Das Bild eines Fisches ist in eine Felswand gekratzt. © picture alliance / imageBROKER | Egmont Strigl

Fischesser altern anders: Neue Methode zur Altersdatierung

Stand: 06.03.2024 13:58 Uhr

Archäologen aus Dänemark und Deutschland untersuchten die gleichen Skelette - und kamen zu unterschiedlichen Ergebnissen. John Meadows von der Universität Kiel fand heraus, woran das lag - und entwickelte eine neue Methode zur Altersbestimmung.

Carry Goossens und Diether Krebs in einem Steinzeit-Sketch "Der Dicke und der Belgier" (1998). © picture alliance/United Archives | Frank Hempel
Beitrag anhören 3 Min

von Jens Zacharias

Dänische Archäologen aus Kopenhagen und deutsche Archäologen aus Kiel untersuchten um 2018 herum die gleichen steinzeitlichen Gräber im noch friedlichen Russland - ohne voneinander zu wissen. Die Deutschen und Dänen bestimmen jeweils das Alter der Gräber und liegen im Ergebnis um 900 Jahre auseinander. Wie kann das sein? Einen Kieler Wissenschaftler ließ diese Frage nicht los.

Ernährung beeinflusst Altersbestimmung

Archäologe John Meadows von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel weiß eines ganz sicher: Die Dänen untersuchten die Zähne der Skelette aus der Steinzeit und die Kieler die Knochen. Warum Zähne und Knochen dergleichen Steinzeit Skelette zum Teil so unterschiedliche Ergebnisse bei der Altersbestimmung ergeben, nämlich fast 900 Jahre, darauf kommt John Meadows relativ schnell. Es liegt, so meint er, an der Ernährung. Die Menschen waren Fischesser, das heißt: "Je mehr Fisch die Menschen aus den russischen Steinzeitgräbern gegessen haben, desto älter schienen ihre Knochen zu sein", so Meadows.

Der Archäologe John Meadows © Jan Steffen, Uni Kiel Foto: Jan Steffen
Die Veröffentlichung von John Meadows neue Knochenalterberechnungsmethode stößt in der Fachwelt auf ein großes Echo.

Jan Steffen vom Exzellenzcluster Roots der Universität Kiel bringt es auf den Punkt: "Wenn ich jetzt mein Leben lang Fisch essen würde und in 300 Jahren würde jemand mal einen Knochen datieren, dann würde er sagen, ich habe im 18. Jahrhundert gelebt." Schuld an dieser ziemlich heftigen Ungenauigkeit ist die sogenannte Radiokarbonmethode, mit der Archäologinnen und Archäologen auf der ganzen Welt das Alter von Knochen bestimmen.

Meadows kombiniert dänische und deutsche Methode

Der Kieler Archäologe John Meadows kombinierte die Altersbestimmung der Zähne und der Knochen, also die dänische und die deutsche Methode, und begann zu rechnen. Es sei keine komplizierte Rechnung, wie er sagt. Jetzt hat der Kieler Archäologe seine Erkenntnisse in einem renommierten Wissenschaftsblatt veröffentlicht. Und das mit großem Echo: Seine Veröffentlichungen wurden 1.500 Mal heruntergeladen - für wissenschaftliche Arbeiten eine beachtliche Zahl, die sicherlich noch steigen wird.

Mit der Methode von Archäologe John Meadows ist es jetzt zum ersten Mal möglich, sich ein genaueres zeitliches Bild von Vorgängen in der Steinzeit zu machen, vor allem dann - was häufig passiert - wenn nur menschliches Knochenmaterial zur Verfügung steht. Und es gibt noch eine ganz verrückte Sache, erzählt John Meadows. Eine dritte Archäologengruppe aus den USA hat die Gräber und Knochen aus der Steinzeit ebenfalls untersucht. Deren Daten hat John Meadows jetzt zur Prüfung seiner eigenen Berechnungen herangezogen. Es funktioniert, sagt er: "Meine mathematischen Berechnungen können nicht so falsch gewesen sein."

Weitere Informationen
Historische Dachbalken in einem alten Gebäude. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild Foto: Patrick Pleul

Projekt in Lübeck: Alter von historischen Holzbalken bestimmen

Zusammen mit der Technischen Hochschule und dem Bereich Archäologie und Denkmalpflege sollen zum Beispiel alte Dachstühle untersucht werden. mehr

Das Bild zeigt eine grafische Rekonstruktion eines Steinwalls als Treibjagdstruktur in einer spätglazialen/frühholozänen Landschaft. © Micha· Grabowski/Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde/dpa Foto: Micha· Grabowski/Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde/dpa

Sensationsfund in der Ostsee: 11.000 Jahre alte Mauer vor Rerik

Sie liegt in 21 Metern Tiefe in der Mecklenburger Bucht. Forscher glauben, dass Eiszeitjäger die Mauer für die Rentierjagd errichtet haben. mehr

Beschädigter Schädel eines Mannes vomSchlachtfeld im Tollensetal © Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa Foto: Jens Büttner

Tollensetal zur Bronzezeit: Europas ältestes Schlachtfeld

Auf dem ältesten bekannten Schlachtfeld Europas im Tollensetal bekämpften sich vor rund 3.300 Jahren bis zu 4.000 Menschen. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Moin! Schleswig-Holstein – Von Binnenland und Waterkant | 06.03.2024 | 18:30 Uhr

Hände halten ein Smartphone auf dem der News-Channel von NDR Kultur zusehen ist © NDR.de

WhatsApp-Channel von NDR Kultur: So funktioniert's

Die Kultur Top-News aus Norddeutschland direkt aufs Smartphone: NDR Kultur ist bei WhatsApp mit einem eigenen Kanal aktiv. mehr

Eine Grafik zeigt einen Lorbeerkranz auf einem Podest vor einem roten Hintergrund. © NDR

Legenden von nebenan: Wer hat Ihren Ort geprägt?

NDR Kultur erzählt die Geschichte von Menschen, die in ihrer Umgebung bleibende Spuren hinterlassen haben - und setzt ihnen ein virtuelles Denkmal. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mann und Frau sitzen am Tisch und trinken Tee. © NDR Foto: Christian Spielmann

Tee mit Warum - Die Philosophie und wir

Bei einem Becher Tee philosophieren unsere Hosts über die großen Fragen. Denise M‘ Baye und Sebastian Friedrich diskutieren mit Philosophen und Menschen aus dem Alltag. mehr

Mehr Kultur

Sänger Maxim von der Band The Prodigy während eines Auftritts in Kopenhagen 2023. © picture alliance / Gonzales Photo/Nikolaj Bransholm Foto: Gonzales Photo/Nikolaj Bransholm

Hurricane Festival: The Prodigy, Apache 207 und Sam Fender 2025 dabei

Die englische Elektro-Punk-Band The Prodigy und ein Who-is-Who der deutschen Pop- und HipHop-Szene haben sich für kommendes Jahr angekündigt. mehr

Das Logo von #NDRfragt auf blauem Hintergrund. © NDR

Umfrage zum Fachkräftemangel: Müssen wir alle länger arbeiten?