Das sind die spannendsten Neuzugänge von HSV, 96 und Braunschweig
Der HSV, Hannover 96 und Eintracht Braunschweig greifen in der Zweiten Liga wieder an. Alle Clubs wollen in der Tabelle weiter nach oben. Welche Transfers dabei am meisten helfen könnten, zeigen die Daten.
Als Silvan Hefti nach seinem Debüt im HSV-Trikot gegen die Hertha (1:1) in die Katakomben kam, war er einerseits beeindruckt von der Atmosphäre im einmal mehr ausverkauften Volksparkstadion. "Ich bin aber auch total heiser, weil es im Stadion sehr laut war", sagte der Schweizer Neuzugang, der wie abgesprochen als Joker zum (24-minütigen) Einsatz gekommen war.
Ein Torschuss in der Nachspielzeit am Berliner Kasten vorbei war seine auffälligste Aktion. Der 26 Jahre alte Rechtsverteidiger überzeugte aber eher defensiv. Er machte seine Seite dicht, über die es zuvor einige gefährliche Angriffe gegeben hatte. Knapp drei gelaufene Kilometer, 19 Ballkontakte und eine Zweikampfquote von 60 Prozent des 1,83-Meter-Mannes, den der HSV in der vergangenen Woche fest aus Genua verpflichtet hatte, können sich durchaus sehen lassen.
GSN: Hefti bisher bester HSV-Transfer
Und die Daten des Global Soccer Networks (GSN) zeigen, dass Manager Stefan Kuntz mit Hefti ein guter Griff gelungen sein dürfte. Mit seinem aktuellen Indexwert von 64,58 ist er ein "solider Bundesligaspieler" und der zweitbeste Neuzugang hinter Davie Selke. Anders als im Fall von Selke, der Robert Glatzel - bester Hamburger Angreifer der vergangenen Jahre - sehr ähnlich ist, zog die Verpflichtung aber keine Diskussionen nach sich, weil ein guter Rechtsverteidiger im Kader noch fehlte. Zu Heftis Stärken gehören das Timing beim Tackling, das defensive Positionsspiel und seine Einsatzbereitschaft.
Mit Tempo, Technik und Flanken soll der Eidgenosse auch das Offensivspiel beleben. Dort liegen aber auch seine Schwächen - ihm fehlt es an Kreativität im Spiel und auch seine Abschlüsse sind zu ungefährlich. So erklärt sich auch, dass der mögliche GSN-Index von 66,01 kaum Entwicklungspotenzial verspricht.
Dennoch hat der HSV die Baustelle rechts hinten laut GSN geschlossen: Der Wert, der anzeigt, wie gut der Spieler die Anforderungen an Position und Spielsystem bei den Hanseaten erfüllt, liegt bei 81,93 Prozent.
Leitl und Scherning von Neuzugängen überzeugt, aber...
Und damit liegt der Neu-Hamburger weit vor den vielversprechendsten Neuen der beiden anderen Nordclubs. Trainer Stefan Leitl von Hannover 96 lobte Jessic Ngankam für "Wucht, Tiefe und Entschlossenheit". Die Anforderungen an sein System erfüllt der ehemalige U21-Nationalspieler aber nur zu 69 Prozent. Bei Sven Köhler, dem Top-Transfer von Eintracht Braunschweig, sind es auch lediglich 74,29 Prozent.
Für "Löwen"-Coach Daniel Scherning ist sein alter Weggefährte aus der gemeinsamen Zeit beim VfL Osnabrück allerdings die "ideale Lösung". Der 27-Jährige hat in der Jugend schon in Dortmund und auf Schalke gespielt, zuletzt kickte der defensive Mittelfeldspieler für Odense BK in Dänemark. Beim missratenen Braunschweiger Saisonstart mit null Punkten und 2:8 Toren nach zwei Spielen war Köhler noch einer der Besseren.
