Harte Schale, weicher Kern: Schauspieler Peter Sodann ist tot
Er starb im Alter von 87 Jahren in Halle an der Saale, wie seine Familie am Sonntag mitteilte. Sein künstlerisches und politisches Wirken reichte weit über die Schauspielerei hinaus. Sodann war unbequem.
Ehrlich und direkt - so ist der Schauspieler Peter Sodann durchs Leben gegangen. Damit eckte er an, erst in der DDR, wo er einige Monate im Gefängnis saß. Später auch im wiedervereinigten Deutschland, wo er mit streitbaren Äußerungen für Aufsehen sorgte. Seine wohl bekannteste Rolle - die des grummeligen Hauptkommissars Bruno Ehrlicher im "Tatort" - war der Typ: harte Schale, weicher Kern.
Seine große Klappe half dem Arbeitersohn
Sodann wurde am 1. Juni 1936 im sächsischen Meißen geboren. Nach eigenen Angaben konnte er schon mit etwa fünf Jahren lesen. "Ich las alles, was mir in die Finger kam: deutsche Heldensagen, Wilhelm Hauffs Märchen, Karl May, Robinson Crusoe, Tarzans Abenteuer im Dschungel", erzählte er in seinen Erinnerungen mit dem Titel "Keine halben Sachen". Seine große Klappe half dem Arbeitersohn, sich zu behaupten.
Neun Monate saß Sodann in einem Stasi-Gefängnis
Nach einer Werkzeugmacherlehre und einem Ausflug ins Fach Jura studierte er an der Leipziger Theaterhochschule. Nebenbei leitete er den "Rat der Spötter", ein Kabarett, das 1961 wegen eines als konterrevolutionär befundenen Programms aufgelöst wurde. Wegen staatsfeindlicher Hetze wurde Sodann verhaftet und vom Studium ausgeschlossen. Neun Monate saß er im Gefängnis, später bespitzelte ihn die Stasi.
Helene Weigel holte in ans Berliner Ensemble
Nach spätem Studienabschluss holte Intendantin Helene Weigel den in Ungnade Gefallenen 1964 ans Berliner Ensemble. Wenig später drehte er mit Bernhard Wicki seinen ersten großen Kinofilm "Sansibar oder der letzte Grund". Über Engagements am Berliner Ensemble, in Erfurt, Chemnitz und Magdeburg kam er nach Halle. Dort besetzte er in den 1980er-Jahren mit Kollegen ein heruntergekommenes DDR-Kino - und schuf sich eine eigene Bühne: das "neue theater".
In der DDR erhielt er dann doch noch Anerkennung: 1986 bekam er den Nationalpreis. Im wiedervereinigten Deutschland erhielt er 2001 das Bundesverdienstkreuz. 2005 ließ die Stadt Halle den Vertrag mit ihm dann auslaufen, "das Theater wurde von mir losgesagt", nannte Sodann dies nicht ohne Bitterkeit in seiner Autobiografie.
Engagement als leidenschaftlicher Büchersammler
Danach widmete er sich mit vollem Einsatz weiteren Herzensprojekt: dem literarischen Erbe der DDR. Sodann sammelte seit 1989 mehrere Millionen Bücher, die zwischen 1945 und dem Ende der DDR im Osten Deutschlands gedruckt wurden und auf dem Müll zu landen drohten. Daraus richtete er in einem ehemaligen Rittergut im Örtchen Staucha im Landkreis Meißen eine DDR-Bibliothek ein. "Ich kämpfe gegen das Vergessen", sagte er. "Die Vergangenheit kann nicht einfach weggewischt werden."
Ambitionen als Abgeordneter und Bundespräsident
Auch politische Ambitionen hegte er. 2005 wollte er als Parteiloser für die PDS zur Bundestagswahl antreten, zog kurz darauf die Kandidatur zurück - er hätte sonst auf die "Tatort"-Rolle verzichten müssen. Von 1992 bis 2007 ermittelte sein Kommissar Ehrlicher erst in Dresden und später in Leipzig. Als Bruno Ehrlicher thematisierte er auch die Probleme des Umbruchs im Osten Deutschlands.
2009 trat Sodann als Linke-Kandidat zur Wahl des Bundespräsidenten an. Das brachte ihm Bewunderung bei Fans, aber auch viel Kopfschütteln ein. Als eher chancenloser Kandidat nahm er kein Blatt vor den Mund. Sodann forderte mal einen "Sozialismus neuer Prägung", bei dem das System der ehemaligen DDR freilich nicht als Vorbild dienen könne, mal erklärte er, als echter "Polizeikommissar" würde er Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann verhaften. Die Wahl verlor er gegen Amtsinhaber Horst Köhler.
Einer seiner Söhne, Franz Sodann (50), ist für die Linke Landtagsabgeordneter in Sachsen. Peter Sodann hatte vier Kinder und war zweimal verheiratet.