HSV - Braunschweig: So kann die Eintracht der Heimmacht heute wehtun
Aufstiegsaspirant HSV empfängt heute Abend Eintracht Braunschweig zum Nordduell in der 2. Fußball-Bundesliga. Statistisch gesehen könnte die Favoritenrolle der Hamburger nach dem bisherigen Saisonverlauf nicht klarer sein. Doch der Tabellenvorletzte kommt mit neuem Trainer und frischen Erfolgsgefühlen im Gepäck in den Volkspark.
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache. Auf der einen Seite stehen bei der Mannschaft von Trainer Tim Walter sechs Heimsiege aus sechs Partien, beim BTSV hingegen sechs Pleiten aus sechs Gastspielen. Heimstärke auf der einen und Auswärtsschwäche auf der anderen Seite könnten deutlicher nicht ausfallen.
"Da müssen wir über eine Favoritenrolle nicht einmal im Ansatz diskutieren", sagte BTSV-Neu-Trainer Daniel Scherning. "Wir treffen auf die beste Mannschaft der Liga aus meiner Sicht, gespickt mit Top-Spielern für diese Liga."
HSV zu Hause mit weißer Weste
Die Hamburger freuen sich nach der dritten Auswärtspleite der Saison am vergangenen Spieltag in Kiel, dass heute (18.30 Uhr, im NDR Livecenter) wieder ein Heimspiel ansteht. War der HSV in der vergangenen Spielzeit noch das auswärtsstärkste Team der Liga, geht der Mannschaft diese Fähigkeit aktuell mit nur einem Erfolg in der Fremde komplett ab. Zu Hause hingegen steht die eindrucksvolle Bilanz von 18 Zählern aus sechs Begegnungen - bei einem Torverhältnis von 15:3.
Auch wenn Walter beteuert, man spiele daheim genauso wie auswärts, zeigen die GSN-Daten die Diskrepanz der Hamburger Auftritte im Volksparkstadion und auswärts in dieser Saison. Unterschiede sind insbesondere beim Pressing und bei den Zweikämpfen zu sehen. Kommt der Tabellenzweite in der heimischen Arena auf durchschnittlich 19 hohe Pressingsituationen, sind es in fremden Stadien im Schnitt keine zehn.
Ramos wieder fit, Ambrosius vor Rückkehr
Zu Hause gewinnen die Hanseaten zudem durchschnittlich knapp 52 Prozent der Zweikämpfe, auswärts entscheiden sie hingegen nur 47 Prozent der Duelle für sich.
Heim | Auswärts | |
---|---|---|
Punkte | 18 | 6 |
Tordifferenz | 15:3 | 11:14 |
Hohe Pressingsituationen | 19,0 | 9,67 |
Gewonnene Zweikämpfe | 51,65 Prozent | 47,13 Prozent |
Gewonnene Kopfballduelle | 52,03 Prozent | 48,37 Prozent |
Schüsse | 19,0 | 13,83 |
Schüsse des Gegners | 9,67 | 13,57 |
Expected Goals | 2,91 | 1,71 |
Expected Goals des Gegners | 1,11 | 2,09 |
Einer, der in dieser Hinsicht bisher beim HSV mit die besten Werte hat, ist Guilherme Ramos. Der portugiesische Innenverteidiger, der gegen Kiel angeschlagen ausgewechselt werden musste, steht Walter wieder zur Verfügung. Und auch beim zuletzt verletzten Stephan Ambrosius könnte es für einen Startelf-Einsatz an Ramos' Seite reichen, wie der Coach erklärte.
Walter muss Abwehr erneut umbauen
Nach dem Ausfall von Sebastian Schonlau und der Gelbsperre für Dennis Hadzikadunic stellt sich die Innenverteidigung fast von selbst auf, auch wenn sich Walter eine Umstellung auf eine Dreierkette noch offenhalten will. Egal, ob personell oder taktisch, schon jetzt ist klar: Es wird im fünften Spiel nacheinander die fünfte unterschiedlich besetzte Abwehrformation geben, die der HSV-Trainer ins Rennen schickt.
Den vor der Saison von der Eintracht gekommenen Mittelfeldregisseur Immanuel Pherai, der noch torlos dasteht, redete der 48-Jährige vor dem Duell mit seinem Ex-Club stark: "Er hat ein unfassbares Talent, ein super Tempo-Dribbling und will jeden Tag lernen." Er brauche zwar noch mehr Konstanz, Walter zog aber den Vergleich zu Leistungsträgern wie Ludovit Reis und Laszlo Benes, die ebenfalls Eingewöhnungszeit benötigten. Bei Pherai erwarte er den "gleichen Weg".
