Daniel Hope: "Musik ist ein Menschenrecht"
Für viele Musiker ist die Corona-Krise hart: keine Konzerte, kein Publikum, kein Einkommen. Daniel Hope, Stargeiger und Multitalent der Musikbranche, gibt "Wohnzimmerkonzerte" per Videostream und erreicht damit Menschen auf der ganzen Welt. Im After Corona Club spricht er über seine Erfahrungen und die Bedeutung von Musik für Menschen.
Schlag auf Schlag wurden 70 Auftritte abgesagt - wegen der Corona-Pandemie. Ein großer Schock für Daniel Hope, Stargeiger, der in Südafrika geboren wurde, lange in London lebte und jetzt in Berlin wohnt. Da kam die Idee des Kultursenders arte zu Online-"Wohnzimmerkonzerten" gerade recht: Daniel Hope lädt Künstlerinnen, Künstler und Freunde in sein Berliner Wohnzimmer zum gemeinsamen Musizieren ein. "Hope@home", begleitet von Pianist Christoph Israel und mit Gästen, darunter Max Raabe, Till Brönner und Katharina Thalbach, produziert fürs Internet.
Direktes Feedback über Kommentare
Über das Spielen vor Kameras gesteht Hope: "Es war am Anfang sehr seltsam." Publikumsreaktionen gibt es dennoch: "Ich habe angefangen, die Kommentare zu lesen, die nach den Livestreams kamen. Inzwischen haben über drei Millionen Menschen diese Sendung gestreamt und die sitzen da zu Tausenden jeden Abend und schreiben, gleich, nachdem man ein Stück gespielt hat. Ihre Kommentare sind sehr schön." Anregungen, Wünsche, Kritik - Daniel Hope bekommt Fan-Post aus Deutschland, USA, Südamerika, Indien und China.
Werden solche Online-Konzerte die Zukunft? Besteht die Gefahr, dass sich die Menschen daran gewöhnen könnten, alles bequem auf ihrem Sofa zu gucken? "Eigentlich nicht", glaubt Daniel Hope, "es sind so viele Menschen, die dieses Live-Erlebnis lieben und brauchen." Vielleicht werden die Formen sich künftig ergänzen: "Ich denke, dass es eine Mischung geben wird. Und dass das Streamen sich nicht nur etabliert hat, sondern sich weiterentwickeln wird."
Fehlende Einnahmen in der Corona-Krise
Doch wenn Online-Konzerte umsonst zu hören sind, wie sollen Künstler davon leben? "Es könnte eine Gefahr sein", befürchtet Hope, andererseits gebe es "viele neue Entwicklungen von Firmen, von Kollektiven zwischen Künstlern, die jetzt bezahlte Streams auf die Beine stellen, wo Künstler sich anmelden können. Es gibt bereits eine ganze Reihe davon, und ich denke, das ist auch ein Modell der Zukunft."
Gerade bei freischaffenden Musikern sei alles weggebrochen, viele sind am Existenzminimum."Ich mache mir Sorgen um die Künstler, die von Gigs leben, von Auftritt zu Auftritt. Das ist eine große Tragödie." In seinen Wohnzimmerkonzerten ruft Daniel Hope deshalb auch zu Spenden für Musiker auf. Die Regierung hilft zwar mit Subventionen, aber Musik und Kunst stehen bei den Rettungsmaßnahmen eher hinten an.
"Musik ist ein Menschenrecht"
Daniel Hope, der sieben Klassik-Echos gewonnen hat, der als Künstlerischer Direktor der Dresdener Frauenkirche 50 Konzerte im Jahr kuratiert und das Bundesverdienstkreuz für seine Verdienste um die musikalische Gestaltung für Erinnerungskultur bekam, ist ein Botschafter für die Musik. Musik inspiriere, tröste, mache glücklich und gebe vielen auch in der Krise Halt. "Musik und Kunst und Kultur ist viel mehr als eine Beschäftigung oder ein Hobby, es ist ein Menschenrecht und eine Lebensart", sagt Hope. "Musik hat eine enorme Macht und selbst als kühler Politiker würde ich dafür plädieren, dass man sagt, wir müssen Menschen helfen und Musik hilft den Menschen."
In der jetzigen Situation seien alle Künstler gefragt, Teil der Lösung zu werden, schon um der schrecklichen Phrase der "Systemrelevanz" aus dem Weg zu gehen. "Alle Menschen sind relevant, und wir müssen das jetzt auch beweisen."
Daniel Hope ist Optimist. Für die Zeit nach Corona hat er einen Wunsch: Man habe in letzter Zeit oft gespürt, dass der "Ton rauer geworden ist", so Hope, "deshalb hoffe ich, dass wir vielleicht einen Weg finden können, respektvoller miteinander umzugehen. Auch wenn wir vollkommen verschiedener unterschiedlicher Meinung sind, denn sonst gehen wir alle unter. Und das kann eigentlich nicht unser Wunsch sein als Menschen."
After Corona Club: Gesprächsformat mit Anja Reschke
Im After Corona Club spricht Anja Reschke mit Fachleuten aus Psychologie, Wirtschaft, Soziologie, Politik, Medizin und weiteren Wissenschaften. Der Debattierclub über unsere Zukunft. Diskutieren Sie mit! Übrigens: Den After Corona Club gibt es auch als Audio-Podcast.