Der HSV zeigt beim 2:4 bei Holstein Kiel sein Auswärtsgesicht
Der Hamburger SV hat es in der 2. Fußball-Bundesliga verpasst, mit Tabellenführer FC St. Pauli gleichzuziehen. Im Auswärtsspiel bei Holstein Kiel verlor der HSV am Sonnabend mit 2:4 (0:1) - und konnte den "Patzer" der Kiezkicker nicht nutzen.
Die Gäste zeigten, auch wenn die Fahrt gen Norden nur ein Stündchen gedauert hatte, in Kiel wieder ihr Auswärtsgesicht. Im Volksparkstadion noch ohne Punktverlust, hat der HSV auf fremden Plätzen auch nach dem siebten Spiel lediglich einen Sieg geholt. Und die KSV Holstein hätte die Hanseaten eigentlich deutlicher besiegen müssen.
"Wie wir dann das Spiel gewinnen, tut uns sehr gut. Unabhängig davon, wer der Gegner ist. Aber mit dem Gegner erst recht." Holstein Kiels Steven Skrzybski
Die Treffer von Steven Skrzybski (20./Foulelfmeter) und Benedikt Pichler (57.) zur 2:0-Führung waren das Mindeste bei der Vielzahl der Chancen. Robert Glatzel brachte sein Team mit einem Doppelschlag zurück ins Spiel (71./80.) - aber Kiel zeigte keine Nerven. Der Ex-Hamburger Finn Porath (83.) und Jonas Sterner (88.) sorgten für Kiels verdienten Sieg.
Die KSV bleibt der Angstgegner des HSV: In nun elf Zweitliga-Duellen gab es nur einen Sieg. In der Tabelle rückte Kiel auf den Relegationsrang vor und bis auf einen Punkt an die zweitplatzierten Hamburger heran. Durch das Remis des FC St. Pauli gegen Hannover 96 am Freitagabend ist der Rückstand des HSV auf Platz eins auf drei Punkte angewachsen.
HSV-Keeper Heuer Fernandes: "Einfach zu wenig"
"Wir haben heute keine gute Leistung gezeigt, wenig von dem umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben. Unsere individuellen Fehler wurden direkt bestraft", ärgerte sich HSV-Keeper Daniel Heuer Fernandes und fügte deutlich. "Wenn man die kompletten 90 Minuten betrachtet, ist das einfach zu wenig."
Auch Tim Walter nahm kein Blatt vor den Mund. "Wir haben zu viele Fehler gemacht und sehr schlecht verteidigt. Wenn der Gegner das dann ausnutzt: Herzlichen Glückwunsch", grantelte der HSV-Coach, der nach eigener Aussage "enttäuscht und auch ein bisschen sauer" war. Von der offensichtlichen Auswärtsschwäche wollte Walter allerdings nichts wissen: "Das hat mit heim oder auswärts nichts zu tun. Wir waren heute einfach nur schlecht in der Verteidigung. In Hamburg hätten wir das Spiel auch verloren."
Des einen Leid ist im Fußball häufig des anderen Freud und so sagte Kiels Skrzybski: "Es war ein hoch emotionales Spiel. Ich bin aber auch unglaublich stolz auf die Mannschaft, wie man nach den beiden Nackenschlägen zurückkommt. Wie wir dann das Spiel gewinnen, tut uns sehr gut. Unabhängig davon, wer der Gegner ist. Aber mit dem Gegner erst recht."
Kiel macht zu wenig aus seinen Chancen
Das Nordduell an der Förde war nur sehr langsam in Schwung gekommen. Und auch der Kieler Angriff, der zum 1:0 führte, schien alles andere als erfolgsversprechend. Die Flanke von der rechten Seite köpfte HSV-Verteidiger Dennis Hadzikadunic zu seinem Nebenmann Miro Muheim. Aber der Linksverteidiger schaltete in dieser Situation viel zu langsam. Kiels Lewis Holtby ging dazwischen und nahm die Berührung an seinem Knöchel dankend an - Elfmeter! Skrzybski trat an und schickte Torwart Daniel Heuer Fernandes in die falsche Ecke - 1:0 für Kiel (20.).
Und in der Folge zeigte sich immer deutlicher, dass in der HSV-Abwehr die Abstimmung fehlte. Nach dem Ausfall von Stephan Ambrosius stand die Viererkette im 13. Saisonspiel schon in der siebten unterschiedlichen Besetzung auf dem Platz. Skrzybskis Schuss sauste knapp am langen Eck vorbei (35.). Nur zwei Minuten später brach Timo Becker über rechts durch und in der Mitte klärte Guilherme Ramos im letzten Moment vor Fiete Arp. Und kurz darauf hatte Muheim Glück, dass ihm im Gewühl kein Eigentor unterlief (41.). Chancen des HSV? Mehr als eine Dompé-Flanke, die lang und länger wurde und dann am Außenpfosten landete, kam von der Mannschaft von Trainer Walter nicht.
Pichler belohnt Kiel für starkes Spiel
Und nachdem Dompé auch die erste Halbchance der zweiten Hälfte vergeben hatte, lag schon wieder das 2:0 in der Luft. Erst störte Ramos Kiels einschussbereiten Pichler gerade noch - und hätte sich womöglich auch über einen Elfmeterpfiff nicht beschweren dürfen (48.). Dann setzte Colin Kleine-Bekel einen Kopfball aus sehr guter Position daneben (50.) und Hadzikadunic blockte gerade noch den Schuss von Pichler (51.).
Genau in diese Druckphase hinein hätte der HSV um ein Haar ausgeglichen. Nach Flanke von William Mikelbrencis köpfte Glatzel an Torhüter Timon Weiner vorbei. Aber Marko Ivezic bekam noch den Fuß dazwischen und klärte mit Hilfe der Unterkante der Latte (53.). Und bevor sich der Kieler Chancenwucher noch wirklich rächen konnte, nutzte Pichler seine nächste Chance zum 2:0. Holtby schickte den Österreicher steil und der umkurvte Ramos wie eine Slalomstange: den Ball mit rechts mitgenommen und mit links unhaltbar für Heuer Fernandes reingeschossen (57.).
KSV findet die richtige Antwort auf HSV-Doppelschlag
Wie schon so oft gesehen, versuchten die Hamburger nach einer enttäuschenden Partie, das Ruder in der Schlussphase noch herumzureißen. Und wie so oft war es Glatzel, der sein Team zurück ins Spiel brachte. Nach einer Flanke von Muheim kam er vollkommen frei aus fünf Metern zum Kopfball - 1:2 (71.). Und nur neun Minuten später war alles wieder offen. Diesmal flankte Bakery Jatta und Glatzel köpfte ins leere Tor, weil sich Keeper Weiner kolossal verschätzt hatte.
Die Euphorie ließ die Hamburger allerdings den Kopf verlieren. Anstatt das Momentum überlegt für sich zu nutzen, ließen sie sich auskontern. Ausgerechnet die beiden Ex-HSVer Arp, der sich toll durchsetzte und den richtigen Pass spielte, und der kurz zuvor eingewechselte Porath trafen die Hamburger ins Mark. Porath lief frei auf Heuer Fernandes zu und wuchtete den Ball zur erneuten Kieler Führung ins Netz (83.). Fünf Minuten später war der Sieg der Hausherren perfekt: Nach einem Tohuwabohu im HSV-Strafraum traf Sterner zum 4:2-Endstand (88.). Arp hätte in der Nachspielzeit sogar beinahe noch auf 5:2 erhöht - Heuer Fernandes rettete - und auch ein Sieg mit drei Toren Differenz wäre verdient gewesen.