Schwochel - ein Dorf umgeben von erneuerbaren Energien
Muss Schwochel die Energiewende alleine stemmen? Die Menschen im Ort sind sich einig: Die Energiewende muss kommen und sie wollen ihren Teil dazu beitragen. Nur nicht direkt vor ihrer Haustür.
Schwochel in der Gemeinde Ahrensbök (Kreis Ostholstein) ist ein Vorzeigeort für die Energiewende. Wenn man in dem kleinen Dorf steht, kann man es mit eigenen Augen sehen: Im Nordosten stehen 14 Windräder, mehr sollen demnächst folgen. In Richtung Süden, etwa einen Kilometer hinter der Dorfausfahrt in Richtung Böbs steht eine Biogasanlage. Und jetzt soll auch am Ortsrand eine 80 Hektar große Photovoltaik-Anlage entstehen.
"Das Dorf ist umzingelt von erneuerbaren Energien"
Udo Wulf ist kein Gegner der erneuerbaren Energien. Er hat selbst viel in die energetische Optimierung seines alten Bauernhauses in Schwochel investiert. Den Bau von neuen Windrädern begrüßt er. Aber von einem neuen Solarpark in Schwochel hält er nicht viel. Er sieht ein Ungleichgewicht. "Das Dorf ist praktisch komplett umzingelt von erneuerbaren Energien. Dass wäre so, als wenn wir alleine die Energiewende stemmen sollten." Er fürchtet, dass das Dorf durch den neuen Solarpark seinen Charme verliere. Damit ist er nicht allein, von den 150 Schwochelern haben sich bei einer frühen Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen des Bebauungsplans nur vier Bürgerinnen und Bürger eingebracht, so der Projektierer Julian Brede.
"Der Acker ist zu schade für Photovoltaik"
Udo Wulf sieht auch ein Problem bei der Umwandlung der landwirtschaftlichen Fläche für Photovoltaik. Der Acker, der verwendet werden soll, habe eine hervorragende Bodenqualität. Für Wulf ist die Ernährungssicherheit ein genauso wichtiges Thema wie die Energiewende. Photovoltaik statt Felder - für ihn kein nachhaltiges Konzept. "Wir versündigen uns an den nächsten Generationen", sagt er.
Umweltbundesamt: Photovoltaik ist effiziente Flächennutzung
Wenn es um eine effiziente Flächennutzung geht, so das Umweltbundesamt, sei Photovoltaik ein Positivbeispiel unter den erneuerbaren Energien. Das Ziel ist es, klimaneutral zu werden. Außerdem soll die Energieversorgung unabhängig vom Import fossiler Brenn-, Kraft- und Heizstoffe werden. Der Bau von neuen Solaranlagen schafft pro Hektar 800 Megawattstunden Strom. Im Vergleich: Der Anbau von Mais für Biogasanlagen erzeugt pro Hektar nur etwa 20 Megawattstunden.
Ackerfläche nur eingeschränkt geeignet
Auch das von der Gemeinde beauftragte Planungsbüro hatte die Fläche nur als "eingeschränkt geeignet" eingestuft. Ein Teil des Geländes sei sehr kleinteilig, außerdem Teil eines Bioverbundsystems. Die Gemeinde Ahrensbök hat trotzdem genau diese als eine von sechs kommenden Photovoltaikanlagen ausgewählt. Bürgermeister Andreas Zimmermann (parteilos) begründet das mit der Verfügbarkeit. "Nicht jeder Landwirt ist bereit, seine Ackerflächen aufzugeben. Und was nützt uns das beste Konzept oder dass wir als Gemeinde die Energiewende positiv begleiten wollen?" Er sieht Ahrensbök in der Verantwortung. Man habe hier eine geringe Siedlungsdichte. Beste Voraussetzungen, um erneuerbare Energien voranzutreiben, findet der Bürgermeister.
Photovoltaik-Fläche soll Geld bringen
Julian Brede ist der zukünftige Betreiber der Anlage. Ihm gehört ein Teil der Fläche in Schwochel, er betrachtet erneuerbare Energien für sich als "eine Art Mission". Er weiß von mehreren Schwochelern, die sich auch finanziell an der Anlage beteiligen wollen. Das ist nämlich das große Versprechen: Die Photovoltaik-Fläche soll Geld bringen. Man könnte auch Kommunen am Betrieb eines Solarparks beteiligen, mit 0,2 Cent pro Kilowattstunde nach EEG, Paragraph sechs. Die Betreiber rechnen vor, dass die Anlage der Gemeinde etwa 240.000 Euro jährlich einbringen könnte. Andererseits sollen auch die Schwocheler profitieren, die sich vor dem tatsächlichen Bau der Anlage als Investoren finanziell beteiligen können sollen.
Bürgermeister versteht Unruhe wegen erneuerbarer Energien
Bürgermeister Andreas Zimmermann sagt, er verstehe die Aufregung, die Gemeinde beschäftige sich aber seit Jahren intensiv mit den Themen. Zum Solarpark stünden noch einige Gutachten aus. "Den Konflikt muss man ganz klar sehen: "Hier ist ein Dorf, das links und rechts eine Entwicklung erfährt. Und da gilt es, ein Maß zu finden." Er betont aber auch, dass die Verwaltung ihre Aufgabe ernst nehme. Es sei noch keine endgültige Entscheidung gefallen. Wenn der Solarpark trotz seiner Argumente tatsächlich kommen sollte, dann sei das eben so, sagt Udo Wulf. "Wenn das rechtlich so ist, dass man keine Möglichkeiten mehr hat, dann müssen wir halt damit leben. Wir leben in einer Demokratie, wir können uns nicht vor die Anlage setzen und festkleben. Irgendwo muss man sich auch an die Spielregeln halten." Um den Frieden in Schwochel zu wahren, hat Wulf eine Lösung gefunden. "Innerhalb des Dorfes haben wir uns arrangiert: Wir sprechen einfach nicht über die Anlage und warten jetzt, was auf uns zukommt."