Erfolg in Locarno: Hamburger Regisseur stellt Debütfilm "Der Fleck" vor
Der deutsche Regisseur Willy Hans hat eine lobende Erwähnung für sein im Nachwuchs-Wettbewerb "Filmemacher der Gegenwart" gezeigtes Spielfilm-Debüt "Der Fleck" bekommen. Im Interview erzählt der Hamburger worum es in seinem ersten Langfilm geht.
Sie machen seit über zehn Jahren Kurzfilme. Der Fleck ist Ihr erster langer Film und wurde direkt zum Filmfestival nach Locarno eingeladen. Er ist auch für einen Preis nominiert in einer Kategorie, die sich an junge Filmemacher*innen richtet. Wie aufregend ist diese Einladung?
Willy Hans: Das kam überraschend. Ich habe eine SMS gekriegt, in der stand: 'Wir würden Dich gerne einladen.' Das hat mich natürlich wahnsinnig gefreut, meinen ersten Langfilm auf so einem tollen Festival wie Locarno zu zeigen. Ich habe "Der Fleck" vor zwei Jahren tatsächlich auch dort gepitcht. Es gibt dort Industrieveranstaltungen, wo es eine Vorauswahl gibt und man dann eingeladen wird, seinen Film vor professionellem Publikum zu pitchen. Und jetzt kam die Einladung nach Locarno - das ist total super.
Der Begriff des "Flecks" wird in Deutschland je nach Region unterschiedlich gebraucht. Mit welcher Definition verbinden Sie den "Fleck", auch in Bezug auf den Film?
Hans: Für mich war die Entscheidung, den Film so zu nennen, weil er im Deutschen zwei Bedeutungen hat: der Fleck auf einem Stück Stoff. Im Film gibt es so einen kleinen Nasenblutenfleck auf einem weißen T-Shirt. Aber gleichzeitig ist es auch dieser kleine Ort. In meinem Film ist es dieses Flussufer, der geheime Ort, an dem sich die Jugendlichen nachmittags treffen, um abzuhängen. Es gibt diese kleine Doppeldeutigkeit im Titel.
Wir begleiten Jugendliche zu einem abgelegenen Flussufer, und da gibt es nicht so viel zu tun: Die hängen dort ab, quatschen, rauchen. Was für eine Geschichte über die Jugend möchten Sie mit diesem Setting erzählen?
Hans: Ich habe gar nicht so eine Message oder etwas, das ich loswerden will. Was mich am Filmemachen vielmehr interessiert, ist das Zuschauen: die Jugendlichen und deren Lethargie, dieses Rumgelaber, diese kleinen Sticheleien, die verschiedenen kleinen 'love interests' zwischen ihnen. Mein Interesse am Filmemachen ist, etwas zu erzählen, über das ich Bescheid weiß - etwas anderes würde mir, glaube ich, gar nicht so richtig gelingen.
Wenn ich zurückblicke, ist das etwas, was ich aus meiner eigenen Geschichte auch kenne und was ich als filmischen Gegenstand sehr toll finde, weil es eine sehr große Dramatik gibt, aber zugleich auch gar keine Dramatik, weil einfach nichts passiert und es so dahinplätschert. Zeit hat einen anderen Charakter für die Jugendlichen als sie es vielleicht für uns Erwachsene hat.
War diese Lethargie ausschlaggebend, um aus dem Kurzfilm "Der Fleck" einen Langfilm zu machen, weil es eben diese Zeit braucht, um die auch miterleben zu können?
Hans: Die Lethargie an sich war weniger der Grund. Der Grund, diesen Langspielfilm zu machen, war, dass ich da breitere erzählerische Möglichkeiten habe. Meine Kurzfilme handeln sehr viel von individueller Andersartigkeit, wie Figuren nicht zueinanderfinden und so weiter. Und bei dem Langspielfilm war mir wichtig, das mitzuerzählen, aber auch zu erzählen, wie sich Menschen treffen, also die Möglichkeit von Zuneigung und Begegnung. Diesen globalen erzählerischen Bogen zu erzählen, war ein bisschen schwierig in den Kurzfilmen. Beim Langfilm war es mir wichtig, den Kontrast mit zu erzählen.
Sie schreiben die Drehbücher für die Filme meist selbst, kümmern sich auch ab und an um den Schnitt und führen Regie. Warum? Ist das einfach billiger? Oder hat man da die komplette Macht über alle Bereiche?
Hans: Das ist eine gute Frage. Ich habe an der Kunsthochschule in Hamburg studiert, und der Zugang zum Film ist dort ein bisschen anders, als man es klassischerweise an Filmhochschulen lernt. Die Grundidee ist, dass man sich als Filmautor begreift. Man schreibt etwas auf und bringt es dann über einen Dreh- und einen Schnittprozess auf die Leinwand. Für mich ist jeder Entwicklungsschritt gleich wichtig oder gleichbedeutend. Im Schnitt entsteht für mich der Film genauso, wie er im Prozess des Schreibens entsteht und im Prozess des Drehens. Von daher würde diese Sachen gar nicht so gerne abgeben, weil ich das Gefühl habe, dass das ein sehr gleichförmiger Gesamtprozess ist, von Anfang bis Ende.
Welche Erwartungen haben Sie an das Filmfestival?
Hans: Ich freue mich natürlich total drauf. Sehr viele Teammitglieder werden mitkommen, und wir werden eine ganz gute Party da haben. Ich bin natürlich auch ein bisschen aufgeregt, weil es letztendlich auch ein berufliches Event ist, wo man noch über den Film sprechen kann. Man muss schon sehr präsent sein, und das ist verbunden mit einer gewissen Aufregung. Aber das wird auf jeden Fall schön.
Das Interview führte Charlotte Oelschlegel.