Die Wolfsburgerin Ewa Pajor © picture alliance / foto2press

VfL Wolfsburg: Mit Champions-League-Kater in die Bundesliga-Topspiele

Stand: 19.10.2023 12:32 Uhr

Das unerwartete Aus in der Fußball-Champions-League noch vor der Gruppenphase schmerzt die Fußballerinnen des VfL Wolfsburg sehr. Ausgerechnet jetzt stehen wegweisende Bundesliga-Partien gegen Hoffenheim und Bayern München an.

von Tobias Knaack

Es ist tatsächlich passiert. "Unverhandelbar" sei das Erreichen der Gruppenphase in der "Königsklasse", hatte Trainer Tommy Stroot vor dem Hinspiel seines VfL gegen den französischen Hauptstadt-Club Paris FC gesagt. Aus der Unverhandelbarkeit ist nach dem enttäuschenden 0:2 im Rückspiel nun bittere Realität geworden.

Keine Zeit zum Wundenlecken

Seit 2012 hatten sich die "Wölfinnen" in jedem Jahr für die Champions League qualifiziert, 2013 und 2014 sogar den Titel gewonnen. Vier weitere Male mussten sich die Niedersächsinnen erst im Finale geschlagen geben, zuletzt im Juni gegen den FC Barcelona (2:3). Nun findet die Gruppenphase in dieser Saison ohne Wolfsburg statt. Bitter für den VfL - und der nächste Rückschlag für den deutschen Frauenfußball in diesem Jahr. 

Zeit zum Wundenlecken bleibt nicht. Der Fokus gehe nun voll auf den Gewinn nationaler Titel, sagte Stroot unmittelbar nach der Partie. Und da stehen in der Bundesliga in den kommenden Wochen zwei Topspiele auf dem Programm: Am Sonntag (14 Uhr, im NDR Livecenter) gastiert der noch ungeschlagene Tabellenzweite TSG Hoffenheim beim Spitzenreiter und nach der Länderspielpause müssen die Wolfsburgerinnen zum deutschen Meister Bayern München (5. November, 15 Uhr).

Popp: "Das tut brutal weh"

Vor diesen richtungweisenden Begegungen sitzt der Frust tief bei den Wolfsburgerinnen. "Das tut brutal weh", sagte die fassungslose Kapitänin Alexandra Popp nach dem unerwarteten K.o. "Wir standen letzte Saison im Finale - und plötzlich bist Du in der Gruppenphase nicht dabei."

Auch Coach Stroot sprach von einer "großen Niederlage für uns alle, die wir jetzt erst mal verdauen müssen". Denn der Club habe in der Vergangenheit "viele Highlights" zusammen gefeiert. Das Scheitern gegen Paris sei daher sehr schmerzhaft: "Für mich, für die Mannschaft, für den Verein."

Ralf Kellermann, Direktor Frauenfußball beim VfL, sagte der "Wolfsburger Allgemeinen", sein Club müsse sich nun erst mal neu sortieren angesichts der fehlenden Champions-League-Spieltage: "Wir werden ein ganz anderes Programm haben. Weniger Reisetage, weniger Spiele."

"Wir müssen uns in der Liga so positionieren, dass wir nächstes Jahr wieder dabei sind." Ralf Kellermann

Dem VfL fehlen die Champions-League-Einnahmen 

Finanziell bedeutet das Scheitern für die Wolfsburgerinnen einen herben Schlag. Dem VfL entgeht nicht nur das Startgeld in Höhe von 400.000 Euro. Auch weitere Prämien werden in der Kasse fehlen: Rund 1,1 Millionen Euro hatte der Club in der vergangenen Europapokal-Saison eingestrichen. Pro Sieg gab es 50.000 Euro, dazu weitere Extragelder für das Erreichen von Viertel- und Halbfinale sowie 200.000 Euro als Verlierer des Endspiels.

Vollkommen überraschend kommt das Aus noch vor der Gruppenphase indes nicht. Trotz vier Siegen zu Beginn der Bundesliga-Spielzeit war der Saison-Start der Wolfsburgerinnen holprig. Ob zuletzt gegen Leipzig, davor gegen Nürnberg, aber auch beim spektakulären 4:2 in Frankfurt oder beim Pokalspiel in Potsdam: Der VfL hat (noch) keinen Rhythmus. In fast jedem Spiel hakte es - sowohl offensiv wie defensiv.

Paris deckt Wolfsburger Probleme schonungslos auf

In der Bundesliga hat es bislang noch gereicht, international wurden die Defizite gegen die taktisch wie physisch starke Mannschaft aus Paris unter den Augen von Interims-Frauen-Bundestrainer Horst Hrubesch schonungslos offengelegt: die wiederholt trägen Startphasen, eine Defensive, der es an Tempo fehlt und die von fahrig bis fahrlässig agiert, der mangelnde Biss in den Zweikämpfen und schließlich das Unvermögen, mit dem hohen Pressing der Gegnerinnen umzugehen.

Einzig Popp stemmte sich in beiden Spielen erkennbar gegen das Ausscheiden. Alleine aber kann Deutschlands Fußballerin des Jahres es auch nicht richten. Zu viele ihrer Mitspielerinnen schleppen sich seit Wochen durch, sind zum Teil weit von ihrer besten Verfassung entfernt - stellvertretend sei nur die ansonsten herausragende Lena Oberdorf genannt, von deren Defensivstärke gegen Paris nichts zu sehen war.

Saison droht früh zu entgleiten

Bei vielen der Nationalspielerinnen im Kader des VfL mag das Ausscheiden in der Gruppenphase bei der WM in Down Under vom Sommer noch nachwirken. Auch andere Teams, "die viele Spielerinnen bei der WM hatten, sind noch nicht bei 100 Prozent", sagte Kellermann. Zudem wiegt der Abgang von Weltklasse-Spielerin Jill Roord (zu Manchester City) schwerer, als mancher das vielleicht zugestehen mag. "Vielleicht ist es gerade einfach zu wenig. Wir müssen daran arbeiten, konstanter zu sein", so Popp.

In den Partien gegen Hoffenheim und den FC Bayern können (und müssen) die "Wölfinnen" nun eine Reaktion auf das bittere Aus in der Champions League zeigen, soll ihnen die Saison nicht schon früh vollkommen entgleiten. Eine solche Reaktion ist erst recht: unverhandelbar.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 2 Sport | 18.10.2023 | 23:03 Uhr

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