Andrea David besucht als Filmtouristin legendäre Drehorte
Die Bloggerin Andrea David hat ein Buch über Filmtourismus veröffentlicht: "Szene für Szene die Welt entdecken", mit vielen Beispielen aus der Welt des Reisens und des Films. Im Interview spricht die Hamburgerin über ihre Erfahrungen.
Ist Deine Fantasie schon mal zerstört worden, als Du reale Orte aus Filmen gesehen hast?
Andrea David: Ja, das kommt natürlich immer mal wieder vor. Da ich aber vorab recht viel recherchiere, weiß ich meistens schon, was auf mich zukommt. Aber ich stand auch schon mal an der richtigen Adresse und das Haus, was ich gesucht habe, war nicht da, sondern da stand schon ein anderes Haus. Die Filmkulissen sind meist nicht für die Ewigkeit gedacht und wenn sich keiner darum kümmert, dass die als Kulturgut geschützt werden, dann ändert sich natürlich immer viel.
"Zurück in die Zukunft" - ein 80er-Jahre-Film, der aber immer noch relativ populär ist, macht den Anfang in diesem Buch. Warum?
David: Meine Leidenschaft speist sich vor allem aus meiner eigenen Filmleidenschaft und "Zurück in die Zukunft" ist nach wie vor einer meiner Lieblingsfilme. Ich mochte ihn schon damals, als Jugendliche, als er ins Kino kam. Er nutzt sich für mich nicht ab, ich kann ihn immer wieder schauen. Heute schaue ich ihn auch mal mit meinem Sohn. Der findet ihn auch ganz gut. Ein Film, der einfach perfekt ist, er ist spannend und charmant.
Welche Orte aus dem Film hast Du denn gesehen?
David: Ich habe in Los Angeles eine ganze "Zurück in die Zukunft"-Tour gemacht: der Parkplatz zum Beispiel, auf dem Doc Brown den DeLorean zum ersten Mal als Zeitreisemaschine präsentiert, aber auch die ganzen privaten Wohnhäuser, wo zum Beispiel die Familie McFly im Film untergebracht ist. Oder der Tunnel, wo es einen Showdown gibt und Marty versucht, Biff den Almanach wieder abzunehmen. In ganz Los Angeles gibt es da verschiedenste Orte, die man immer noch besuchen kann, sogar auch die Schule, die als Hill Valley Highschool zu sehen ist. Dort muss man natürlich darauf achten, dass man nicht während des Unterrichts einfach reinspaziert, aber es gibt ein Zeitfenster zwischen drei und vier Uhr nachmittags, wenn alle Schüler das Gelände verlassen haben. Dann darf man als Filmtouristin auch einen Blick reinwerfen.
Ich könnte mir vorstellen, dass es Orte gibt, wo man sagt: Ach ja, schön mal gesehen zu haben. Und dann gibt es Orte, wo Du richtig beeindruckt bist. Was gibt es da für Beispiele?
David: Am liebsten reise ich zu Drehorten, die gar nicht wie von dieser Welt aussehen. Ich bin Science-Fiction-Fan - und ich finde es besonders spannend, Landschaften zu sehen, wie sie etwa in "Interstellar" in Island zu sehen sind oder die Wüste Wadi Rum in Jordanien, die man als Mars in "Der Marsianer" gesehen hat. Auch in den USA, in Utah, gibt es viele Landschaften, wo man nicht das Gefühl hat, dass man noch auf der Erde ist und was die Filmemacher für sich nutzen, um diese realen Drehorte in ferne Planeten umzuwandeln.
Nun ist Kino eine Traumfabrik. Ich habe mal das Kloster Eberbach in Aufnahmen zur 80er-Jahre-Verfilmung des Films "Der Name der Rose" gesehen - das bringt man aber gar nicht zusammen mit den Außenaufnahmen. Das ist doch sicherlich häufig so, oder?
David: Ja, beim Kloster Eberbach war ich zwei Mal. Beim ersten Mal, 2004, 2005, hat man vor Ort gar nichts über diesen Film erfahren. Zehn Jahre später war ich noch mal da und dann gab es auf einmal eine Filmtour und Informationen für die, die sich speziell für den Film interessiert haben.
