Pleitenserie beim THW Kiel - Jicha-Team gibt Rätsel auf
Im DHB-Pokal raus und in der Bundesliga nur Neunter: Der deutsche Handball-Meister THW Kiel steckt in der Krise. Darüber können auch drei Siege in der Champions League nicht hinwegtäuschen. Was ist los mit den "Zebras"? Geschäftsführer Viktor Szilagyi kündigte eine knallharte Analyse an.
Die Fans sprachlos, die Spieler in Schockstarre und ein Trainer, der auf viele Fragen nur wenige Antworten hat: Das blamable Aus schon in der dritten Runde des DHB-Pokals gegen den Bundesliga-Vorletzten Wetzlar erschüttert den deutschen Rekordmeister von der Förde.
"Das tut enorm weh", sagte THW-Urgestein Patrick Wiencek, der seit elf Jahren das Trikot der "Zebras" trägt, dem NDR: "Für mich persönlich ist das bisher eines der schwersten Spiele überhaupt." Seit 22 Jahren war Kiel im Pokal nicht mehr so früh gescheitert.
"Niemand steht außerhalb jeglicher Diskussion. Wir werden alles intern ansprechen, um uns Schritt für Schritt aus dieser Situation herauszuarbeiten." THW-Geschäftsführer Viktor Szilagyi
Es war die vierte Niederlage in Serie in einem nationalen Pflichtspiel, nachdem die Kieler zuvor in der Bundesliga bereits dreimal nacheinander verloren hatten. Eine solche Pleitenserie erlebte der THW zuletzt vor mehr als 20 Jahren.
Szilagyi: "Anhäufung der Negativerlebnisse ein Alarmsignal"
"Die Anhäufung der Negativerlebnisse ist schon ein Alarmsignal", sagte THW-Geschäftsführer Viktor Szilagyi. Er kündigte eine knallharte Analyse an: "Niemand steht außerhalb jeglicher Diskussion. Wir werden alles intern ansprechen, um uns Schritt für Schritt aus dieser Situation herauszuarbeiten."
Neben den Spielern darf sich hier wohl auch Trainer Filip Jicha angesprochen fühlen. Der Tscheche stellte sich nach dem neuerlichen Tiefschlag vor sein Team. "Ich habe die sportliche Verantwortung und vieles ist meine Entscheidung. Dafür stehe ich gerade", sagte Jicha.
"Ich liebe diesen Verein und ich bin vor allem dafür da, dass wir erfolgreich sind. Und das sind wir nicht." THW-Trainer Filip Jicha
Doch ganz aus der Verantwortung will der 41-Jährige die verunsicherten Spieler nicht nehmen: "Das Spiel war ein deutliches Signal, dass - wenn man für den THW Kiel spielt - man in jedem Spiel weit über die Grenze hinausgehen und raus aus der Komfortzone muss", sagte Jicha und stellte damit die Charakterfrage.
Aura des Unbezwingbaren verloren
Fakt ist, dass der THW seine langjährige Aura des Unbezwingbaren verloren hat und das Team derzeit nicht auf schwierige Situationen innerhalb eines Spiels reagieren kann. "Wir sind aktuell im Kollektiv nicht in der Lage, ergebnisorientiert Handball zu spielen und Schwankungen und Formtiefs einzelner Spieler aufzufangen", analysierte Szilagyi.
Das liegt auch am Verlust der Superstars Niklas Landin und Sander Sagosen im Sommer. Mit dem Weltklasse-Torwart aus Dänemark und dem Rückraum-Ass aus Norwegen fehlen zwei Ausnahmekönner, die in der Vergangenheit so manches Spiel im Alleingang aus dem Feuer gerissen haben. "Natürlich fehlen sie irgendwo. Aber das ist Geschichte. Das muss man akzeptieren", sagte Szilagyi.
Szilagyi: Lösung liegt in den Köpfen der Spieler
Ohnehin hat der THW auch ohne Sagosen und Landin noch einen Kader zur Verfügung, der höchsten Ansprüchen genügen sollte. Für Szilagyi liegt die Lösung der Kieler "Schockstarre" in den Köpfen der Spieler: "Wir müssen uns ganz schnell wieder in die mentale Lage versetzen, dass uns Rückschläge im Spiel nicht mehr aus der Fassung bringen."
Erst gegen den HSV Hamburg, dann kommt Kielce
Immerhin: Mit zwei weiteren Heimspielen - am Sonntag (15 Uhr) in der Liga gegen den HSV Hamburg und am kommenden Mittwoch (20.45 Uhr) in der Champions League gegen den Spitzenclub Kielce - haben die "Zebras" direkt die Gelegenheit, das Ruder herumzureißen und die THW-Fans aus ihrer Sprachlosigkeit herauszuholen.