Kloster Walkenried: So lebten Mönche im Mittelalter
Das Zisterzienser-Kloster Walkenried liegt in Niedersachsen am südlichen Harzrand und gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe. Ein Museum bringt Besuchern das Leben der Mönche im Mittelalter näher.
Eintauchen in die Welt des Mittelalters: Bei einem Streifzug durch die Gebäude des Klosters Walkenried können Besucher den Alltag der Zisterziensermönche, die hier ab 1129 gut 400 Jahre lebten und arbeiteten, hautnah nacherleben. Die Klosteranlage am Südrand des Harzes gehört gemeinsam mit Goslar, dem Erzbergwerk Rammelsberg und der Oberharzer Wasserwirtschaft zum Weltkulturerbe der UNESCO. Die Mönche besaßen einst nicht nur Berg- und Hüttenwerke im Harz, sie entwickelten auch die Technik weiter, Wasserkraft im Bergbau einzusetzen.
Mysteriöses Loch im Boden: Die "Lutherfalle"
Um das Jahr 1300, der Hochzeit des Klosters, lebten mehr als 100 Mönche in den Gemäuern. Alle Brüder schliefen im gemeinsamen Schlafsaal, dem Dormitorium. Um diesen großen, kargen Raum rankt sich eine spannende Geschichte. Im Boden des Saals klafft ein Loch, das zwei Stockwerke tief direkt in die Kanalisation führt. Dieses Loch wird bis heute "Lutherfalle" genannt, weil Mönche den jungen Martin Luther einst angeblich durch die Öffnung in die Tiefe stießen. Hintergrund: Der Reformator hatte den Abt in einem Brief als Prasser bezeichnet und sich über die Zustände im Kloster ereifert.
Zwar ist Luthers Brief historisch belegt, zu Besuch in dem Kloster war er jedoch nie. Doch was hat es mit dem Loch im Boden tatsächlich auf sich? Über diesen Schacht entsorgten die Mönche den Kehricht aus dem Schlafraum, so Brigitte Moritz, wissenschaftliche Leiterin des Klosters.
Mord im Treppenhaus - ein historisch belegter Klosterkrimi
Im Zusammenhang mit der "Lutherfalle" gibt es ein zweites, dunkles Geheimnis. Einst geschah auf der Treppe, die zum Schlafsaal hinaufführte, ein Mord. Opfer war der Mönch Otto von Hohenstein. Über Jahrhunderte hatte seine Familie das Kloster finanziell unterstützt, nun wollte Otto Abt von Walkenried werden, um seiner Familie größeren Einfluss zu verschaffen. Doch die Mönche weigerten sich und wählten einen anderen. Daraufhin forderte Ottos Familie alle finanziellen Hilfen seit Ottos Klosterbeitritt zurück. Der Konflikt eskalierte auf jener Treppe - Otto wurde von seinen Mitbrüdern getötet.
Nach dem Mord wurde die Treppe auf halbem Weg geschlossen und komplett umfunktioniert: Diente der Aufgang den Mönchen ursprünglich, um sich schnell und lautlos für ein Mittagsschläfchen in den Schlafraum zurückzuziehen, wurde nun ein Abwurfschacht daraus. Jener Schacht, der später zur legendären "Lutherfalle" wurde.
Das Klostermuseum - Leben im Mittelalter
Neben diesen Kuriositäten bewahrt und zeigt das Kloster Walkenried auch viel über den Alltag der Mönche im Mittelalter. Der Großteil der historischen Gebäude aus dem 13. Jahrhundert - neben dem Dormitorium unter anderem der gotische Kreuzgang, das Brunnenhaus und die Abtei - sind Teil des Zisterzienser-Museums und vollständig erhalten. Von der einst mächtigen Klosterkirche stehen nur noch Ruinen. In der interaktiv gestalteten Ausstellung lernen Besucher das Leben der Zisterzienser als tief gläubige Christen, aber auch als erfolgreiche Geschäftsleute kennen. Akustische und visuelle Inszenierungen sollen das Leben im Mittelalter lebendig machen.
Führungen und Veranstaltungen
Die Ausstellung gliedert sich in drei Abschnitte: Zunächst begegnen Besucher historischen Persönlichkeiten, die für das Kloster von Bedeutung waren. Im zweiten Teil erleben sie, wie sich das Kloster, je nach wirtschaftlicher Lage, baulich und personell veränderte. Im dritten Abschnitt lernen sie den Alltag im Kloster und den strikten Tagesrhythmus kennen. Ein Audio-Guide und eine App liefern vertiefende Informationen. Verschiedene Führungen (vorherige Anmeldung erforderlich) und Konzerte sowie der alljährliche Klostermarkt im September, der Weihnachtsmarkt im Dezember und die Nacht der Offenen Pforte an Ostern ergänzen das Angebot.
Angebote für Kinder
Das Klostermuseum richtet sich auch gezielt an Kinder und will ihre Neugier wecken. Spezielle Führungen erläutern historische Zusammenhänge altersgemäß, an verschiedenen Stationen können die kleinen Besucher überraschende Entdeckungen machen. Ein spezieller Audioguide leitet Kinder durch die Ausstellung.