Analyse vor Bundesliga-Auftakt: Wer wird Meister, wer muss zittern?
Bayern München hat das stärkste Team - aber wie sieht es in der Fußball-Bundesliga dahinter aus? Wer kann in der neuen Saison im Vergleich der aktuellen Kader vorne mitspielen, wer muss um den Klassenerhalt bangen? Das sagen die GSN-Daten.
Der FC Bayern holt den Titel - diesen "Film in Endlosschleife" hat in der vergangenen Saison Bayer Leverkusen nach elf Jahren beendet. Das Team von Trainer Xabi Alonso gewann sogar das Double aus Meisterschaft und Pokal - und der Rekordmeister wurde hinter dem Überraschungs-Zweiten VfB Stuttgart nur Dritter.
Eine fußballerische Zeitenwende? Möglicherweise nicht. Denn schaut man vor der neuen Spielzeit auf die Qualität der Kader, landet der FCB den Daten des Global Soccer Networks (GSN) zufolge wieder auf Rang eins. Das Team von Neu-Coach Vincent Kompany rangiert - wie in der Vorsaison - mit Abstand vor den übrigen Bundesliga-Teams (GSN-Index von 76,68). So weit, so wenig überraschend. Aber wie sieht es hinter dem Ligaprimus aus?
Bayern und BVB verlieren - Bayer, VfB und Frankfurt werden stärker
Was an der Spitze der Liga auffällt: Im Gegensatz zum FC Bayern, dessen GSN-Index um rund 0,7 Prozentpunkte schlechter ist im Vergleich zur Vorsaison, legen aus den Top sechs der vergangenen Spielzeit Meister Leverkusen (plus 1,85 auf 72,90), der VfB (plus 1,98 auf 70,29), RB Leipzig (plus 0,95 auf 72,18) sowie Eintracht Frankfurt (plus 0,95 auf 70,11) in puncto Kader-Qualität zu.
Trotz der großen Einkaufstour - unter anderem wurden Pascal Groß, Serhou Guirassy und Waldemar Anton verpflichtet - ist aus dem "Führungs-Sextett" der Vorsaison auch Borussia Dortmund unter dem neuen Coach Nuri Sahin im GSN-Ranking abgesackt (minus 1,77 auf 72,81). Wahrscheinlich auch eine Folge des Abgangs des gebürtigen Hannoveraners Niclas Füllkrug zu West Ham in die Premier League.
Mit einem Index von mehr als 70 können die sechs besten Bundesliga-Teams der Vorsaison dem GSN-Ranking nach als Mannschaften von "internationaler Klasse" eingestuft werden. Vor der vergangenen Spielzeit fielen ebenfalls sechs Teams in diese Kategorie. Der Unterschied: Mit dem VfL Wolfsburg und Hoffenheim waren zwei Teams höher im Ranking als vor dieser Saison.
Team | GSN Index 24/25 | GSN Index 23/24 | GSN Index Tor | GSN Index Defensive | GSN Index Mittelfeld | GSN Index Angriff |
---|---|---|---|---|---|---|
FC Bayern München | 76,68 | 77,39 | 77,65 | 76,18 | 76,02 | 77,86 |
Bayer Leverkusen | 72,90 | 71,05 | 70,69 | 71,72 | 74,16 | 73,31 |
Borussia Dortmund | 72,81 | 74,58 | 73,01 | 71,94 | 72,50 | 73,83 |
RB Leipzig | 72,18 | 71,23 | 70,58 | 72,29 | 72,89 | 71,94 |
VfB Stuttgart | 70,29 | 68,31 | 70,11 | 70,20 | 68,98 | 71,85 |
Eintracht Frankfurt | 70,11 | 69,16 | 71,93 | 69,47 | 70,75 | 68,52 |
VfL Wolfsburg | 69,97 | 70,96 | 68,99 | 70,06 | 69,22 | 71,12 |
SC Freiburg | 69,66 | 69,15 | 66,57 | 69,15 | 70,85 | 69,93 |
Union Berlin | 69,30 | 67,26 | 71,51 | 69,68 | 68,73 | 68,68 |
Borussia Mönchengladbach | 68,85 | 69,69 | 70,50 | 67,40 | 68,87 | 69,76 |
TSG 1899 Hoffenheim | 68,49 | 70,04 | 70,50 | 67,86 | 67,97 | 70,06 |
FC Augsburg | 68,22 | 68,01 | 67,10 | 68,71 | 67,38 | 68,57 |
1. FSV Mainz 05 | 67,50 | 68,51 | 65,27 | 68,79 | 67,21 | 66,18 |
Werder Bremen | 67,33 | 68,31 | 63,92 | 67,89 | 66,71 | 67,59 |
VfL Bochum | 64,00 | 62,99 | 60,17 | 64,34 | 63,02 | 64,39 |
1. FC Heidenheim | 63,11 | 60,03 | 61,92 | 64,14 | 61,66 | 63,58 |
FC St. Pauli | 62,95 | 61,95 | 61,66 | 63,00 | 62,97 | 62,74 |
Holstein Kiel | 61,66 | 61,29 | 58,93 | 62,69 | 62,48 | 61,96 |
Speziell die "Wölfe" haben - gemessen an den Ambitionen und der theoretischen Kader- und Trainerkonstellation des Clubs - eine schwache Saison gespielt. Und doch sind sie mit einem GSN-Index von 69,97 (minus 0,99) auch vor dieser Spielzeit in der Theorie gut aufgestellt und könnten um die Europacup-Plätze mitspielen. Dafür aber müssten sie ihr Potenzial besser auf den Platz bringen.
