Ocean Race: Malizia und Co. im Südmeer auf Tuchfühlung
Die "furiosen Fünfziger" des Südmeeres zeigen sich ungewohnt sanft. Und so erlebt die dritte und längste Etappe des Ocean Race rund zwei Wochen vor ihrem Finale im brasilianischen Itajai praktisch einen "Neustart". Die Crews genießen die unverhoffte Ruhephase.
Es ist ein fast schon unglaubliches Bild, das der Tracker an diesem Wochenende zeigt: Die Leichtwindzone hat dafür gesorgt, dass die vier Imoca-Yachten nach drei vollen Rennwochen und rund 8.000 gesegelten Seemeilen bis auf eine Seemeile (!) zusammengerückt sind. Als Malizia-Co-Skipperin Rosalin Kuiper auf den Mast stieg, konnte sie alle vier Boote von dort aus sehen.
"Wir sind nach 8.000 Seemeilen dichter zusammen als beim In-Port-Race 45 Minuten nach dem Start." Boris Herrmann
Malizia-Co-Skipper Harris: Neustart "gut und schlecht"
Die lange Zeit souveräne Führung des Gesamt-Spitzenreiters Holcim-PRB ist dahin. Das Schweizer Team war im virtuellen Tracker sogar zwischenzeitlich auf Platz vier gerutscht - was allerdings nicht weiter von Bedeutung ist. Die Crews versuchten abwechselnd, weiter in den Süden in Richtung Eisgrenze zu halsen, wo im Hochdruckgebiet der Wind geringfügig stärker ist. Dadurch wurde das Ranking der Boote, die nun auf einer Höhe in einer Linie von Nord nach Süd aufgereiht sind, immer wieder durcheinander gekegelt.
"Wir starten das Rennen praktisch neu, was gut und schlecht ist. Wir können um die Führung kämpfen, haben aber auch unseren Vorsprung auf die Verfolger verloren", erklärte Malizia-Co-Skipper Will Harris. Boris Herrmanns Team hatte am Freitag sogar für einige Stunden die Führung übernommen.
Der Süden zeigt sich ungewohnt freundlich
In den ungewohnt ruhigen Bedingungen (11th-Hour- Skipper Charlie Enright: "Nicht normal für das Revier, in dem wir uns gerade befinden") ist Zeit für Reparatur- und Wartungsarbeiten, eine Mütze Schlaf, ein Sonnenbad im kalten, aber derzeit ungewohnt freundlichen Süden. "Es ist so ein Kontrast zu unserem Leben bislang. Wir sitzen an Deck. Es ist zwar sehr kalt, aber wir sitzen draußen in der Sonne. Unglaublich", sagte Malizia-Skipper Herrmann.
Malizia-OnBoard-Reporter Antoine Auriol, wie immer gut gelaunt, ließ die Drohne zur Biotherm segeln. Deren Besatzung winkte fröhlich in die Kamera - und präsentierten dann den nackten Allerwertesten. Ein netter Gruß unter Kollegen. Die Stimmung ist gelöst während dieser "sehr willkommenen Ruhepause" (Boris Herrmann), doch ein Ende ist in Sicht. Zum Wochenbeginn wird wieder frischerer Wind erwartet und das Rennen erneut Fahrt aufnehmen. Wem gelingt dann der erfolgreichste "Neustart"?
Point Nemo rückt näher
Voraussichtlich am 21. März wird die Flotte Point Nemo erreichen - den abgelegensten Punkt der Erde zwischen Chile und Neuseeland. Das nächste Festland (Ducie Island, Moto Nui als Teil der Osterinseln und Maher Island in der Antarktis) ist 2.688 Kilometer entfernt, die nächsten Menschen sind die auf der Raumstation ISS. "Man kann auf dem Planeten nicht weiter entfernt von allem anderen sein als an diesem Ort", so Herrmann.
Mit der Kap-Hoorn-Passage wird zwischen dem 26. und dem 27. März gerechnet, erwartete Ankunft in Itajai ist am ersten April-Wochenende. Bis dahin dürfte es spannend bleiben im Kopf-an-Kopf-Rennen des Imoca-Quartetts.