Vom DFB ausgebremst: Futsal-Spielerinnen kämpfen um Nationalteam
Es ist ein Hin und Her. Versprechen, Hoffnungen - und dann wieder die Enttäuschung. Die deutschen Futsal-Spielerinnen dachten, dass der DFB im Herbst dieses Jahres endlich eine Nationalmannschaft gründet. Doch sie warten weiter.
Dabei hat sich der Deutsche Fußball-Bund (DFB) eigentlich die Förderung von Frauen auf die Fahnen geschrieben. Doch im Oktober wird den Spielerinnen um die Osnabrückerin Jasmin Jabbes klar: So schnell wird es kein weibliches Team für die bekannteste Variante des Hallenfußballs geben.
Eine Männermannschaft existiert bereits seit 2015. Und immer wieder hatte es geheißen, dass auch ein Frauen-Team auf dem Weg sei. Im Frühjahr 2021 wurde es dann endlich konkret. Der DFB lud ein gutes Jahr lang Spielerinnen zu Sichtungsturnieren ein. Danach sollte es so weit sein.
U19-Männermannschaft statt Frauen-Nationalteam
Große Hoffnungen hatte Jabbes, die nach Stationen in Meppen und Osnabrück mittlerweile beim UFC Münster Futsal spielt, in den 9. September dieses Jahres gesetzt. Dann wollte das DFB-Präsidium die angekündigte Gründung der Nationalmannschaft endgültig beschließen. Doch wieder stand am Ende große Ernüchterung. "Wir hatten mehrere Lehrgänge. Wir haben echt viel Zeit investiert", so Jabbes. "Über die Medien kam dann heraus: Es wurde eine U19-Jungs-Nationalmannschaft gegründet. Weil aber niemand von einer Frauenmannschaft berichtete, haben wir uns das schon gedacht", sagt die 21-Jährige dem NDR.
Die offizielle Meldung erreichte die Spielerinnen erst über einen Monat später per Mail: Die Gründung der Frauen-Nationalmannschaft wurde vertagt. Wieder einmal gingen die Frauen leer aus. Anders als der Nachwuchs der Männer. Leere Versprechungen statt Gleichberechtigung - das ist die Botschaft, die bei Jabbes und den anderen Futsal-Spielerinnen ankommt.
DFB lässt konkrete Gründe offen
Doch wie verhält es sich wirklich? Der DFB reagiert auf NDR Nachfrage zu den Gründen schwammig: "Wir befinden uns zusammen mit den entsprechenden Gremien noch in der Diskussion, wie die weitere Futsal-Entwicklung sinnvoll angetrieben werden könnte", heißt es. Und weiter: "Die Entscheidung über die Gründung einer Futsal-Nationalmannschaft der Frauen wurde in der letzten Präsidiumssitzung vertagt, ist damit aber keinesfalls auf Eis gelegt."
Konkreter wird der Verband nicht. Aus der Mail an die Spielerinnen, die dem NDR vorliegt, geht aber hervor, dass auch finanzielle Gründe ausschlaggebend gewesen seien. Auch Jabbes sieht die Notwendigkeit, die Entwicklung des Frauen-Futsals weiter voranzutreiben. Aktuell gibt es nur einen Ligabetrieb in Nordrhein-Westfalen, mit gerade einmal sechs Mannschaften. Doch das kostet Geld. "Ohne Investition des DFB wird sich nichts entwickeln", sagt sie. Dazu scheint der DFB aber nicht uneingeschränkt bereit zu sein.
Die Zeit drängt jedoch. Schon 2024 startet die Qualifikation für die UEFA-Europameisterschaft der Frauen. Im kommenden Jahr müsste das Team dafür melden. "Die Quali können wir nur antreten, wenn der DFB sagt: Wir stellen eine offizielle Frauen-Nationalmannschaft", so Jabbes.
Petition an den DFB aufgesetzt
Um ihr Anliegen zu befeuern, haben die Futsalerinnen eine Petition an den DFB aufgesetzt. "Der Frauen-Futsal ist schon jetzt auf einem höheren Niveau im Vergleich zum Männer-Futsal in Deutschland. Zumal wir viele Spielerinnen haben, die in der Ersten oder Zweiten Bundesliga Fußball gespielt haben."
Der DFB-Ausschuss für Frauen- und Mädchenfußball hat sich schon mehrfach für eine Nationalmannschaft der Frauen ausgesprochen. Entscheiden aber werden andere. Die Kommission macht Vorschläge, gibt diese an den Ausschuss weiter, das Präsidium beschließt. Genau das könnte ein Problem sein. Denn während der DFB bereits aktiv auf der Suche nach Spielerinnen für ein Nationalteam war, hat das Präsidium im März 2022 gewechselt. Jabbes bemängelt zudem: "Im Präsidium sitzt keine einzige Frau. Und dort entscheiden sie, was gemacht wird."
Futsalerinnen kämpfen auch international um Anerkennung
Das studentische Frauenteam hat in diesem Sommer bei der Studenten-Weltmeisterschaft in Braga bereits gezeigt, dass es international durchaus mithalten kann. Der Wettbewerb genießt auf internationaler Ebene hohes Ansehen. Die Deutschen erkämpften sich Rang sechs, legten gegen Futsal-Größen wie Brasilien einen starken Auftritt hin und erzielten sogar ein Tor.
Angetreten waren sie in Portugal für den Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverband (ADH). Denn eine Weltmeisterschaft gibt es für die Futsal-Frauen unter dem Dach der FIFA noch nicht. Fast zeitgleich zu der Petition von Jasmin Jabbes und ihren Mitspielerinnen Ende Oktober sendeten auch zehn der besten Futsal-Spielerinnen der Welt eine eindrucksvolle Videobotschaft in Richtung FIFA. Sie fordern eine WM - so wie sie bei den Männer schon seit 1989 stattfindet. "Gleichberechtigung darf kein Versprechen bleiben", heißt es in dem Video.