Fischesser altern anders: Neue Methode zur Altersdatierung
Archäologen aus Dänemark und Deutschland untersuchten die gleichen Skelette - und kamen zu unterschiedlichen Ergebnissen. John Meadows von der Universität Kiel fand heraus, woran das lag - und entwickelte eine neue Methode zur Altersbestimmung.
Dänische Archäologen aus Kopenhagen und deutsche Archäologen aus Kiel untersuchten um 2018 herum die gleichen steinzeitlichen Gräber im noch friedlichen Russland - ohne voneinander zu wissen. Die Deutschen und Dänen bestimmen jeweils das Alter der Gräber und liegen im Ergebnis um 900 Jahre auseinander. Wie kann das sein? Einen Kieler Wissenschaftler ließ diese Frage nicht los.
Ernährung beeinflusst Altersbestimmung
Archäologe John Meadows von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel weiß eines ganz sicher: Die Dänen untersuchten die Zähne der Skelette aus der Steinzeit und die Kieler die Knochen. Warum Zähne und Knochen dergleichen Steinzeit Skelette zum Teil so unterschiedliche Ergebnisse bei der Altersbestimmung ergeben, nämlich fast 900 Jahre, darauf kommt John Meadows relativ schnell. Es liegt, so meint er, an der Ernährung. Die Menschen waren Fischesser, das heißt: "Je mehr Fisch die Menschen aus den russischen Steinzeitgräbern gegessen haben, desto älter schienen ihre Knochen zu sein", so Meadows.
Jan Steffen vom Exzellenzcluster Roots der Universität Kiel bringt es auf den Punkt: "Wenn ich jetzt mein Leben lang Fisch essen würde und in 300 Jahren würde jemand mal einen Knochen datieren, dann würde er sagen, ich habe im 18. Jahrhundert gelebt." Schuld an dieser ziemlich heftigen Ungenauigkeit ist die sogenannte Radiokarbonmethode, mit der Archäologinnen und Archäologen auf der ganzen Welt das Alter von Knochen bestimmen.
Meadows kombiniert dänische und deutsche Methode
Der Kieler Archäologe John Meadows kombinierte die Altersbestimmung der Zähne und der Knochen, also die dänische und die deutsche Methode, und begann zu rechnen. Es sei keine komplizierte Rechnung, wie er sagt. Jetzt hat der Kieler Archäologe seine Erkenntnisse in einem renommierten Wissenschaftsblatt veröffentlicht. Und das mit großem Echo: Seine Veröffentlichungen wurden 1.500 Mal heruntergeladen - für wissenschaftliche Arbeiten eine beachtliche Zahl, die sicherlich noch steigen wird.
Mit der Methode von Archäologe John Meadows ist es jetzt zum ersten Mal möglich, sich ein genaueres zeitliches Bild von Vorgängen in der Steinzeit zu machen, vor allem dann - was häufig passiert - wenn nur menschliches Knochenmaterial zur Verfügung steht. Und es gibt noch eine ganz verrückte Sache, erzählt John Meadows. Eine dritte Archäologengruppe aus den USA hat die Gräber und Knochen aus der Steinzeit ebenfalls untersucht. Deren Daten hat John Meadows jetzt zur Prüfung seiner eigenen Berechnungen herangezogen. Es funktioniert, sagt er: "Meine mathematischen Berechnungen können nicht so falsch gewesen sein."