Stand: 27.05.2020 17:38 Uhr

Frank Schulz über sein Hörspiel "Szenen in Beige"

In dem Hörspiel "Szenen in Beige" geht es um einen 59-Jährigen, dem es allergrößte Probleme bereitet, demnächst 60 zu werden. Der Autor dieses Hörspiels, Frank Schulz, hat diesen großen Schritt bereits hinter sich.

Herr Schulz, die zugrunde liegende Erzählung haben Sie schon vorher geschrieben, als es Ihnen so ging wie Thomas Bratting, der Mann, der bald 60 wird. Könnten Sie ihm heute etwas Beruhigendes sagen? Ist es vielleicht gar nicht so schlimm, 60 zu werden?

Frank Schulz © picture alliance/dpa
Der Schriftsteller Frank Schulz ist im Februar 63 geworden.

Frank Schulz: Ja, in der Tat. Die schlimmsten Schocks sind verwunden. Allerdings war es nicht nur dieses Datum, sondern auch vorher schon ein leichter Schlaganfall, den ich erlitten hatte und den ich dann auch Thomas Bratting an den Hals gewünscht habe. Und beides zusammen war ein Anlass für mich, mich damit auseinanderzusetzen.

Thomas Bratting tut sich sehr schwer mit dieser 6 vor der 0. Wo drückt da der Schuh?

Schulz: Im Grunde genommen ist es irrational. Nichtsdestotrotz sind diese neuen Zahlen an erster Stelle immer etwas erschreckend: Das war bei der 30 nicht anders, bei der 40 schon gar nicht - bei der 50 war mir schon fast alles egal. Es ist immer dieser Zehner-Schritt, der einen ein bisschen erschreckt. Und bei der 60 ist es dann noch mal ein Qualitätsunterschied, weil viele in dem Jahrzehnt aus dem aktiven Berufsleben ausscheiden und Sonderrechte bekommen. Wenn man mit 18 volljährig wird, wird man ab 60 so langsam aus der Gesellschaft ausgemustert. Insofern hat das etwas Bedrohliches - ganz abgesehen davon, dass rein objektiv die Zeit auch immer kürzer wird.

Inwiefern ist das Ganze auch eine Männlichkeitskrise?

Schulz: Ich habe natürlich den besten Einblick aus der männlichen Perspektive. Ich habe mich auch sehr gut von meinen Freunden inspirieren lassen - da haben wir etliche Male darüber gesprochen. Ich glaube, auch bei Frauen wird das nicht viel anders sein - aber vielleicht gehen die gelassener damit um. Im Fall des Hörspiels gibt es auch noch einen speziellen Aspekt, den ich interessant fand: den großen Altersunterschied zwischen dem Hauptprotagonisten und seiner Lebensgefährtin. Das zu beleuchten, fand ich auch attraktiv, um auszuloten, was das genau zu bedeuten hat. So hat mein Protagonist beispielsweise überhaupt noch nicht darüber nachgedacht, dass bestimmte Dinge für Paare emotional wichtig sind, etwa zusammen alt zu werden. Das fällt für ihn in diesem Fall flach.

"Szenen in Beige" ist ursprünglich eine Erzählung gewesen. Sie sind in erster Linie Prosa-Autor, haben aber das Ganze zu einem szenischen Dialog umgearbeitet. Ist das eher eine Verstümmelung Ihres Textes oder eine Veredelung?

Schulz: Weder noch. In einem noch früheren Stadium waren es sechs Kolumnen für die Satirezeitschrift "Titanic" - da war es eine Anekdotensammlung, könnte man sagen. Ursprünglich hatte ich die Idee, aus dem Hörspiel eine Art episodisches Erzählen zu machen oder eine Nummernrevue. Mir hat das gezeigt, dass der Stoff an sich, 60 zu werden, offenbar verschiedene künstlerische Ausdrucksformen verträgt.

Sie haben schon einmal mit dem Regisseur Wolfgang Seesko zusammengearbeitet, bei der Hörspielfassung Ihres Romans "Onno Viets und der Irre vom Kiez". Das ist im Januar 2014 Hörspiel des Monats geworden. Jetzt haben Sie zusammen "Szenen in Beige" realisiert. Was macht dieses Duo Seesko-Schulz so erfolgreich?

Schulz: Ich habe das Gefühl, dass Wolfgang versteht, worum es mir geht. Ich fand es toll, wie er damals das Onno-Viets-Hörspiel umgesetzt hat. Sie müssen wahrscheinlich eher ihn fragen, wieso er das so gut hinkriegt - ich habe nur die Vorlage geliefert.

Das Gespräch führte Jürgen Deppe

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Journal | 27.05.2020 | 19:00 Uhr

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