Bringt Wolfsburg sein Potenzial dieses Mal auf den Platz?
Dem GSN-Ranking nach sind die Niedersachsen im Vergleich zu den meisten vor ihnen rangierenden Teams vor allem auf der Torhüterposition (nach dem Abgang von Koen Casteels) sowie im Mittelfeld schlechter aufgestellt.
Das Team von Trainer Ralph Hasenhüttl bewegt sich ohnehin in einem leistungsmäßig sehr kompakten "Feld" von zehn Teams, das sich binnen drei Prozentpunkten bewegt - vom VfB Stuttgart (5., 70,29) bis Werder Bremen (14., 67,33).
Werder: Friedls Ruf nach Transfers von den Daten gestützt
Der SVW - Neunter der Vorsaison - hatte keine gute Vorbereitung. Kapitän Marco Friedl mahnte bereits nach dem Trainingslager an,dass personell nachgelegt werden müsse. Trainer Ole Werner hingegen hält den Kader für gut aufgestellt. Den Daten nach sind Friedls kritische Worte aber durchaus angebracht. Mit einem GSN-Index von 67,33 (minus 0,98) steht Werder zum jetzigen Zeitpunkt nominell schlechter da als in der Vorsaison. Das 3:1 in der ersten Runde des DFB-Pokals bei Energie Cottbus allerdings machte nicht nur aufgrund der drei Tore von Youngster Keke Topp Hoffnung.
Dennoch: Wie Nordkonkurrent Wolfsburg wäre auch beim Werner-Team vor allem auf der Torhüterposition und im Mittelfeld noch Potenzial, um nachzubessern. Denn hinter den Grün-Weißen liegen im GSN-Ranking lediglich vier Teams. Neben dem VfL Bochum (64,00) und dem Überraschungs-Achten der Vorsaison Heidenheim (63,11) noch die Aufsteiger FC St. Pauli (62,95) und Holstein Kiel (61,66).
St. Pauli und Kiel den Daten nach erste Abstiegskandidaten
St. Pauli, Zweitliga-Meister der Vorsaison, hat durch die Abgänge von Erfolgscoach Fabian Hürzeler (zu Brighton & Hove Albion in die Premier League) und Topscorer Marcel Hartel (zu St. Louis in die USA) einen Umbruch zu bewerkstelligen. Dennoch freut sich der neue Trainer Alexander Blessin darauf, "am Millerntor die ganz großen Clubs der Bundesliga herauszufordern".
Der Kader ist insgesamt am unteren Ende der Bundesligatauglichkeit zwischen Verteidigung, Mittelfeld und Angriff gut ausbalanciert, lediglich bei den Keepern fallen die "Kiezkicker" den Daten nach etwas ab. Und zumindest bei Zittersieg im Pokal beim Halleschen FC (3:2) stützte Torhüter Nikola Vasilj dies mit einem kapitalen Bock. So oder so wird es für den Aufsteiger auf kluges taktisches Verhalten ankommen - und darauf, ob Blessin wie sein Vorgänger ein "Bessermacher" von Spielern wird.
Vorbild Heidenheim
Auf Kiels Coach Marcel Rapp traf das in der vergangenen Saison in besonderem Maße zu. Einer der Faktoren, der half, die "Störche" erstmals in der Club-Historie in die Bundesliga zu hieven. Und der 45-Jährige findet: "Wir sind nicht gekommen, um nur mal 'Moin' zu sagen." Dennoch wird das Unterfangen, die Liga zu halten, kein leichtes. Denn auch wenn der Kader bis auf die Abgänge von Philipp Sander und Tom Rothe weitgehend zusammengehalten werden konnte, ist er der nominell schwächste der Liga.
Mut machen kann St. Pauli und Kiel vor diesem Hintergrund aber das Beispiel Heidenheims - dem GSN-Index nach das drittschlechteste Team der Liga. Die Mannschaft von Trainer Frank Schmidt stand im Ranking in der Vorsaison zusammen mit Darmstadt ebenfalls ganz unten - und schaffte es mit ungeheurer Disziplin, taktischer Finesse und einem explosiven Umschaltspiel bis auf Rang acht und in die Conference-League-Qualifikation.
Ob und wie gut die Hamburger in der höheren Spielklasse adaptieren, können sie direkt am Sonntag testen. Dann kommt der FCH ans Millerntor (17.30 Uhr, im NDR Livecenter).