein sei es nicht getan, meint Kollegdirektor Bülent Ucar. Er schlägt vor, Gemeinden, die in Deutschland ausgebildete Imame einstellen, staatlich zu fördern. Beim Aufbau von sozialer Arbeit etwa: "Nur so wird man in Deutschland unabhängige Strukturen auf die Beine stellen können und nur so werden auch die Personen, die wir jetzt ausbilden, mittel- und langfristig in den Gemeinden mit dieser finanziellen Unterstützung eingestellt werden können."