Entrüstung garantiert: Der "Arschlochpfad" in Klein Strömkendorf
In Klein Strömkendorf in Mecklenburg-Vorpommern kann man sich auf besondere Pfade begeben: Auf den "Lehrpfad der unholdigen Personen", im Volksmund auch "Arschlochpfad" genannt.
"Ich weiß, dass das nicht ganz stubenrein ist, aber es hat sich einfach so eingebürgert", sagt die Betreiberin des Pfades Marita Gronau. Sie ist Hotelbesitzerin, aber niemand, der sie da durch den Buchenwald hinter ihrem Gutshaus stapfen sieht, würde das vermuten. Sie trägt eine Lederjacke, eine bunt gemusterte Harlekinhose und macht klar: Ihr ist nichts heilig und was verboten ist, das reizt sie gleich ein bisschen mehr.
Eine Leninbüste machte den Anfang
Alles begann mit der Frage ihres Lebensgefährten, was er ihr von einer Geschäftsreise in Russland denn mitbringen solle. Ihre Antwort: Eine Leninbüste! "Er war in Uljanowsk, da gab es sowas nicht. Sein Chauffeur hat vier Stunden gesucht, der hat gesagt: So ein Touristenquatsch gibt es nur in Moskau. Und dann kam er unverrichteter Dinge wieder. Wir stehen auf dem Balkon, und gucken, was wir noch aushecken können und er fragt mich: 'Was wolltest du mit einer Leninbüste?' Und dann sag' ich: 'Die wollte ich da hinten in den Wald stellen und täglich seiner Missetaten gedenken.'", so Marita Gronau.
Bronzeskulpturen in Originalgröße
Und da steht er nun: ein kleiner Lenin. Marita Gronau schwört: Alle Bronzeskulpturen haben Originalgröße. Der Standort allerdings ist bedenklich, denn der Lenin steht auf Landesforst. "Das war ein Versehen, ich hab' mich vermessen. Das Forstamt Bad Doberan weiß das, ich hab es inzwischen so genehmigt bekommen, wenn ich sie von der Haftung ausschließe. Das heißt, wenn Lenin jetzt einen Baum auf den Kopf bekommt, haftet die Landesforst nicht."
Ein Ast setzte Trumps Dickschädel zu
Kürzlich hat es Trump erwischt. Ein Mecklenburger Ast hatte dem amerikanischen Dickschädel ziemlich zugesetzt. Mittlerweile wurde die Skulptur wieder aufgestellt. Die Krawatte scheint wieder zu flattern und das Toupet, das an einen Hahnenkamm erinnert, steht 1 A auf dem Kopf. Nur die Fundamentfrage ist eine heikle. Wer einen Skulpturenpark in seinem Wäldchen errichten will, taucht tief in die deutsche Bauordnung ein.
Eine Frage des richtigen Fundaments
"Die deutsche Bauordnung sieht vor, dass ich in meinem Wald Rohrfundamente verwenden darf, nur hatte ich das schon bei Herrn Lenin, bei Herrn Bush und bei Herrn Chruschtschow falsch gemacht. Bei Herrn Trump haben wir das dann ein Rohrfundament genommen, das haben wir viel tiefer gemacht als die Plattenfundamente, trotzdem hat er keine zwei Jahre gebraucht, bis er auf der Seite lag. Inzwischen steht auch Herr Trump wieder auf einem Plattenfundament, aber nicht dem Amt petzen."
Hitler und Stalin dürfen hier nicht stehen
Und das Amt, das den Bauantrag genehmigen sollte, hatte auch Bedenken, was den Namen dieses einmaligen Wanderwegs angeht. "Dann kam der Antrag mit einem netten Hinweis zurück, das Wort 'Arschloch' geht nicht durch. Deshalb heißt der Lehrpfad heute der 'Lehrpfad der unholdigen Personen'", erzählt Marita Gronau. Gestaltet und gegossen werden diese Unholde in einer Werkstatt in Polen. Für Gronau war klar: Hitler und Stalin dürfen hier nicht stehen. Honecker mit keckem Hütchen und Erdoğan mit strenger Bundfalte schon.
"Ich finde, wenn man zwischen Denk und Mal ein Leerzeichen macht, dann haben auch diese Sachen ihre Rechtfertigung. Zwei Unholde stehen noch auf ihrer Liste. Bei Kim Jong-Un hat Marita Gronau ein bisschen Respekt, dass der Materialeinsatz etwas teuer wird, schließlich soll auch der möglichst realistisch im Wäldchen von Klein Strömkendorf stehen. Und bei Wladimir Putin hört der Spaß dann doch auf.
Gießer traut sich nicht an Putin ran
"Ich hab' im September 2021 eigentlich den Herrn Putin bei meinem polnischen Gießer bestellt, dass er ihn mir nicht gegossen hat bisher, hängt mit dem Ukrainekrieg zusammen. Er hat mich im März angerufen und hat gesagt: 'Marita, jetzt muss ich doch erstmal zurück rudern.' Ich habe letzte Woche mit ihm telefoniert und er hat gesagt: 'Du kannst bestellen, was du möchtest, aber vor Putin habe ich gerade Angst.' So bleibt es wohl erstmal bei den sechs Skulpturen."
Aber Marita Gronau hat hier, rechts der Lichtachse in ihrem öffentlich zugänglichen Wald noch ziemlich viel Platz - insgesamt sind es gut fünf Hektar. Nur manchmal bei Nachrichtensendungen denkt sie trotzdem: Ihr Lehrpfad der unholdigen Personen ist noch deutlich zu klein.