Bundeswehr: Social-Media-Leiter sympathisiert mit Rechtsradikalem
Der Leiter der Social-Media-Abteilung der Bundeswehr ist auf Instagram mit einem Anhänger der "Identitären Bewegung" vernetzt. Dem Oberstleutnant gefallen einschlägige Beiträge.
Oberstleutnant Marcel B. ist auf allen Social-Media-Kanälen der Bundeswehr präsent, als Aushängeschild der Truppe. Sein Büro, das er gern auf Fotos präsentiert, ist im Verteidigungsministerium. Immer wieder schauen Staatssekretäre und Politiker bei ihm vorbei. Denn er ist Referent im Verteidigungsministerium, zuständig für soziale Medien und damit auch Vorbild für soldatisches Verhalten im Internet.
Er plant Kampagnen, um für die Bundeswehr Nachwuchs zu gewinnen. In einer Web-Serie zeigt er, wie das KSK sich durch den Dschungel kämpft, in einer anderen, wie Rekruten ihre Ausbildung durchleiden - und das alles immer lässig, mit Witz und schnellen Clips. Marcel B., der für Social Media zuständige Oberstleutnant, entscheidet, wie sich die Truppe nach außen präsentiert.
Ein "Kernreaktionärer" namens "incredible bramborska"
Doch nach Panorama-Recherchen sympathisiert Oberstleutnant Marcel B. öffentlich mit einem Rechtsradikalen, der unter dem Netznamen "incredible bramborska" auf Instagram aktiv ist. Dort bekennt "incredible bramborska" sich offen zur "Identitären Bewegung", die vom Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextrem" eingestuft wird. Marcel B's Bekannter beschreibt sich selbst als "kernreaktionär" und ist mit führenden Vertretern der "Identitären Bewegung" vernetzt. Auch der AfD-Radikale Björn Höcke bekommt auf Instagram von ihm Zustimmung.
Unterstüzung für rechtsradikale Publikationen
Für Marcel B. ist das offenbar kein Problem. Ihm gefällt sogar ein Foto seines Bekannten, unter dem der Slogan "Defend Europe", übersetzt "Europa verteidigen", steht. Es ist ein Kampfbegriff der "Identitären Bewegung", mit dem pauschal der Islam und alles Fremde abgelehnt wird.
Marcel B. ist schon seit mehreren Jahren mit "incredible_bramborska" bei Instagram vernetzt. Besonders brisant: Der Identitäre postet immer wieder Bücher des bekannten rechtsradikalen Verlages Antaios, bewirbt sie regelrecht. Auf dem Bild zu sehen: Texte neurechter Autoren.
Dazu schreibt "incredible_bramborska": "Es gibt Lektüren, die Impfungen gleichen." Die Bücher des Antaios-Verlages sollen offenbar immunisieren gegen die offene Gesellschaft. Und Oberstleutnant Marcel B. kommentiert das mit: "Gefällt mir".
Der Verlag gehört Götz Kubitschek, einem der führenden Köpfe der "Neuen Rechten". Er verlegt Traktate mehrerer hochrangiger Mitglieder der Identitären Bewegung, darunter vom Mitgründer der Gruppe, Martin Sellner.
Dabei hat der Verfassungsschutz aktuell und wiederholt vor den Identitären gewarnt. Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang bezeichnete sie kürzlich als "Superspreader des Hasses", als "rassistisch" und "antisemitisch".
Oberstleutnant war zuständig für Richtlinien der Bundeswehr
Ein Oberstleutnant der Bundeswehr, zuständig für Social Media, der solche Inhalte unterstützt? Dabei gibt es Richtlinien der Bundeswehr, an denen Marcel B. federführend mitgewirkt hat. Sie regeln das Verhalten von Soldaten in den sozialen Medien, So lautet ein Ratschlag aus den Guidelines: "Seien Sie durch Ihr Verhalten auch anderen Nutzern ein Vorbild."
