Gewalt und Pyro beim Fußball: Gipfel mit Verbänden nach EM
Die für den Sport zuständigen Innenminister der Länder wollen Fan-Ausschreitungen und verbotene Pyrotechnik wie jüngst beim Niedersachsenderby in Braunschweig nicht länger hinnehmen. Nach der Fußball-EM soll es ein Gespräch mit DFB und DFL geben. Die Polizei-Gewerkschaft fordert zudem ein "Ultra-Konzept".
Der bayrische Innenminister Joachim Hermann als Vorsitzender der Sportministerkonferenz kündigte eine entsprechende Absicht der Ministerinnen und Minister am Donnerstag in Saarbrücken an. "Wir sind klar der Auffassung, dass die bestehenden, durchaus anerkennenswerten Präventionsansätze des DFB, der DFL und der Vereine nicht ausreichen", sagte der CSU-Politiker.
Hermann betonte, dass es sich bei den Gewalttätern nur um eine ganz kleine Minderheit der Stadionbesucher handle, sagte aber auch, dass der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die Deutsche Fußball Liga (DFL) "Spielabbrüche, Punktabzüge oder Ausschlüsse von Fans verstärkt als Konsequenz bei Pyrovorfällen oder gravierenden Vorgängen prüfen" sollten.
"Es ist gesellschaftlich nicht hinnehmbar, dass Profifußball in Deutschland nur unter massivem Polizeieinsatz überhaupt stattfinden kann." Hamburgs Innensenator Andy Grote
Zudem müssten alle Sanktionsmöglichkeiten vollständig ausgeschöpft werden und sich Vereine und Verbände noch klarer gegen Gewalt positionieren. "Dazu gehören auch bauliche und technische Maßnahmen in den Stadien, die zu mehr Sicherheit beitragen könne", so Hermann, der sich auch für mehr Stadionverbote aussprach: "Es sind immer wieder die gleichen, die negativ auffallen."
Für Hamburgs Sportsenator Andy Grote (SPD) ist das Ausmaß an Aggressivität "gesellschaftlich nicht hinnehmbar - ebenso der Umstand, dass Profifußball in Deutschland nur unter massivem Polizeieinsatz überhaupt stattfinden kann."
Niedersachsens Innenministerin erhöht Druck auf Clubs
Zuletzt hatte Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) nach dem Niedersachsenderby zwischen Eintracht Braunschweig und Hannover 96 den Druck auf die Profivereine noch einmal erhöht. Leere Fankurven bei Hochsicherheitsspielen seien für sie eine denkbare Option.
"Das Gespräch sollten die beiden Verbände sehr ernst nehmen", sagte Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) in Saarbrücken mit Blick auf das angekündigte Spitzengespräch. Hermann verwies auf verletzte Ordner zuletzt beim Niedersachsenderby: "Fast jedes Wochenende kommt es zu Auseinandersetzungen und Gewalt."
Polizei-Gewerkschaft fordert "Ultra-Konzept"
Auch sei die Arbeitsbelastung der Polizei durch die Einsätze an jedem Wochenende viel zu hoch. Der Ankündigung der Innenminister vorausgegangenen war die Forderung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) nach einem sogenannten "Ultra-Konzept". Nach Ansicht der GdP seien "gewaltbereiten Ultras" ein "erhebliches Sicherheitsrisiko", die Gewerkschaft forderte Politik, Vereine und die DFL zur Vorlegung eines gemeinsamen Sicherheitskonzepts auf - und das noch vor der im Juni beginnenden Europameisterschaft (14. Juni bis 14. Juli).
Damit solle dem "permanenten Abfeuern von Pyrotechnik in den Stadien" und der "wachsenden Zahl von Übergriffen auf Anhänger anderer Vereine und auf die zur Sicherung der Spiele eingesetzten Polizisten" wirksam gegenübertreten werden. Politischer Protest sei legitim. Auch dass sich Fußballfans gegen eine aus ihrer Sicht immer rasanter voranschreitende Kommerzialisierung des Ligabetriebs zur Wehr setzten, sei ihr gutes Recht.
"Vereine und DFL haben die zunehmende Gewalt in den Stadien viel zu lange kleingeredet, weil sie die Unterstützung der Ultras nicht verlieren wollen." Jochen Kopelke, GdP-Bundesvorsitzender
Es gebe aber keine Rechtfertigung für das permanente Abfeuern von Pyrotechnik und die wachsende Zahl von Übergriffen auf Beamte, sagte der GdP-Bundesvorsitzende Jochen Kopelke.
"Vereine und DFL haben die zunehmende Gewalt in den Stadien viel zu lange kleingeredet, weil sie die Unterstützung der Ultras nicht verlieren wollen. Mit der gefährlichen Kumpanei mit Gewalttätern muss endlich Schluss sein", sagte Kopelke. Es fehle der Mut, sich von gewaltbereiten und unkooperativen Ultragruppierungen zu trennen.
"Dabei wäre es leicht, gewalttätigen Ultras den Zugriff auf die Eintrittskarten zu entziehen, ihre aufwändigen Choreografien nicht mehr zu unterstützen und ihnen keine Räume mehr unter den Tribünen zur Verfügung zu stellen", so Kopelke: "Fünf Spieltage vor dem Ende der aktuellen Bundesliga-Saison haben die Vorbereitungen für die nächste Saison längst begonnen. Das muss auch für das Sicherheitskonzept der Vereine gelten."