Vergissmeinnicht! - Vom "Stammbuch" zum Poesiealbum
Es ist ein Buch mit langer Tradition: Poesiealben gab es schon im 16. Jahrhundert. Als sogenanntes Stammbuch wurden sie ursprünglich von Studenten genutzt - für Autogramme ihrer berühmten Lehrer.
Flotte Sprüche, zu Herzen gehende Reime, dazu jede Menge selbst gemachte Malereien und eingeklebte Bildchen - das macht so ein Poesiealbum aus. Es ist eine spezielle und auch ein wenig altertümliche Art der Freundschaftsbekundung. Überraschenderweise ist die Tradition, derartige Büchlein zu führen, erstaunlich alt, sie stammt aus dem 16. Jahrhundert. Die ganz alten Poesiealben sind also weniger in Rumpelkammern oder auf Dachböden zu finden, sondern in Museen und Archiven.
Kleines, verziertes Büchlein im Archiv
Das frühe Poesiealbum oder auch "Stammbuch" wurde meist von Studenten geführt. Neben frommen Freundschaftssprüchen finden sich in älteren Alben auch sinnesfrohe Sprüche:
"Wer mit Jungfern in dem Bette nicht kann spielen um die Wette, der stelle nur das Freien ein, will er nicht gehörnet sein."
Vorgänger des Poesiealbums eher ein Autogrammbuch
Die Vorgänger unserer heutigen Poesiealben wurden an den Universitäten geführt. Das erste Stammbuch soll 1545 an der Universität Wittenberg angelegt worden sein. Die Studierenden holten sich sozusagen Autogramme ihrer berühmten Lehrer. Martin Luther oder auch der große Humanist Melanchthon signierten unzählige solcher Bücher. Das älteste Stammbuch aus dem Rostocker Universitätsarchiv wurde bereits 1568 angelegt. Und auch die Geschichte bestimmter, noch heute beliebter Reime, lässt sich mehr als 100 Jahre zurückverfolgen. Bis ins 18. Jahrhundert waren diese Alben reine Männersache. Erst im Zeitalter der Empfindsamkeit entdeckten es dann auch Frauen für sich.
Rund 50 Büchlein aus der Renaissance bis ins 18. Jahrhundert befinden sich als wertvolle Handschriften im Tresor der Universität Rostock. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert erfuhren die Büchlein einen weiteren massiven Aufschwung. Damals wurden sie endgültig zu dem, was wir heute unter einem Poesiealbum verstehen. Rund 120 Exemplare aus dieser Zeit liegen etwa im Depot des Kulturhistorischen Museums Rostock.