St. Pauli vor "Charakterfrage": Hürzeler will Hansa Rostock helfen
Für den FC St. Pauli hat das letzte Saisonspiel am kommenden Sonntag beim SV Wehen Wiesbaden nach dem bereits perfekten Aufstieg in die Bundesliga eigentlich keine sportliche Relevanz mehr. Ein fröhlicher Betriebsausflug soll die Dienstreise nach Hessen nach dem Willen des ehrgeizigen Trainers Fabian Hürzeler aber nicht werden.
"Es ist etwas anderes, wenn in deinem Lebenslauf Aufsteiger steht oder Zweitliga-Meister", erklärte der 31-Jährige am Montag bei einer Medienrunde im Millerntorstadion, in dem die Hamburger tags zuvor mit dem 3:1-Sieg über den VfL Osnabrück die Bundesliga-Rückkehr perfekt gemacht hatten. Zudem löste der Kiezclub Mitaufsteiger Holstein Kiel, der am Sonnabend 1:1 gegen Fortuna Düsseldorf gespielt hatte, von der Tabellenspitze ab. Nun will Hürzeler den Platz an der Sonne unbedingt verteidigen.
Sollte St. Pauli am Sonntag (15.30 Uhr, im Livecenter bei NDR.de) beim Tabellen-16. gewinnen, könnte davon auch Nordrivale Hansa Rostock profitieren. Die Mecklenburger haben einen Zähler Rückstand auf Wehen Wiesbaden und können die Hessen nur überholen, wenn sie zeitgleich den SC Paderborn bezwingen.
Hürzeler wird wohl Stammformation aufbieten
Dass ausgerechnet St. Pauli den Rostockern Schützenhilfe im Kampf um den Klassenerhalt leisten könnte, ist dabei beinahe schon eine Ironie des Schicksals. Beide Fanlager sind seit viele Jahren verfeindet. Immer wieder kam es in der Vergangenheit bei den Duellen beider Clubs zu teils schweren Ausschreitungen. Doch diese Rivalität spielt für Hürzeler vor dem Saisonfinale seiner Mannschaft in Wiesbaden keine Rolle.
Das Spiel sei eine "Charakterfrage", sagte der Trainer. In Anbetracht seiner Aussagen ist nicht davon auszugehen, dass der 31-Jährige gegen die Hessen eine bessere B-Elf auf den Rasen schicken wird.
Bornemann sieht St. Pauli gut aufgestellt
Die Nacht nach dem Aufstieg war für Hürzeler kurz: "Ich hatte schon um 8.30 Uhr eine medizinische Runde, aber ich habe vorher schon ein wenig geschlafen." Auf die Frage, was sein erster Gedanken nach dem Aufwachen gewesen sei, antwortete der Coach: "Wie spielen wir gegen Wiesbaden." Die Vorbereitung auf das Saisonfinale beginnt am Mittwoch.
Auch Sportchef Andreas Bornemann richtete den Blick in die Zukunft. "Seit gestern haben wir Planungssicherheit", sagte der 52-Jährige. "Wir können auf einem guten Fundament aufbauen und jetzt die nächsten Schritte machen. Die Bundesliga ist schon ein anderes Level. Wir wissen, was auf uns zukommt, aber wir freuen uns darauf."
Clubboss Göttlich: "Sind ein Verein mit einer Botschaft"
Vereinspräsident Oke Göttlich hob derweil auf den Markenkern des FC St. Pauli ab: "Wir sind ein Verein mit einer Aussage, einer Botschaft." Im Gegensatz zu Clubs mit ausgegliederten Profiabteilungen und Geld von Investoren wolle man auch "als mitgliedergeführter Verein erfolgreich sein". Der Unternehmer weiß aber auch: "Wir spielen nicht mit den Instrumenten, wie andere Vereine, die im Finanzkonzert Bundesliga mitspielen."
Kurzfristig steht für den Clubboss die als "Demonstration für Demokratie und Clubkultur" angekündigte Aufstiegsparty am Pfingstmontag im Visier. Mit Blick auf die mögliche Meisterschale sagte der 48-Jährige mit einem Schmunzeln und so, wie man es von einem St.-Pauli-Funktionär erwarten kann: "Wir hoffen, dass wir etwas übergeben bekommen. Vielleicht schmelzen wir das ein und machen eine 50+1-Trophäe daraus."