Ein Jahr Kulturmühle - Bezahlbar, vielfältig und erfolgreich
Viele waren skeptisch, ob sich die Invesitionssumme von 45 Millionen Euro rechnen würde. Doch schon nach einem Jahr hat sich der Ort mit Theater, Museum, Touristeninformation und Café etabliert - über die Stadtgrenzen hinaus.
Hier am Fischerdamm in Parchim spielt die Musik. Hoch über dem Wasserwanderrastplatz an der Elde probt das Ensemble des Jungen Staatstheaters für die Premiere des Stücks "Hase und Igel". Parchims Intendant Thomas Ott-Albrecht streift entspannt durch Zuschauertraverse mit ihren 150 Plätzen.
"Das sind einfach mal Welten, zwischen dem, was wir vorher hatten und den Verhältnissen jetzt, wo man wahnsinnig viel machen kann" sagt er. Man habe sich diese Verhältnisse erst erobern müssen. Das vergangene Jahr sei mehr ein Ankommen gewesen als ein souveräner Umgang mit dem Haus.
Jahrelang hatten die Schauspieler keine große Bühne in der Kreisstadt, nachdem das alte Landestheater in der Blutstraße 2014 wegen Baufälligkeit gesperrt werden musste. Seit der Neueröffnung im Mai 2023 sind rund 29.000 Theaterbesucher in die Kulturmühle gekommen, zu Kinder- und Jugendstücken, plattdeutschem Theater, Liederabenden und Lesungen.
Wichtig auch fürs Selbstverständnis der Region
Thomas Ott-Albrecht ist für den Mut der Politik zu diesem Großprojekt dankbar: "Es trägt so unglaublich viel zum Selbstbewusstsein, für das Selbstwertgefühl der Menschen in dieser Region und für die kulturelle Bildung von Kindern und Jugendlichen bei. Das Geld, was hier investiert wurde, ist wirklich in die Zukunft investiertes, gut angelegtes Geld."
Gut 45 Millionen Euro hat der Umbau der alten Industriemühle gekostet, allein mit 15 Millionen ist die Stadt Parchim beteiligt. Dafür gab es 2020 Kritik vom Steuerzahlerbund: Der prognostizierte eine dauerhafte Überforderung für den städtischen Haushalt. Mittlerweile ist die Kritik verklungen, beobachtet Parchims Bürgermeister Dirk Flörke. "Kunst und Kultur sind selten wirtschaftlich zu sehen und zu betreiben. Es wird keine schwarze Null sein, das war uns von vornherein klar", sagt er. Nun gehe es darum, die Kulturmühle so gut wie möglich in die Nutzung bringen. "Natürlich wollen wir die Touristen, die den Weg nach Parchim finden, auch begeistern für unser Kleinod."
Stadtmuseum erhält bislang unbekannten Zulauf
Schon jetzt werde der Ruf des Hauses weit über die Landesgrenzen gehört. An der Touristeninformation kommen immer mehr Besuchergruppen aus Hamburg und Berlin an. Das beschert auch dem Stadtmuseum im vorderen, historischen Gebäudeteil einen bislang unbekannten Zulauf.
Museumsleiter Benjamin Kryl nennt Zahlen konkrete Zahlern: "Bei einem vollen Jahr - das letzte außerhalb von Corona - hatten wir so 800 Gäste im vergangenen Jahr haben wir im Mai eröffnet und haben trotzdem in 2023 etwa 9.000 Gäste." Mit den neuen Räumlichkeiten könne das stadtgeschichtliche Museum nun auch Sonderausstellungsflächen bieten und damit andere Themen bedienen."
Platz für Sonderausstellungen bietet Chancen
Die Dauerausstellung zur Stadtgeschichte als Kernstück wurde im Winter von der Schau "Der Wald und ich" flankiert. Das interaktive Erlebnis hat insbesondere viele Schulklassen in das Museum gelockt. In diesem Sommer wird die 11. Parchimer Kunstschau auf den 300 Quadratmetern der zusätzlichen Ausstellungsfläche gezeigt. Der Platz ist da, aber die Museumsmitarbeiter konnten noch nicht alle Objekte aus dem alten Haus ins neue bringen, erzählt Benjamin Kryl.
Kultur muss bezahlbar bleiben
"Unsere Sammlung ist in vielen Teilen eine Ansammlung, und wir haben erstmal angefangen, diese neu zu inventarisieren." Mehrere Tausend Objekte seien in der Datenbank. Da gelte es auch auszuwählen. "Wir überlegen natürlich bei der einen oder anderen Sache, ob es Sinn macht, wenn man zum Beispiel sieben oder acht Nähmaschinen hat: Reichen nicht eine oder zwei?"
Das Potential der Räume komplett auszunutzen, das dauert noch eine Weile. Am Ende zeigt die Verzehnfachung der Besucherzahlen den Erfolg des Museums auf. Und der Besuch solle für alle Gäste erschwinglich bleiben, sagt Bürgermeister Dirk Flörke. "Kunst und Kultur muss nicht teuer sein. Ich glaube, 3 und 5 Euro sind moderate Preise."