Werder Bremen gegen Bayern München - Alle Augen auf Harry Kane
Werder Bremen eröffnet heute Abend mit einem Heimspiel gegen Meister FC Bayern die neue Saison der Fußball-Bundesliga. Alle Augen dürften dabei auf Münchens 100-Millionen-Einkauf Harry Kane gerichtet sein.
"Was die Bajuwaren können, das können wir schon lange" - schienen sich jedenfalls die Werder-Verantwortlichen gedacht zu haben und verkündeten am Mittwoch stolz einen Transfer. Der Name des neuen Mannes: Henning Wilmbusse. Voriger Club: FC Hansa Rostock. Der 18-Jährige sei "menschlich und sportlich ein großer Gewinn", hieß es. Über die Vertragsdauer und Ablösemodalitäten machten die Bremer keine Angaben. Einen dreistelligen Millionen-Betrag wie Kane dürfte der Teenager jedoch nicht gekostet haben. Und auch nur annähernd so gut Fußball spielen wie der englische Stürmerstar kann Wilmbusse ziemlich sicher ebenfalls nicht.
Muss er aber auch nicht können. Denn Werder holte ihn für sein eFootball-Team, das in der Virtual Bundesliga um Punkte kämpft. Das Medienecho auf diesen im deutschen E-Sport durchaus bemerkenswerten Wechsel war natürlich nicht ansatzweise so groß wie bei der Verpflichtung von Kane am vergangenen Sonnabend durch den FC Bayern.
Treffen zweier Fußball-Welten
Aber was haben die früheren Erz- und Titelrivalen heute auch schon noch gemein? Wirtschaftlich sind die Bremer inzwischen Lichtjahre vom Rekordchampion entfernt. Es ist davon auszugehen, dass die Münchner mehr "Kleingeld" in ihrer berühmten Portokasse haben als Werder auf all seinen Sparbüchern. Und sportlich brauchen die Norddeutschen auch seit Jahren ein Fernglas, um den FCB überhaupt noch am Horizont entdecken zu können.
Arm trifft heute Abend (20.30 Uhr, im Livecenter bei NDR.de) also auf sehr, sehr reich. 150 Millionen Euro haben die Münchner allein in diesem Sommer für den 30 Jahre alten Angreifer Kane sowie den vier Jahre jüngeren Verteidiger Min-jae Kim an die Tottenham Hotspur sowie die SSC Neapel überwiesen. Ob die Shoppingtour des Abo-Meisters damit bereits abgeschlossen ist, wissen wahrscheinlich nur Vorstandschef Jan-Christian Dreesen und der immer noch sehr mächtige Vereinspatron Uli Hoeneß, der inzwischen als Ehrenpräsident im Hintergrund den einen oder anderen Denkanstoß gibt.
Bayern erleben im Supercup Debakel
Fakt ist: Coach Thomas Tuchel ist trotz aller Millioneninvestionen noch nicht so richtig glücklich. Ein neuer Keeper wäre toll, da der alte Neuer mit Vornamen Manuel noch immer verletzt ausfällt. Und überhaupt kann diese Ansammlung von Superstars nach den Vorstellungen des Trainers gerne noch ergänzt werden. Das 0:3-Desaster im Supercup gegen RasenBallsport Leipzig bestärkte den vor wenigen Monaten noch in seine Mannschaft "schockverliebten" Tuchel in dieser Meinung. Er sei "konsterniert und extrem enttäuscht", gab der 49-Jährige nach der Partie zu verstehen.
Tuchel bereits unter Druck
Auch wenn der Supercup für die Bayern ein vergleichsweise irrelevanter Titel ist, so brachte die Pleite doch neue Unruhe ins Umfeld des Rekordmeisters, der in der vergangenen Serie ein überregional bestauntes Comeback als "FC Hollywood" gefeiert hatte. Tuchel, der nach seinem Amtsantritt in DFB-Pokal und Champions League ausschied und die Meisterschaft nur wegen des Versagens von Borussia Dortmund holte, muss nun liefern. Anders ausgedrückt: Der Mann hat so richtig Druck.
Angespannte Stimmung auch bei Werder
In dieser angespannten Lage könnte Werder als Aufbaugegner gerade zum richtigen Zeitpunkt kommen. Denn auch am Osterdeich knatscht es im Gebälk. Bereits die Rückrunde der vergangenen Serie war mit nur vier Siegen wenig überzeugend. Und nun folgte auch noch das Erstrunden-Aus im DFB-Pokal beim Drittligisten Viktoria Köln inklusive eines Platzverweises für Abwehrchef Amos Pieper.
Dass Stürmerstar Niclas Füllkrug anschließend öffentlich Kritik an der Mannschaft übte, kam bei den Verantwortlichen auch nicht so toll an und zeigte: Auch Werder kann FC Hollywood - zumindest in der Light-Version.
Friedl gibt sich kämpferisch
Gegen das Hollywood-"Original" - zumindest das deutsche - soll nun alles anders werden. "Wir brauchen diesen absoluten Toptag und werden versuchen, das nach 15 Jahren endlich mal wieder zu schaffen", sagte der Bremer Kapitän Marco Friedl und sprach damit auf die Sieglos-Serie der Nord- gegen die Süddeutschen an. Der bis dato letzte Erfolg der Hanseaten gegen die Bajuwaren datiert aus dem Jahr 2008. Seinerzeit war jener Friedl gerade vom FC Kufstein aus seiner österreichischen Heimat zum FCB gewechselt.
Nun will der Verteidiger seinem Ex-Club ein Bein stellen. "Wir sind alle Profisportler. Wenn wir nicht im Kopf hätten, dass wir diese Spiele gewinnen können, dann würden wir fehl am Platz sein", sagte der 25-Jährige kämpferisch.
Gut möglich, dass Friedl selbst dabei das Vergnügen haben wird, Kane zu observieren. Was nach einer ziemlich schweren Aufgabe klingt, bereitet dem Mann aus Kirchbichl keine schlaflosen Nächte. Der 100-Millionen-Euro-Transfer von Tottenham Hotspur sei zwar "einer der besten Stürmer der Welt". Aber: "Da gab es schon den einen oder anderen Stürmer in meiner Karriere, den man verteidigen musste."
Bremer Starverpflichtung Keïta fällt weiter aus
An Selbstbewusstsein scheint es den Bremern also nicht zu mangeln. Und auch personell kann Coach Ole Werner beinahe aus dem Vollen schöpfen. Nur Naby Keïta (Adduktorenverletzung) fällt weiterhin aus. Aber was heißt im Falle des Mittelfeldmannes schon "nur". Der 28-Jährige ist schließlich der "Königstransfer" von Werder. Wie Kane kam Keïta aus England nach Deutschland. Der "kleine" Unterschied zwischen beiden Transfers sind 100 Millionen Euro.
Denn während die Münchner Stars wahlweise mit Geld aus ihrer Portokasse oder von ihrem Festgeldkonto von anderen Clubs loseisen können, muss Werder ein Auge auf ablösefreie oder günstige Profis werfen. Es sind halt Fußball-Welten, die da heute Abend im Weserstadion aufeinandertreffen.
Mögliche Aufstellungen:
Werder Bremen: Pavlenka - Stark, Friedl, Pieper - Weiser, Groß, Jung, Bittencourt, Stage, Füllkrug, Ducksch
FC Bayern München: Ulreich - Pavard, Kim, de Ligt, Davies - Kimmich, Laimer, Sané, Musiala, Coman - Kane
