HSV: Mit "Kämpfer" Marco Richter als Sinnbild zum Aufstieg?

Stand: 24.02.2025 11:50 Uhr

Fußball-Zweitligist HSV und Marco Richter haben beide äußerst wechselhafte Jahre hinter sich. Der Offensivspieler hat einen harten Schicksalsschlag gemeistert und will nun mit dem Club zurück in die Bundesliga. Für Richters Freundin steht der Aufstieg außer Frage.

von Tobias Knaack

In Hamburg können sie den Sekt kalt stellen. Denn "Orakel" Charlotte Siessl hat es im Sommer ja schon gesagt: In dieser Saison, der siebten des HSV in der 2. Liga, steigt der Club wieder in die Bundesliga auf.

Siessl und Richter waren damals, im August des vergangenen Jahres, noch in Mainz. Die beiden hätten ein Spiel der Hamburger geschaut, als sie ihre Vorhersage traf, erzählte Siessl am Sonntag im NDR Sportclub. Ein Wechsel zum HSV? Zu dem Zeitpunkt kein Thema. Doch wenige Tage später folgte der Anruf aus der Hansestadt, Richter wurde auf Leihbasis Spieler des HSV und soll seither mithelfen, das große Ziel zu erreichen.

Der 27-Jährige kann und will da natürlich nicht widersprechen. Weil Siessl seine Freundin ist. Vor allem aber, weil er selbst überzeugt davon ist, dass es gelingt: "Zu 100 Prozent. Keine Frage, es ist jetzt soweit."

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Richter hat wechselhafte Jahre hinter sich

Es wäre - sollte es klappen - ein langer Weg, den der Verein dann genommen hätte, um dahin zurückzukehren, wo er sich selbst immer gesehen hat: in der Beletage des deutschen Fußballs. Es wäre nach äußerst wechselhaften Jahren, ja anderthalb Jahrzehnten, mit deutlich mehr Niederschlägen als Höhepunkten ein Grund zum Feiern für alle, die es mit dem Club halten.

Aber auch für Richter persönlich wäre der Aufstieg ein Riesenerfolg. Denn auch der offensive Mittelfeldspieler hat äußerst wechselhafte Jahre hinter sich - privat und sportlich.

Bösartiger Hodentumor musste entfernt werden

Privat, weil es noch gar nicht lange her ist, dass sein Leben bedroht war. Richter musste sich 2022 einen bösartigen Hodentumor entfernen lassen. Die Operation war erfolgreich, eine Chemotherapie blieb ihm erspart. Bis auf routinemäßige Nach- und Vorsorgetermine ("Da ist immer ein bisschen Anspannung") sei alles gut, sagte Richter, der in Friedberg bei Augsburg geboren wurde und aufgewachsen ist.

Doch auch sportlich waren die vergangenen Jahre für Richter, der sich selbst als Straßenfußballer bezeichnet, herausfordernd. Der einstige U-Nationalspieler, 176-facher Bundesliga-Spieler, war 2021 nach zehn Jahren beim FCA zu Hertha BSC nach Berlin gewechselt. Von dort ging es 2023 nach Mainz. Richtig Fuß fassen konnte er weder in der Hauptstadt noch bei den Rheinhessen.

Beim HSV kommt Richter langsam in Schwung

Der Schritt nach Hamburg, zu einem Zweitligisten, war für ihn daher auch einer, um der eigenen Karriere mit Anlauf wieder zum Aufstieg zu verhelfen. Über Spielpraxis. Über Erfolgserlebnisse. Und nach holprigem Beginn unter Ex-Coach Steffen Baumgart ist Richter unter Neu-Cheftrainer Merlin Polzin auf einem guten Weg, steht häufig in der Startelf. Nach einem Treffer beim 2:2 gegen Schalke 04 in der Hinrunde sind ihm mit zwei Vorlagen in der Rückrunde schon zwei Torbeteiligungen gelungen - zuletzt legte er am vergangenen Freitag beim 3:0 gegen Kaiserslautern den ersten Zweitliga-Treffer von Fabio Baldé auf.

Dabei bemisst sich Richters Wert für die Mannschaft beileibe nicht rein an Zahlen, sondern viel mehr an seiner Attitüde, die er in das Spiel der Hamburger einbringt: mit seiner Laufbereitschaft - offensiv wie defensiv -, mit seiner Einstellung, mit seiner Kampfkraft. Er spüre das Vertrauen Polzins, der ihm auf dem Platz auch die entsprechenden Freiheiten einräume.

Im Gespräch im Volksparkstadion versprühte Richter Freude und Optimismus. Das sei auch ein Spiegel der Stimmung in der Mannschaft, das Team nimmt er als eine eingeschworene Gemeinschaft wahr: "Wir sind alle positiv", sagte er.

"Ich habe vieles mit mir selbst ausgemacht. Ob privat oder beim Fußball. Ich war keiner, der andere damit belasten wollte." HSV-Spieler Marco Richter

Das trifft nach der eigenen bewegten Geschichte der vergangenen Jahre auch und gerade auf ihn persönlich zu. Auf dem Weg sei es für ihn wichtig gewesen, sich selbst zu öffnen, seine Sorgen und Ängste zu teilen. Wichtig war dabei einerseits sein Teamkollege Davie Selke, der damals schon in Berlin sein Mitspieler war und ihn nach der Tumor-Diagnose in den Arm nahm: "Er ist ein sehr guter Freund und war immer da."

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Vor allem aber auch seine Freundin. Siessl habe ihm rund um seine Erkrankung ins Gewissen geredet, ihm gesagt, dass es "jetzt langsam Zeit wird, dass du redest". Das sei für ihn "ein schwieriger Weg" gewesen, denn "ich habe vieles mit mir selbst ausgemacht. Ob privat oder beim Fußball. Ich war keiner, der andere damit belasten wollte."

Nun aber habe er "ein, zwei Wege", sich besser artikulieren und so auch Dinge verarbeiten zu können. Nachdem er sich nach seiner schweren Erkrankung und der Operation zurück ins Leben gekämpft hat, ist er nun auch sportlich auf dem Weg, seine ins Stocken geratene Karriere wieder in Schwung zu bringen - und dem HSV so vielleicht zur lang ersehnten Bundesliga-Rückkehr zu verhelfen. Wobei: Seiner Freundin zufolge steht die ja ohnehin fest.

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Eine Fußballtabelle vor eine Fußballmotiv © Colourbox Foto: Pressmaster

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Dieses Thema im Programm:

Sportclub | 23.02.2025 | 23:35 Uhr

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