Sie haben sogar eine Diplomarbeit zu diesem Thema geschrieben. Worum ging es da?
David: Es ging tatsächlich um Filmtourismus. Das ist jetzt auch schon eine Weile her, mein Abschluss. Damals, als ich ein Thema finden musste, mit dem ich mich gerne sechs Monate auseinandersetzen müsste, habe ich mir als Filmfan überlegt, man könnte doch auch mal untersuchen, inwieweit die Filme unsere Reisezielauswahl beeinflussen. Ich habe im Kino Fragebögen ausgeteilt und nach dem Film wieder eingesammelt und auch verschiedene Drehorte besucht. Durch diese Recherchen kam ich auf den Geschmack, erst recht selber öfter an Drehorte zu fahren. Das hat damit seinen Anfang genommen.
Das kann durchaus Schattenseiten haben. The Beach, ein Traumstrand in Thailand, wo der gleichnamige Film mit Leonardo DiCaprio gedreht worden ist, ist heute nicht mehr schön - der ist vermüllt.
David: Der Strand in Thailand ist zwischenzeitlich auch geschlossen gewesen. Zwei Jahre lang durfte niemand mehr hin. Ich war selbst 2015 dort, noch bevor er geschlossen hatte, und war auch der Meinung, dass dort einfach viel zu viel los war. Es war vor allem auch sehr laut, auf den Booten lief überall Musik und man konnte sich vorstellen, dass das weder für die Natur besonders gut ist, noch für die Touristen selbst, die diesen Ort gar nicht mehr so richtig erleben können. Ich habe mich tatsächlich gefreut, als ich gehört habe, dass er erst einmal geschlossen ist. Jetzt ist er wieder für eine begrenzte Anzahl von Touristen geöffnet. Da darf jetzt nicht mehr jeder mit dem Boot in diese Bucht rein fahren, sondern man muss jetzt auf der anderen Seite der Insel anlanden. Ich war seither nicht mehr dort, aber aus Erfahrungen von anderen Bloggern habe ich mitbekommen, dass dort jetzt weitaus weniger los ist.
Welchen Kodex hast Du Dir selber gegeben? Denn es mag auch Drehorte geben, wo Menschen wohnen.
David: Das Thema Privatsphäre ist sehr wichtig. Wenn man als Filmtourist einen Drehort besucht, der ein ganz normales Wohnhaus ist, sollte man natürlich sich nicht auf dem Grundstück bewegen, sondern sich zurückhaltend auf der Straße aufhalten. Manchmal kommen die Leute auch von sich aus raus und dann kommt man auch mal ins Gespräch und wird auch mal eingeladen, dass man vielleicht einen Blick hinters Haus werfen darf.
Von wem würdest Du eingeladen?
David: Das war auf meiner ersten großen Filmreise. Da war ich auf den Spuren von "Dawson's Creek". Da gibt es so einen Steg, der immer wieder in der Serie zu sehen ist. Den sieht man von der Straße aus gar nicht. Dort hat mich der Besitzer zum Kaffee eingeladen und dann konnte ich unten auf dem Steg meine Fotos machen. Das war total nett. Aber man kann nicht einfach davon ausgehen, dass das bei jedem so ist, und auch nicht, dass jeder weiß, dass in oder vor seinem Haus etwas gedreht wurde.
Welche Orte gibt es im Norden?
David: Es gibt zum Beispiel in Mecklenburg-Vorpommern den Gespensterwald - das ist mein persönliches Highlight. Den hat man in der Filmreihe "Ku’damm 56" gesehen. Das ist ein wahnsinnig mystischer Wald direkt an der Küste. Man kann dadurch auch neue Reiseziele entdecken und auch mal einen Wochenendausflug dorthin machen. Aber auch in Hamburg gibt es unheimlich viele Drehorte: zu "James Bond", "Most Wanted Man" oder "Drei Engel für Charlie". Zuletzt war ich auf den Spuren von dem Film "Mittagsstunde". Die Drehorte befinden sich alle rund um Nordfriesland.
Das Interview führte Mischa Kreiskott.