Niedersachsenderby ohne Gäste-Fans? Letzte Chance für 96 und Eintracht
Die Duelle von Hannover 96 und Eintracht Braunschweig in der 2. Fußball-Bundesliga finden Stand jetzt in der neuen Saison ohne Gästefans statt. Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens hielt den beiden Clubs aber eine Hintertür offen.
"Das erste Spiel zwischen Braunschweig und Hannover wird Anfang Oktober sein. Bevor das Ticketing losgeht, werden wir den Verein anweisen, dass für den Gästeblock beim Derby keine Karten verkauft werden dürfen", unterstrich die SPD-Politikerin, um zu ergänzen: "Es sei denn, es gibt kurzfristig bessere Vorschläge der Vereine, wie es störungsfrei laufen kann."
Sie sei in der Sache durchaus auch für andere Lösungen offen. "Sollte es aber keine vernünftigen und zielgerichteten Vorschläge geben, dann muss ich handeln", kündigte die 56-Jährige an. "Der Gästefan-Ausschluss ist für mich das Mittel der Wahl, wenn es keine anderen Instrumente gibt."
Randale, Krisengipfel, Ausschluss und Kritik
Beim jüngsten Niedersachsenderby hatten Hannover-Fans im Eintracht-Stadion randaliert. Beide Lager hatten massiv Pyrotechnik gezündet. Von den Braunschweiger Anhängern war zudem ein beleidigendes Banner gezeigt worden. Beim Hinspiel zwischen 96 und dem BTSV war im November des vergangenen Jahres darüber hinaus ein Polizeibeamter bei einer Rangelei im Heimbereich schwer verletzt worden.
"Wir sind an einem Punkt, an dem wir der gewaltbereiten Minderheit im Stadion sagen müssen: Das Ende der Fahnenstange ist erreicht." Innenministerin Daniela Behrens
Behrens hatte deshalb kurz nach dem Rückspiel zum Krisengipfel mit Vertretern aus Braunschweig und Hannover gebeten und danach erklärt: "Ich möchte, dass die Gästeblöcke leer bleiben. Wir sind an einem Punkt, an dem wir der gewaltbereiten Minderheit im Stadion sagen müssen: Das Ende der Fahnenstange ist erreicht."
Der Aufschrei war groß: Die Fan-Organisation "Unsere Kurve" warf der Ministerin Populismus vor. Behrens stelle "ihre komplette Unwissenheit der Sachlage zur Schau". Aus anderen politischen Parteien hatte es Kritik an der angedrohten Kollektivstrafe gegeben. Diese löse das Problem nicht.
Behrens kritisiert Gesprächsbereitschaft der Fans
Nachdem der DFB zuletzt die Vereine für die jüngsten Vorfälle zur Kasse gebeten hat, sind laut Innenministerin für den 31. Juli erneut Gespräche angesetzt. Diesmal aber mit allen vier niedersächsischen Profivereinen - also auch mit Erstligist VfL Wolfsburg und Drittligist VfL Osnabrück.
"Meine bisherige Wahrnehmung ist, dass man sich in weiten Teilen der Szene dieser Problematik gar nicht bewusst werden und auch gar keine ernsten Gespräche führen will." Innenministerin Daniela Behrens
Behrens berichtete von "vielen Briefen von Eltern, die sich Sorgen machen, mit ihren Kindern ins Stadion zu gehen. Da nimmt eine kleine Minderheit die Mehrheit im Stadion in Geiselhaft". Sie sprach von "blinder Zerstörungswut" und dem Einsatz von Pyrotechnik "als Waffe gegen friedliche Fans". Das werde man nicht weiter akzeptieren.
Das Problem aus ihrer Sicht: "Meine bisherige Wahrnehmung ist, dass man sich in weiten Teilen der Szene dieser Problematik gar nicht bewusst werden und auch gar keine ernsten Gespräche führen will. Ich nehme in der Ultraszene beispielsweise eine sehr selektive Wahrnehmung beim Thema Gewalt wahr. Wenn dort über Gewalt gesprochen wird, dann ausschließlich mit Blick auf die Polizei."
Clubs sind für Sicherheit im Stadion verantwortlich
Bisher habe der "sehr intensive Austausch" mit den Vereinen zu nichts geführt. Bei den Hochrisikospielen sei trotzdem "die Lage im Stadion erneut eskaliert". Dabei seien die Vereine in Pflicht: Behrens betonte, dass die Polizei für die Sicherheit im öffentlichen Raum zuständig sei, aber nicht für die Sicherheit im Stadion zu sorgen habe. "Das ist Sache der Veranstalter und das schaffen sie derzeit nicht in ausreichendem Maße."
Oftmals gebe es "keine vernünftigen Kontrollen", die Ordner seien "nicht ausreichend gut aufgestellt" und es gebe "bauliche Voraussetzungen, die verbessert werden müssen". Behrens fand durchaus lobende Worte für die Eintracht, "die wirklich viel getan" habe vor dem Niedersachsenderby im April. Aber: Die Bemühungen blieben erfolglos.
Vereine versuchen, die Situation zu verbessern
Die Clubs versuchen allerdings weiter, die Situation zu verbessern. Hannover 96 teilte auf Anfrage mit, dass man wie angekündigt das Sicherheitskonzept für die eigene Arena weiterentwickelt habe. Das betreffe veränderte Wegeführungen, erweiterte Zaunanlagen sowie neue Videotechnik. Weitere Maßnahmen seien vorbereitet.
Von Eintracht Braunschweig hieß es: "Wir haben an der Stadioninfrastruktur in der Sommerpause Optimierungen vorgenommen und stehen mit dem Betreiber unserer Heimspielstätte sowie mit unseren Netzwerkpartnern bezüglich weiterer Maßnahmen im engen Austausch."
Das letzte Wort hat aber die Politik. "Wir haben über die niedersächsische Versammlungsstättenverordnung die Möglichkeit, im Rahmen der Vorbereitung auf die einzelnen Spiele verbindlich auf die Vereine einzuwirken", erklärte Behrens. Und Stand jetzt, wird es keine Gästefans bei den Duellen von Hannover und Braunschweig mehr geben.