Oberstleutnant Marcel B. scheint diese Guidelines offenbar nicht verinnerlicht zu haben. Ihm gefällt ein Beitrag seines Bekannten “incredible_bramborska“, auf dem eine Person mit Mundschutz zu sehen ist. Dazu schreibt der Identitäre nur den Hashtag #nullkommadreisieben. Mit einem Klick darauf ist klar, was sich dahinter verbirgt: der Rapper "Asaru One" und dessen Lied mit gleichnamigen Titel. Der Rapper propagiert darin rechtsextreme Verschwörungstheorien zur Corona-Pandemie und bezeichnet Politiker als "Verbrecher, die sich heute im Bundestag bewegen."
Verteidigungsministerium prüft Vorwürfe
Für Rechtsextremismus-Expertin Natascha Strobl gibt es für das Verhalten des Social-Media-Leiters keine Ausreden. "Ein 'Gefällt mir' ist ganz klar, zumal auf Instagram, eine Zustimmungsbekundung. Damit zeigt man ganz öffentlich, dass man einverstanden ist mit dem, was da geschrieben worden ist", sagt Strobl. "Gerade der Leiter der Social-Media-Abteilung der Bundeswehr darf natürlich überhaupt keinen Kontakt haben zu den Identitären. Das ist absolut ein Skandal für die Bundeswehr." Denn die sozialen Medien seien der wichtigste Spielort für die Identitären.
Auf Panorama-Anfrage teilte das Bundesverteidigungsministerium mit, man werde die Vorwürfe "umgehend und sorgfältig prüfen". Die Verteidigungsministerin verfolge eine "absolute Null-Toleranz-Linie, insbesondere was rechte Tendenzen angeht." Verstöße würden nicht geduldet. Auf einer Pressekonferenz ergänzte Christian Thiels, der Pressesprecher des Verteidigungsministeriums, Marcel B. sei nicht mehr in seiner Funktion tätig. Man habe sofort Ermittlungen eingeleitet. Marcel B. und "incredible bramborska" hatten vor der Panorama-Berichterstattung auf Anfragen nicht reagiert.
Äußerungen nach der Veröffentlichung
Nach der Panorama-Veröffentlichung hat Oberstleutnant Marcel B. in der "Bild"-Zeitung eingeräumt, ihm sei "ein großer Fehler" passiert. "Ich war nicht aufmerksam genug, habe darauf vertraut, dass das, was mir aus meiner Community reingespielt wird, schon in Ordnung ist", sagte er der "Bild". Oberstleutnant Marcel B. distanzierte sich zudem von der "Identitären Bewegung" und allen Rechtsradikalen, erklärte aber auch, dass er den Nutzer "incredible_bramborska" persönlich getroffen hat. Offenbar sei die Person ins extreme Lager abgedriftet, ohne dass es ihm aufgefallen sei.
"Als Verantwortlicher für Neue Medien im Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr ist Herr B. untragbar. Man kann sich dann auch nicht auf ein Versehen oder auf Unwissenheit herausreden", so Benjamin Strasser, FDP-Obmann im Innenausschuss des Bundestages. Auf Instagram politische Beiträge von Mitgliedern oder Sympathisanten der "Identitären Bewegung" mit "Gefällt mir" zu kennzeichnen, sei für einen Staatsdiener nicht zu rechtfertigen.
*Oberstleutnant B. hat sich in den vergangenen Jahren öffentlich in den Medien und bei offiziellen Auftritten als "Leiter Social Media" im Verteidigungsministerium dargestellt. Das Verteidigungsministerium hat dem offensichtlich nie widersprochen. Panorama hat im Ministerium nachgefragt, ob Oberstleutnant B. damit falsche Angaben in der Vergangenheit gemacht habe und falls ja, warum die Bundeswehr dann nicht widersprochen habe. Dem widersprach das Ministerium in seiner Antwort nicht, wies lediglich darauf hin, es handele sich um "laufende Ermittlungen".