Eintracht auf fremden Plätzen: ein Tor, kein Punkt
Auf der anderen Seite fehlte der Eintracht - auch durch Pherais Abgang - in vielen Partien in dieser Spielzeit die Durchschlagskraft; insbesondere auswärts. In sechs Begegnungen auf fremden Plätzen haben die Braunschweiger noch nicht einen Punkt geholt. In den 540 Minuten gelang den Niedersachsen zudem nur ein Treffer - das zu späte und bedeutungslose Tor von Anthony Ujah in der Nachspielzeit beim 1:2 in Magdeburg. Das war am 6. August. Seither warten die "Löwen" auf einen Treffer in der Fremde.
Überhaupt stellt der Tabellenvorletzte mit nur zehn Toren den schwächsten Angriff und hat eine der geringsten Ballbesitzquoten der Liga. Wie die GSN-Daten zeigen, gelingen dem Scherning-Team in Auswärtspartien im Schnitt keine zehn Schüsse - auch weil sich die Mannschaft zu selten in gute Abschlusspositionen spielt und diese durchschnittlich rund 18 Meter vom gegnerischen Tor entfernt liegen.
Heim | Auswärts | |
---|---|---|
Punkte | 8 | 0 |
Tordifferenz | 9:13 | 1:13 |
Hohe Pressingsituationen | 16,86 | 22,50 |
Gewonnene Zweikämpfe | 48,51 Prozent | 49,00 Prozent |
Gewonnene Kopfballduelle | 41,10 Prozent | 45,74 Prozent |
Schüsse | 14,43 | 9,33 |
Schüsse des Gegners | 11,29 | 14,83 |
Expected Goals | 1,66 | 1,00 |
Expected Goals des Gegners | 1,49 | 1,66 |
Umgekehrt lassen die "Löwen" auswärts deutlich mehr Schüsse des Gegners zu als bei Heimspielen. Und dennoch gibt es nach dem vergangenen Spieltag Hoffnung für die Eintracht - auch mit Blick auf das Duell mit der Heimmacht HSV. Zum einen, weil drei der bisherigen zehn Saisontore beim umjubelten Last-Minute-Sieg über Osnabrück fielen.
BTSV tankte gegen St. Pauli Selbstvertrauen
Zum anderen, weil der BTSV in Auswärtspartien schon jetzt mehr Zweikämpfe und Kopfballduelle gewinnt und aggressiver im Pressing ist als zu Hause. Das könnte gegen die abermals umformierte und keineswegs sattelfeste Defensive der Hamburger ein probates Mittel sein, um über hohe Ballgewinne mehr Torgefahr zu erzeugen.
Zusätzliches Selbstvertrauen tankten die Niedersachsen während der Länderspielpause durch den 2:1-Testspielsieg über Ligaprimus St. Pauli. So kommt die Mannschaft nach zuvor turbulenten Wochen beim zweiten Pflichtspiel unter Scherning zumindest mit ein wenig Rückenwind in den Volkspark. Am grundlegenden Konzept, aus einer stabilisierten Defensive auf Umschaltmomente und Standards zu setzen, wird auch der Neu-Trainer nach der noch immer kurzen Zeit der gemeinsamen Arbeit festhalten.
Ein Konzept im Übrigen, mit dem die Eintracht beim jüngsten Gastspiel im Volkspark im Januar bis kurz vor Schluss auf einen Punkt hoffen durfte. Erst tief in der Nachspielzeit begrub Reis nach einem langen Sololauf mit einem strammen Schuss diese Hoffnung und erlöste den HSV mit seinem Treffer zum 4:2.
Scherning: Müssen leiden
"Dass wir leiden müssen, Dinge richtig gut machen müssen, steht außer Frage. Kleinigkeiten werden gegen einen solchen Gegner bestraft", so Scherning vor dem nächsten Aufeinandertreffen. Wichtig sei, dass seine Mannschaft - bei allen Stärken des HSV - "ihre eigenen Stärken auf den Platz bekommt". Glaube könne Berge versetzen. "Den brauchen wir, um zu bestehen und etwas mitzunehmen."
Mögliche Aufstellungen:
Hamburger SV: Heuer Fernandes - Mikelbrencis, Ambrosius, Ramos, Muheim - Meffert - Benes, Pherai - Jatta, Glatzel, Dompé
Eintracht Braunschweig: Hoffmann - Ivanov, Decarli, Bicakcic - Rittmüller, Donkor - Kaufmann, Krauße, Helgason - Krüger, Gomez