Andrew Franck: Vom Tenor an der MET zum Küster in Lübeck
Andrew Franck war vor allem auf Heldenrollen spezialisiert. Der Tenor hat in New York, London und Paris gesungen. Nun ist er der neue Küster der Lübecker St. Petri Kirche. Ein Ortsbesuch.
Die große backsteinerne Kirche mit ihrem grünen Dach steht mitten auf der Lübecker Altstadtinsel. Durch eine große Flügeltür geht es in den komplett weißen Kircheninnenraum. An der Seite befindet sich ein kleines weißes Räumchen, das ist der Arbeitsplatz von Andrew Franck. An einer Wand hängen Schlüssel, auf dem Schreibtisch liegen Arbeitshandschuhe, auf dem Schrank stehen Lichtstrahler - und unterm Tisch: Andrews Hündin Lilly.
Andrew Franck: Bei Geburtstagsparty entdeckt
Seit September ist er der neue Küster in St. Petri. Geplant war das nicht. Trotzdem ist der gelernte Sänger überglücklich: "Ich muss mich mit dem Ton und dem Licht beschäftigen, aber auch mit Bühnenaufbau. Auch die normalen Sachen, die zur Küsterarbeit gehören, sind dabei, wie sauber machen, staubsaugen - in dieser Kirche dauert es drei Tage bis sie gestaubsaugt und gewischt ist. Ich glaube, deswegen bin ich zufrieden hier. Es ist so vielseitig. Ich habe bei der letzten Petrivision gesungen, obwohl ich in der Woche keine Zeit hatte zu üben. Man kann wirklich viel machen."
Der gebürtige Neuseeländer war aber nicht immer Küster, sondern stand meist auf der Bühne und hat Wagner, Puccini oder Beethoven gesungen. Mit 19 Jahren hat Andrew Franck auf einer Geburtstagsfeier Happy Birthday gesungen, dabei wurde er von einer Sängerin entdeckt. Er wollte seinen Gesang ausbauen und hat in Wellington Musik studiert: "Ich sehe ein Ziel und kümmere mich nicht um die Sachen rundherum. Ich wollte nur singen und ich wollte in der MET in New York und der Royal Opera in London singen." Beides hat er geschafft.
Station in London mit Rückschlägen
Doch der Weg dahin war nicht immer einfach, denn ihm fehlte das Geld. Er hat sich mit Nebenjobs etwas dazuverdient und nahm an verschiedenen Vorsingen teil. Dann der Durchbruch: Andrew Franck wurde von der Mezzosopranistin Marilyn Horne entdeckt. Sie unterstützte ihn finanziell und arrangierte ein Vorsingen in London mit Erfolg, er ging zum National Opera Studio: "Zwischen 2000 und 2005 habe ich habe tolle Fortschritte gemacht. Ich habe in der Zeit auch sämtliche Preise gewonnen, unter anderem die 'Mozart Competition', außerdem habe ich viel Wagner gesungen und hatte auch viele Angebote."
Dann bekam er in London eine Stelle am Royal Opera House als junger Künstler. Doch es war nicht so, wie er es sich vorgestellt hatte: "Es war eine der schwierigsten Zeiten meines Lebens. Ich kam mit einem Zusammenbruch da raus und konnte nicht mehr über G singen, wo früher 'La Bohème' kein Problem für mich war. Das war sehr schwierig." Er rappelte sich schnell wieder auf und sang weiter, am liebsten Wagner.
Lübeck wird zur neuen Heimat
"Das Schönste war für mich wahrscheinlich 'Lohengrin' oder 'Siegmund', beide waren meine schönsten Rollen, in Lübeck, New York, London, Dessau und Paris. Ich hatte eine sehr gute Verbindung zu Siegmund, weil der Typ ein Außenseiter in der Gesellschaft ist und so fühlte ich mich auch." Immer wieder begegnete Andrew Rassismus.
An manchen Häusern ist er wegen seiner Hautfarbe für Rollen abgelehnt worden. In Lübeck allerdings nicht. Dort sollte er 2008 den Siegmund singen: "Ich war immer noch freischaffend und hatte das Angebot für die Walküre und da im Chor sang eine Frau, Astrid heißt sie, wir hatten eine Verbindung, das war 2010 und jetzt ist sie meine Frau und so kam ich nach Lübeck, wegen der Liebe."
Nach Alpaka-Farm Lebenszentrum in Lübeck
Noch bis 2018 hatte Andrew Franck weltweit verschiedene Auftritte und war von seiner Frau getrennt, aber dann stand für ihn fest, es reicht. "Es wurde mir langsam klar, dass ich den Job nicht mehr machen wollte, denn es war nicht einfach, nur eine Woche oder einen Monat zu Hause zu sein und mehr nicht. Man kann auch schlecht Beziehungen führen, wenn man aus dem Koffer lebt, diese Einsamkeit fand ich echt schwierig."
Andrew Franck wünschte sich mehr Bodenständigkeit. Er wurde zuerst Musiklehrer, leitete dann mit seiner Mutter eine Alpaka-Farm im Kreis Herzogtum Lauenburg und wurde schließlich Küster in Büchen und dann in Lübeck. Ein ganz schön spannendes und turbulentes Leben für den heute 50-Jährigen mit der tollen Stimme.