Debatte um Benin-Bronzen: "Kein Fiasko, sondern richtiger Schritt"
Nach ersten Restitutionen der Kunstschätze durch die Bundesregierung sorgt eine Eigentumsübertragung für neuen Debattenstoff. Barbara Plankensteiner, Direktorin des MARKK in Hamburg sagt im Gespräch, die Diskussion sei verfrüht.
Der Präsident Nigerias hat entschieden, dass die von Deutschland im Dezember restituierten Kunstwerke an eine einzige Person zurückgehen, den Oba von Benin, Oberhaupt des alten Königreichs Benin im heutigen Nigeria. Die emeritierte Ethnologin Brigitta Hauser-Schäublin kommentierte das so: "Für die deutsche Politik und die ihren Zielen dienenden Museumsleute endet damit die Rückgabe der Bronzen an das nigerianische Volk in einem Fiasko." Hat sie damit Recht?
Frau Plankensteiner, was würden Sie Frau Hauser-Schäublin entgegnen?
Barbara Plankensteiner: Ich würde das überhaupt nicht als Fiasko bezeichnen. Es ist kein Fiasko, sondern es war ein richtiger Schritt. Die Rückgabe erfolgte mit der Einsicht, dass es hier um einen unrechtmäßigen Erwerb der Objekte ging, die ganz klar koloniales Raubgut sind. Und die Rückgabe erfolgte bedingungslos.
Der Oba von Benin hat die Bronzen zurückgefordert und wird sie bekommen. Was könnte schlimmstenfalls passieren? Dass die im Palast irgendwo in privaten Gemächern verschwinden?
Plankensteiner: Nein. Prinzipiell ist es so, dass die ganze Diskussion verfrüht ist. Es gab die präsidentielle Erklärung, die vom scheidenden Präsidenten Buhari in seinem letzten Amtsmonat verfasst wurde. Es wird in Nigeria noch ziemlich viel Klärungsbedarf geben. Da müssen wir abwarten, wie sich das Ganze weiterentwickelt, wenn die neue Regierung ihre Arbeit im Juni aufnimmt. Zum Oba ist zu erwähnen, dass er immer wieder, auch öffentlich, kundgetan hat, dass er selbstverständlich die zurückgegebenen Objekte der Öffentlichkeit zugänglich machen wird.
Aber wie beobachten Sie dann diese ganze Diskussion? Sie ist plötzlich aufgeflammt, unterschiedlichste Positionen stehen im Raum. Unter anderem diese "Fiasko"-Position, die auch sagt, es sei vorschnell gewesen, diese Objekte zurückzugeben, weil diese Herrscherfamilie selbst Unrecht getan habe.
Plankensteiner: Man bezieht sich hier auf historische Ereignisse im 16. und 17. Jahrhundert. Ich finde es schwierig, das mit dem heutigen Königshaus und der heutigen Situation in Nigeria in Zusammenhang zu bringen. Genauso die Bezüge, die in diesem Artikel zur Militärdiktatur der 1980er- und 1990er-Jahre gezogen wurden. Wir sprechen heute, 30 Jahre später, von einer anderen Situation in Nigeria. Das ändert nichts an der Tatsache, dass diese Werke koloniales Raubgut waren und man sie jetzt restituiert hat.
Das heißt, in der Rückschau zu vergleichen, was gerecht und was ungerecht erworben wurde - das würden Sie für unsinnig halten?
Plankensteiner: Diese Werke wurden zurückerstattet, weil sie während einer kolonialen Invasion geraubt und auf der ganzen Welt verstreut wurden, unter anderem auch nach Deutschland gelangten. Dieses Unrecht wird durch die Restitution wiedergutgemacht. Es ist nicht unsere Aufgabe zu prüfen, was wann in der Geschichte wo geschehen ist. Es geht um diesen historischen Moment.
Was wird als nächstes passieren?
Plankensteiner: Eine neue Regierung wurde gewählt, nimmt ihre Arbeit im Juni auf. Dann wird das Thema vor Ort wieder aufgenommen und diskutiert werden. Wir müssen abwarten, wie man in Nigeria weiter verfährt. Wir haben bislang noch keine offizielle Mitteilung von der alten nigerianischen Regierung erhalten, und auch nicht von der National Commission for Museum and Monuments, die für das Kulturerbe in Nigeria zuständig ist. Diesen Moment müssen wir abwarten, um Klarheit zu gewinnen.
Es sind noch Objekte in Deutschland, auch bei Ihnen im Museum am Rothenbaum. Wie geht es weiter mit der Rückführung?
Plankensteiner: Wir haben einen Vertrag mit dem nigerianischen Staat unterschrieben, vertreten durch die nationale Museumsbehörde, dass ein Teil der Bestände als Leihgabe in den Museen verbleibt und ein Teil in nächster Zukunft zurückgeht, wenn Nigeria bereit dazu ist. An dieser Vorgehensweise hat sich nichts verändert. Drei Objekte wurden im Dezember während der Reise von Frau Baerbock und Frau Roth zurückgegeben.
Das Interview führte Mischa Kreiskott.