Die Fahrt nach Celle führt vorbei an überfluteten Weideflächen. Bäume scheinen aus dem Wasser zu wachsen. Die Straßen sind aber frei und so auch die Einfahrt zu dem kleinen Häuschen. Kaum zu glauben, dass hier vor einer Woche alles überflutet war: "Man sieht es hier vorne, es stand kurz vor der Haustür. Das heißt, wir hatten noch so 25 Zentimeter Platz. Nervenkitzel!", sagt Lars Palzer. Er zeigt Fotos, auf denen das Haus vom Wasser eingeschlossen ist.
"Das Wasser kam in unserem Fall auch über diese Straße und es war wie so ein kleiner Bach, der stetig floss. Wir konnten minütlich das Grundstück volllaufen sehen", so Hanna Palzer. Im letzten Jahr haben Hanna und Lars das Haus gekauft, im Frühjahr wollen sie einziehen. Dazwischen: Hochwasser. Das war in diesem Fall sogar hilfreich, erzählt Architektin Susanne Witt. Denn Hanna und Lars planen einen modernen Holzanbau - genau dort, wo letzte Woche noch das Wasser wie ein See stand:
"Der erste Ansatz war: Wir wollen barrierefrei bauen. Das hätte bedeutet, den Anbau eben nicht höher zu setzen, denn Barrierefreiheit ist ja auch ein Thema in unserer Gesellschaft", erzählt die Architektin. Das aktuelle Hochwasser hat die jungen Hausbesitzer zum Umdenken bewogen. Die beiden Frauen holen die neuen Pläne für den Anbau raus: "Das Ganze soll eigentlich eine Holz-Rahmenbauweise werden aus Nachhaltigkeitsgründen. Wir wollten immer ein Holzhaus schaffen. Das hätten wir ja nie unten bauen können. Das heißt, wir bauen einen massiven Sockel, gehen richtig hoch", erklärt Susanne Witt.
Ein alter, ein moderner Teil, der zweite höher als der erste und damit über der kritischen Hochwasser-Grenze. Verbunden sind die Hausteile mit drei Stufen. Ein charmanter Stilmix: "Wenn man im Hochwassergebiet baut, wird es nach Hochwasser aussehen und das muss auch nicht negativ sein", so die Architektin.
Auf jeden Fall will alles gut überlegt sein. Die Wassersituation in Celle ist schwierig: Viele Flüsse und Bäche fließen hier zusammen. Grundwasser, Schichtenwasser und die Hochwasserlage müssen mitgedacht werden. Dass hier überhaupt gebaut werden darf, liegt an den Bauplänen, die nach dem Krieg in den 60er-Jahren entstanden sind. Es musste Bauland her - und zwar schnell. Die Häuser von damals sind heute besonders gefährdet. Das gilt auch für das bestehende Haus von Hanna und Lars. Wie können sie es schützen?
TON Susanne/Hanna: Man muss genau überleben, wo sind Öffnungen, die tiefer liegen, und muss da dann überlegen: Baut man da beim Eingang zum Beispiel eine kleine Mauer seitlich, auch als Absturzsicherung, die etwas höher ist… / Einige haben sich noch schnell eben zwei Reihen aufgemauert vor den Türen, andere haben Multiplexplatten gekauft und mit Silikon abgedichtet. Wir reden jetzt gerade über Klemmschotten, die man sich vielleicht zulegt, die man in die Tür einbauen könnte. Die hätten den Vorteil, dass man bei Hochwasser auch noch ins Haus rein- und wieder rauskommt.
Hanna Palzer hat sich übrigens ganz bewusst auf dieses Haus eingelassen. Sie ist in der Nähe aufgewachsen und hat schon als Kind in den überschwemmten Straßen gespielt. Jedes Hochwasser ist anders, sagt sie. Dabei ist dabei ganz klar: "Wir hatten Glück, in unserem Keller stand das Wasser nur einen Zentimeter hoch, aber die Nachbarn hatten teilweise Keller, die waren sehr stark betroffen. Denen konnten wir dann unseren Nasstrockensauger ausleihen, die waren sehr dankbar - so macht man sich gleich Freunde zu Beginn der neuen Nachbarschaft."