Köhler könnte als Abfangjäger wichtig werden
Der Allrounder hat einen GSN-Index von 59,83 und gilt damit als "guter Zweitliga-Spieler" (möglicher GSN-Index 61,93). Für ihn sprechen unter anderem sein gutes Passspiel, seine aggressive Spielweise, Übersicht und Führungsqualitäten. Er hat aber deutliche Defizite bei Antritt, Tempo und Beweglichkeit - und ein kreativer Mittelfeldspieler ist er laut der Datenanalyse auch nicht.
In der Kategorie Passspiel und Kreativität fällt er deshalb in der Bewertung deutlich ab. Bei seinen defensiven Fähigkeiten, bei der physischen Präsenz und Ausdauer schneidet Köhler aber genauso gut ab wie beim Spielverständnis und der Anpassungsfähigkeit.
In Dänemark überzeugte Köhler als Abfangjäger: Viele Balleroberungen gingen auf sein Konto. Und an dieser Stelle könnte er in Zukunft wichtig für die Niedersachsen werden. Denn zugebissen haben die "Löwen" in der vergangenen Saison vor allem, wenn sie schnell umschalten konnten.
Ngankam galt als großes Versprechen für die Zukunft
Ngankam, laut GSN-Index (67,36/solider Bundesligaspieler) Hannovers bester Neuer, galt vor einigen Jahren noch als eine der größten deutschen Sturmhoffnungen überhaupt. Doch weder bei seinem Stammclub, der Hertha, oder bei Eintracht Frankfurt, noch bei seinen Leihstationen in Fürth oder Mainz wusste der mittlerweile 24-Jährige nachhaltig zu überzeugen.
Dabei bringt der bullige Angreifer wirklich alles mit: Aggressivität, Kreativität und Zweikampfstabilität, dazu Stärken im offensiven Eins-gegen-eins, bei der Raumfindung, bei Antritt und Tempo. Auch an seinem Einsatzwillen gibt es nichts auszusetzen.
Für einen modernen, mitspielenden Stürmer fehlt es ihm jedoch an Stärken im Spiel gegen den Ball - im defensiven Positionsspiel ebenso wie in der Zweikampfführung. So punktete er bei seinen zumeist kurzen Einsätzen zwar mit 46 Defensivaktionen pro 90 Minuten (zusammengerechnet). Mit einer Zweikampfquote von 26 Prozent war er den Daten nach aber der zweitschlechsteste Spieler der Liga auf seiner Position.
Und insgesamt ist festzuhalten: Die Konzentration (auch bei den eigenen Chancen) lässt zu wünschen übrig. Mit elf Toren bei bisher 75 Profi-Einsätzen ist er den hohen Erwartungen, nachdem er bei den A-Junioren noch Bundesliga-Torschützenkönig war, bislang nirgendwo gerecht geworden.
Wie schnell kommen die drei Neuzugänge bei ihren Clubs an?
Leitl baut den Hoffnungsträger - schließlich ist die Zielsetzung der "Roten" in dieser Saison laut ihres Drei-Jahres-Plans die Rückkehr in die Bundesliga - wohl auch deshalb langsam auf. An den beiden ersten Spieltagen kam der gebürtige Berliner zusammen auf 44 Einsatzminuten. Zwei Torschussvorlagen und ein eigener Abschluss sind bisher notiert.
Er habe beim Wechsel nach Hannover "insgesamt einfach ein sehr gutes Gefühl", hatte der Profi Ende Juni erklärt. Um wieder "auf Bundesliganiveau den Unterschied auszumachen", was Ngankam laut Manager Marcus Mann bereits nachgewiesen habe, ist es allerdings noch ein weiter Weg.
Für alle drei Neuzugänge heißt es aber zunächst weiter, beim neuen Club und in der Liga anzukommen. HSV-Verteidiger Hefti stellte deshalb auch trotz des späten 1:1 gegen die Hertha für sich persönlich fest, er sei auf seinen ersten Einsatz im ausverkauften Volksparkstadion "gut vorbereitet" gewesen - "und froh, dass es geklappt hat".